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Di, 14:29 Uhr
28.04.2020
Lehrermangel in Corona-Zeiten

Schulstart unter verschärften Bedingungen

Am den Gymnasien des Freistaates kommt der Unterricht langsam wieder ins Rollen. Von Alltag kann noch lange keine Rede sein. Der schon vor Corona akute Lehrermangel wird nun erst recht zum Problem und stellt viele Schulen vor große Herausforderungen…

Schulstart unter verschärften Bedingungen (Foto: nnz-Archiv) Schulstart unter verschärften Bedingungen (Foto: nnz-Archiv)

Die Abiturienten des Humboldt-Gymnasiums befinden sich auf den letzten Metern ihrer schulischen Laufbahn. Endlich, wird mancher denken, hat die Corona-Krise doch die üblichen Abläufe des letzten Schuljahres kräftig durcheinandergebracht.

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Die letzten Zeugnisse, die es eigentlich schon im April hätte geben sollen, wird man jetzt erst Mitte Mai erhalten. Bis dahin gibt es Unterricht unter verschärften Maßnahmen. Da nicht mehr als zehn Schüler pro Raum erlaubt sind, müssen Kurse aufgeteilt werden. „Das heißt, wenn ich eigentlich einen Kurs mit 23 Schülerinnen und Schülern habe, dann habe ich jetzt drei Gruppen mit zwei Mal zehn und ein mal drei Schülern“, erklärt der stellvertretende Schulleiter, Volker Vogt. Der Fachlehrer pendelt dabei zwischen den Gruppen und gibt die Aufgaben vor.

Außerhalb des Klassenraums muss Mund-Nasen-Schutz getragen werden, den die Schüler selber mitbringen müssen. „Das klappt eigentlich. Die Schüler haben eine entsprechende Belehrung erhalten und im Notfall können wir auch mal mit einer Maske aushelfen“, sagt Vogt. „Hier hat jetzt jeder Verantwortung, nicht nur die Lehrer und Schüler, auch alle anderen. Wir können kein Hort von Kontrolle sein, wenn die Regeln draußen keine Rolle mehr spielen“.

Im Ernstfall ist schnell wieder Schluss mit dem Schulbetrieb: in Nordrhein-Westphalen musste gestern ein Gymnasium den Betrieb kurz nach dem Neustart wieder einstellen, weil sich in der Familie eines Schülers ein Infektionsfall ereignet hatte.

Ein solches Szenario will man am Humboldt-Gymnasium lieber nicht erleben. Desinfektionsmittel sei ausreichend vorhanden, berichtete Vogt, 50 Flaschen wurden der Schule von der Elisabeth-Apotheke gespendet. Freien Zugang haben nur die Lehrer, da es sich rein rechtlich um einen Gefahrenstoff handelt, der für Schülerinnen und Schüler nicht ohne weiteres zugänglich sein darf.

Die Flächenreinigung von Tischen, Türklinken, Treppengeländern und ähnlichem erfolgt in einem regelmäßigen Turnus durch die Servicegesellschaft des Landkreises. Bis zu den Sommerferien stünden die Planungen für die Schulen des Kreises fest, sagt der zweite Beigeordnete Stefan Nüßle. Im ersten Anlauf habe auch der Schülertransport funktioniert, für die weitere Planung sei man aber noch auf Rückmeldungen aus den Grundschulen und aus Erfurt angewiesen. Die Landesseite hat bisher nicht definiert, wer unter die Kategorie „erhöhter Förderungsbedarf“ fallen soll, damit ist auch unklar, wie viele Schüler zusätzlich in den Unterricht gebracht werden sollen.

Neben der Umsetzung gegebenen Schutzmaßnahmen wird vor allem die Personalfrage zur großen Herausforderung. Dass Thüringen nicht eben mit Lehrkräften gesegnet ist, das war auch schon vor Corona allgemein bekannt. Nun sollen Lehrerinnen und Lehrer, die über 60 Jahre alt sind, oder aufgrund von Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehören, dem Unterricht fernbleiben. Aus Sicht des Humboldt-Gymnasiums wird dass spätestens dann zum Problem, wenn es um bestimmte Fachbereiche geht, in denen Lehrkräfte rar gesät sind, aber mehr Klassen unterrichtet werden müssen. „Wir müssen unsere Klassen aufteilen, um sie klein zu halten. Das heißt, wir müssen mit weniger Personal mehr „Fläche“ bedienen.“, erläutert Vogt. Die älteren Kollegen hätten sich bereit erklärt, ihre Abschlussklassen noch bis zum Abitur zu führen, für die weitere Öffnung des Unterrichts wird dieses Personal aber fehlen.

Man habe im Moment eine Art „Durchlaufsystem“ eingerichtet und konzentriere sich darauf, die 12. Klassen zum Abschluss zu bringen. Fächer, in denen keine Prüfungen geschrieben werden, sollen zuerst abgeschlossen und der zu leistende Unterricht damit in den kommenden Tagen „ausgedünnt“ werden. Die 10. Klassen, denen die „besondere Leistungsfeststellung“ bevorsteht, wird man zunächst in der Breitscheidstraße unterrichten, um die 12. Klassen bis zu den Prüfungen möglichst autark zu halten.

„Wir fahren auf Sicht und müssen von Woche zu Woche entscheiden wie der Schulalltag organisiert werden kann“, sagt Vogt, „ wir stellen uns dem so gut wie möglich und machen das Beste aus der Situation in der Hoffnung, dass keiner krank wird.“

Was für die eine Schule funktioniert, muss nicht für alle gelten. Manche Kollegien sind jünger als andere und die räumlichen Gegebenheiten sind von Haus zu Haus anders. In einigen Schulen könnte der Ausfall durch Corona bis zu 80% der Lehrkräfte ausmachen, im Schnitt rechnet man landesweit mit Ausfällen bis zu 30%.

Lessingschule will Doppelstrategie fahren
An der größten Regelschule Nordthüringens wird man wohl auf eine Mischung aus digitalem und analogem Unterricht setzen. In normalen Zeiten stehen der Lessing-Schule in Nordhausen 30 Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung, die sich um 384 Schüler kümmern. Zwölf Kollegen gehören nun zur Risikogruppe, einige wollen auch hier ihre Klassen zum Abschluss bringen andere haben signalisiert, dass sie nicht für den Gruppenunterricht zur Verfügung stehen werden.

„Unsere Planungen ändern sich fast tagtäglich“, erzählt Schulleiterin Kati Flödler. Zusätzlich zu den 10. Klassen wurde der Schule heute mitgeteilt, dass auch die 9. Klassen wieder den Unterricht aufnehmen sollen. Durch die verkleinerten Gruppen wird der ohnehin angespannte Personalbedarf nun in etwa doppelt so hoch ausfallen wie im Normalbetrieb, schätzt die Schulleiterin. „Diesen Bedarf können wir eigentlich nicht abdecken. Wir planen deswegen tageweisen Unterricht für einzelne Klassen. Das heißt: wenn die 9a am Montag kommt, dann ist die 9b am Dienstag dran. Ziel ist, dass wir jede Klasse ein bis zwei mal pro Woche in die Präsenz bekommen“.

Die Daheimgebliebenen werden über die Thüringer Schul-Cloud und die eigene Website weiter digital mit Unterrichtsmaterialien versorgt. Man habe hier dank eines Pilotprojektes schon vor Corona einige Erfahrungen sammeln können und sei trotz individueller Schwierigkeiten gut mit der Technik gefahren. „Wir wissen mit welchen Hindernissen manche Schüler zu kämpfen haben und einige Kollegen sind sehr erfinderisch geworden, wenn es darum geht, den Schülern ihr Material zukommen zu lassen“, sagt Flödler. Der Fokus liege nun auf den kommenden zwei Wochen, um die dringlichsten Aufgaben in den Griff zu bekommen. Wie es danach weiter geht, lasse sich jetzt noch nicht sagen.
Autor: red

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