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Mi, 18:30 Uhr
29.04.2020
Die aktuelle Lage

Gefährdungslage muss wieder lokal betrachtet werden

In den letzten zehn Tagen war bei lediglich einem von fünf bekannt gewordenen Infektionsfällen im Landkreis der Ursprung nicht mehr zurückzuverfolgen. Ein gutes Zeichen, meinte Landrat Jendricke heute und plädierte dafür im Kampf gegen das Virus wieder mehr Regionalität zu wagen…

Die aktuelle Lage - Pressegespräch im Landratsamt (Foto: Angelo Glashagel) Die aktuelle Lage - Pressegespräch im Landratsamt (Foto: Angelo Glashagel)

Woran macht man fest, dass sich die Lage langsam entspannt? Ein Indikator könnte, zumindest aus Journalistensicht, die Dauer des heutigen Pressegesprächs sein. Kam man in den letzten Wochen im Schnitt für anderthalb bis zwei Stunden im Landratsamt zusammen, war die Informationsrunde heute nach einer guten Stunde vorbei. Und dabei hat es nicht an Themen gemangelt. Doch zunächst die gewohnte Übersicht zum Stand der Dinge:

  • Der Landkreis Nordhausen verzeichnet im Moment 57 bestätigte Corona-Infektionen, 26 Personen gelten als gesundet. Eine angegebener 58. Fall musste statistisch einem anderen Bundesland zugeordnet werden
  • Vier neue Fälle waren am vergangenen Donnerstag bekannt geworden, ein weiterer kam gestern hinzu
  • Vier der fünf Fälle lassen sich auf eine Folgeansteckung in der Familie oder eine Infektion im beruflichen Umfeld zurückführen, in einem Fall war der Ursprung der Infektion nicht mehr festzustellen
  • zwei Personen sind bisher verstorben
  • zwei der vier französischen Patienten konnten die Lungenklinik Neustadt verlassen und wurden wieder ausgeflogen, die beiden verbliebenen Patienten müssen noch intensivmedizinisch versorgt werden
  • Insgesamt befinden sich neun Personen in intensivmedizinischer Behandlung
  • das Abstrichzentrum hat bisher ingesamt 580 Tests durchgeführt, das Gesundheitsamt liegt aktuell bei 188
  • die Zahl der Schulkinder in Notbetreuung lag zuletzt bei 68, die Zahl der betreuten Kindergartenkinder verdoppelte sich im Vergleich zur Vorwoche fast und stieg auf 374


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Fünf neue Fälle in zehn Tagen und nur einer mit unbekannter Infektionsquelle - das sei eine gute Entwicklung, die sich vielleicht auch auf die Einführung der Mund-Nasen-Schutz-Pflicht zurückführen lasse, meinte Landrat Matthias Jendricke. „Wir hoffen, dass sich die Entwicklung weiter in diesem Rahmen bewegt, das wäre sehr erfreulich“. Die langsame Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens begrüße er ausdrücklich, man brauche jetzt dieses „Aufbruchssignal“.

Im Zuge der Entwicklung sollte man nun auch darüber nachdenken wieder mehr „Regionalität“ zuzulassen. „Der Ruf nach einem einheitlichen Maßnahmen ist jetzt vielleicht nicht mehr der richtige Weg“. Rückschlüsse auf die Gefährdungslage müsse man auch an lokalen Entwicklungen fest machen. Nordhausen sei eine medizinische Notlage zum Glück erspart geblieben und die Zahlen lägen zum Teil deutlich unter denen anderer Nachbarkreise wie dem Eichsfeld oder dem Landkreis Harz. In Nordhausen habe man ein „hohes Schutzniveau“ erreicht. Deutlich werde das unter anderen auch an dem Umstand, dass sich durch den Einsatz von entsprechenden Schutzmaßnahmen keine weiteren Rettungskräfte in Ausübung ihrer Arbeit mit dem Corona-Virus angesteckt haben.

Es droht der 1. Mai

Der Landrat äußerte sich noch einmal zu den gegen ihn gerichteten Drohungen in den sozialen Netzwerken. Zu Anzeigen wegen Beleidigung und Bedrohung greife man relativ selten, dass es andere Auffassungen gebe, müsse man als Politiker hinnehmen. Im jüngsten Fall sei das Maß aber deutlich überschritten worden. „Derlei Grenzüberschreitungen kann man nicht hinnehmen, nicht als Politiker und auch nicht privat“, sagte Jendricke. Sollten Vollzugskräfte in Ausübung ihrer Tätigkeit beleidigt werden, werde das Landratsamt auch hier als Dienstherr Anzeige erstatten. Ein solcher Fall hatte sich am vergangenen Wochenende ereignet, berichtete die zweite Beigeordnete, Hannelore Haase. Die Einsatzkräfte des Landratsamtes, die zur Überprüfung der Anti-Corona-Maßnahmen unterwegs waren, wurden von einer Person derart angegangen, dass man die Polizei hinzuziehen musste. In der Gesamtbetrachtung sei die Zahl der Einsätze im Vergleich zu den Vorwochen aber in etwa gleichbleibend.

Neue Herausforderungen bringt derweil die Lockerung der Einschränkungen zur Versammlungsfreiheit mit sich, es „droht der 1. Mai“, sagte Jendricke. Eine erste Demonstration vor dem Nordhäuser Rathaus begleitete man bereits in der vergangenen Woche. Die „Standdemo“ sei ruhig und unter Einhaltung der Vorgaben verlaufen, berichtete Haase. Für den kommenden Freitag sind nun zwei weitere Demonstrationen angemeldet und genehmigt worden. Zum einen wird die Marxistisch-Leninistische Partei an der Maitradition zum Tag der Arbeit festhalten, zum anderen hat die Gruppe „Fridays for Grundrechte“ erneut zum Protest aufgerufen und will sich mit dem Thema „Pflege in der Krise“ auseinandersetzen. Einen Demonstrationszug habe man letzterer Gruppe unter den gegebenen Bedingungen nicht gestattet, stattdessen wurden den Anmeldern drei Kundgebungen erlaubt. „Wir sind Versammlungsbehörde aber wir müssen auch den Infektionsschutz und die Kontaktbeschränkungen bedenken. Da ist gerade vieles schwerer durchführbar als sonst, wir bitten deswegen um Verständnis“, ergänzte Jendricke Er begrüße es zudem, dass die meisten Parteien auf ihre traditionellen Mai-Kundgebungen in diesem Jahr verzichten.

Schwammige Vorgaben aus Erfurt

Die schrittweise Wiederaufnahme des Unterrichts habe aus Sicht des Landratsamtes bisher gut funktioniert, erklärte der erste Beigeordnete, Stefan Nüßle. Der Landkreis ist als Schulträger unter anderem für den Schülertransport und die hygienischen Maßnahmen in den Gebäuden zuständig. In Sachen Transport befinde man sich weiter in Absprache mit den Verkehrsbetrieben um an den Stellen, wo mit mehr Schülern zu rechnen ist, nachjustieren zu können. „Wir befinden uns in guter und enger Abstimmung um die Dinge wieder in Gang zu setzen aber da hat gerade jeder sein Päckchen zu tragen“, sagte Nüßle.

Kritische Töne fand der Beigeordnete mit Blick auf die Informationen von Landesseite. Die Vorgaben seien zum Teil „schwammig“, es fehle an Präzisierungen. Unklar ist auch, wie es mit der Wiedereröffnung der Kindergärten weitergehen soll, hier warte man „gespannt“ auf das, was aus Erfurt noch kommen soll.

Dem „Jenaer Modell“, das Mund- und Nasenschutz auch im Unterricht vorsieht, werde man nicht folgen, erklärte Jendricke.

Ausreden kann es jetzt nicht mehr geben
Anders in medizinischen Pflegeeinrichtungen. Hier müsse unbedingt mit Mund- und Nasenschutz, im engen Kontakt mit den Patienten auch mit FFP2-Masken, gearbeitet werden. Das Landratsamt habe die Pflegeheime noch einmal kontaktiert um Bedarfe abzufragen, die Nachfrage nach Schutzmaterial sei aber gering gewesen. „Es kann jetzt hier keine Ausreden mehr geben“, unterstrich Jendricke.

Die Versorgung der Apotheken werde man über den April hinaus beibehalten, der „Ansturm“, den man vor Ostern erleben musste, habe sich inzwischen relativiert. Die Amtsärztin würde zudem gerne Antikörper-Schnelltests im Landkreis einsetzen, noch sei die Datenlage zur Verlässlichkeit solcher Tests aber zu dünn. Falsch-positive Tests in Größenordnungen wolle man vermeiden und sieht daher vorerst vom Einsatz solcher Tests ab.
Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare
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29.04.2020, 19.44 Uhr
mit Augenmaß vorwärts !
Ein "Aparatschik" aus dem Saarland tickt etwas anders als ein Landrat, welcher ein "echter" Thüringer ist. Und das zeigt sich auch in der zielgerichteten Strategie zur Corona-Bekämpfung im Landkreis, die Herr Jandricke eingeschlagen hat.
Ich komme aber wieder auf meine Einschätzung zurück: Corona ist schlimm - ein wirtschaftlicher Zusammenbruch ist schlimmer !
Deshalb wiedehole ich meine Forderung und bitte den Landrat, dies kurzfristig zu beraten: Lassen Sie die Gastronomischen Einrichtungen, welche über eine Verkaufsterasse o.ä. Außenbereiche verfügen, öffnen ! +Der Geschäftsinhaber muss in diesem Zusammenhang verpflichtet werden, einen Gast,welcher die vorgechriebenen Sicherheitsbestimmungen verletztt, nicht zu bedienen.
Wenn ich ohne Maske in der Bahnhof- oder Rautenstrasse spazieren gehen darf, kann ich auch
auf der Terasse vor dem Rosengarten meinen Kaffe trinken.
Wolfi65
29.04.2020, 19.57 Uhr
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Leser X
29.04.2020, 20.26 Uhr
Das sehe ich genau andersrum...
... Audio. Ein wirtschaftlicher Zusammenbruch ist schlimm. Aber Corona ist viel schlimmer. Der Bekämpfung dieser Seuche muss dich alles andere unterordnen. Wenn sich ein solcher Virus ohne harte Maßnahmen exponentiell verbreitet, steigt nur noch der Umsatz bei Bestattern und Erdmöbeln.
Bodo Bagger
30.04.2020, 07.28 Uhr
FFP2 Masken in der Altenpflege schützen ausschließlich
die Pfleger und Betreuer, nicht aber die zu Pflegenden Personen, da aufgrund ihrer Bauart (gefiltertes Einatmen aber ungefiltertertes Ausatmen über Blow Off valve) Masken des Types FFP einen reinen monodirektionalen Schutz für den Träger bieten.

Kurzum der Pfleger als Träger ist mittelbar geschützt, der Patient, bei dem ein Tragen aufgrund von Vorerkrankungen aus medizinischen Gründen in vielen Fällen eh nicht möglich ist, hat keinerlei Schutz.
jens81
30.04.2020, 08.01 Uhr
...
Läden auf, FDJ Zeiten sind vorbei. Es gibt keinen Grund, noch mehr Schaden anzurichten, ohne einen Grund. Die Pandemie ist erfunden, das muss selbst in Nordhausen doch mal verstanden werden. Sie sollten sich um die Grundrechte mal kümmern und nicht hinter einer Maske Angst verbreiten. Sie sind vom Volk gewählt worden, aber kümmern tun sie sich nicht.
osmosemike
30.04.2020, 08.40 Uhr
Jens81 ein Experte
Sie sind ja ein richtiger Experte. Wir hätten sie wählen sollen dann wäre nie eine Pandemie dagewesen. Es ist doch gut das wir Grundrechte haben. Hätten wir sie nicht könnten sie auch keinen Unsinn verbreiten und sich dann auf Meinungsfreiheit berufen.
jens81
30.04.2020, 09.34 Uhr
..
Kurzarbeit in Krankenhäusern,.... leere Betten. Angst machen, vor einem Virus das nach Aussagen hoch angesehenen Wissenschaftlern und Gerichtsmedizienern, doch nur eine Grippe ist.
Psychoanalytiker
30.04.2020, 10.23 Uhr
Ich kann nicht nachvollziehen warum ...
... es Menschen gibt, die die Pandemie nicht ernst nehmen. Das Virus hat sich über die gesamte Erde verbreitet, von der Großstadt bis in den Dschungel. Wirtschaftlich ist es in großen Teilen ein Desaster, keine Frage. Die "Politik" versucht, dies mit mehr oder weniger geeigneten Maßnahmen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Mir persönlich geht es aber zu schnell, weil es nichts nutzt, wenn die "Wirtschaft" und das "Leben" wieder rotieren, die Menschen wegen ihrer Unbedachtheit aber wegsterben. Das Virus ist da, verbreitet sich bösartig und muss bekämpft werden, zumindest so lange, bis es wirksam (Schutzimpfung, Medikamente) "in Schach" gehalten werden kann. Einen "Rückfall" mit massiven Sterberaten, kann sich Deutschland, kann sich Europa, kann sich die ganze Welt nicht leisten. Dann geht es wirtschaftlich erst recht abwärts. Nur wenn ALLE mitmachen, kann es gelingen. Wenn ich aber Menschen sehe, die beispielsweise "pro forma" eine Maske aufsetzen, um in ein Geschäft zu gelangen, diese dann aber nicht über Nase und Mund, sondern nur übers Kinn anlegen, funktioniert es nicht und in Gaststätten ist die Gefahr, dass die Gäste die Hygienebestimmungen ignoriren, auch eher groß, als gering. Mir ist dabei sehr klar, dass die derzeit genutzten Masken nur gering wirken, wenn sich aber doch bestätigt, dass der Tod unmittelbar mit der Anzahl der in den Körper (Lunge) eingedrungenen Viren in Zusammenhang steht, ist sie vielleicht eine Chance, die nicht unterschätzt werden sollte ...
Psychoanalytiker
30.04.2020, 13.19 Uhr
Ich wüsste gern ...
... welche hoch angesehenen Wissenschaftler "Corona" als eine Art "normale Grippe" ansehen ???

Wie dumm muss man eigentlich sein, die Gefahr zu unterschätzen ???

Wir sind lt. Aussage hoch angesehener Wissenschaftler (insbesondere Robert-Koch-Institut) von heute, noch immer am ANFANG der Pandemie. Anfang heißt Anfang, nicht Mitte und auch nicht Ende.

Und noch einmal ... Diese Pandemie endet im besten Fall mit wirksamen Imfungen oder wirksamen Medikamenten, keine Sekunde früher. Wer dies in Abrede stellt, ignoriert oder "zu locker" nimmt ist (nicht nur für mich) einfach DUMM. Und hoffentlich erwischt das Virus diesen Menschen nicht, ich wünsche es ihm trotz seiner Dummheit ...
Psychoanalytiker
30.04.2020, 14.44 Uhr
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