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Do, 10:34 Uhr
15.08.2019
Jüdisches Leben in Deutschland

Weißer Fleck, wo Nordhausen stehen sollte

Nordhausen existiert nicht – jedenfalls fehlt es auf einer ganzseitigen Karte über „Jüdisches Leben in Deutschland“. Warum das so ist, darüber hat sich nnz-Leser Martin Roland Gedanken gemacht und nachgehakt...

Auf der Karte sind Orte ehemaliger Synagogen und heutiger jüdischer Gemeinden verzeichnet. Es handelt sich um das Heft 4/2019 Geschichte aus dem „Spiegel“-Verlag. Auf die vakante Stelle in Nordthüringen hingewiesen, schrieb die Redaktion dem Autor dieses Berichtes: „Wir haben uns für die historischen Gemeinden an den Informationen der Foundation of Jewish Heritage orientiert. Bei den heutigen Gemeinden haben wir uns an die Vorlagen des Zentralrates der Union Progressiver Juden und an Chabad.de gehalten, siehe Quellenangabe.“

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„Nordhausen ist in der Vorlage des Zentralrates als Zweigstelle unter dem Punkt Jüdische Landesgemeinde Thüringen erfasst [...] Dort heißt es: ‚Unsere Aufgabe besteht in der religiösen, kulturellen und sozialen Betreuung der Gemeinde-mitglieder in und um die Städte Erfurt, Jena und Nordhausen’.“ Die Redaktion habe sich bei der Erstellung der Karte viele Gedanken darüber gemacht. Dennoch bleibt es ein Rätsel, warum trotz der Erwähnung in der Vorlage Nordhausen in dem Heft auf Seite 103 nicht eingetragen ist.

Genannt wird es nur im Internet. Stiefmütterlich behandelt wird die Rolandstadt oft in Publikationen, so auch nur spärlich unlängst in einem Merian-Heft Thüringen. Man könnte meinen, Nordhausen liege in einem toten Winkel. Urkundlich erwähnt wurden die ersten Juden in Nordhausen im Jahre 1290, die erste Synagoge 1300 in der Hütergasse. Nach einer Plünderung zog die Gemeinde 1324 in die Jüdenstraße um. Als die Pest im Mittelalter wütete, gab es wieder Ausschreitungen gegen Juden. Eine 1813 neu gegründete Gemeinde hatte ihren Betsaal in der Ritterstraße. 1839 erteilte der preußische König die Erlaubnis zum Bau (1843-45) einer Synagoge.

Die Nordhäuser Juden trugen zum kulturellen und Wirtschaftsleben ihrer Heimatstadt erheblich bei. Der 1817 in Nordhausen geborene Bankierssohn Jacob Plaut gründete 1879 das Plaut-Stift, ein Altersheim. Jacob und seine beiden Brüder spendeten große Geldbeträge für wohltätige Zwecke. Jacob und Moritz wurden Ehrenbürger. Heute sind noch eine Straße und eine Treppe nach Jacob Plaut benannt.

In der „Reichskristallnacht“ der Nazis am 9. November 1938, als im ganzen Deutschen Reich Synagogen und Geschäfte jüdischer Bürger angezündet und verwüstet wurden, bot auch Nordhausen ein schreckliches Bild am Pferdemarkt: das NS-Fliegerkorps warf Brandbeschleuniger in die Synagoge, die Feuerwehr stand untätig davor, und der im Gebäude eingesperrte Kantor Kurt Singer konnte nur knapp den Flammen entkommen. Vor 30 Jahren lebten wieder 35 Juden in Nordhausen; mittlerweile sind es nur noch 21.
Martin Roland
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Kommentare
Realist 1.0
15.08.2019, 12.32 Uhr
Ein echtes Armutszeugnis für eine Stadt wie Nordhausen
Wenn man bedenkt wie das Judentum mit der Geschichte von Nordhausen vebunden ist. Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass vor dem Krieg fast die ganze Rautenstraße mit Jüdischen Händlern und Handwerkern voll war. Das traurige heute im 21. Jahrhundert gibt es in Norhausen keine jüdische Synagoge, aber die Muslime haben eine Hinterhof Moschee, und der Antisemitismus in Deutschland gegen Juden nimmt wieder Fahrt auf. Wenn man dann noch sieht von wem dieser Antisemitismus ausgeht(Zugewanderte aus Muslimischen Ländern),kann man nur Heulen und mit dem Kopf schütteln, armes Deutschland.Es ist ja schon so weit, das Juden um ihre Gesudheit bangen müssen, nur weil sie ihre Kippa tragen, so etwas ist eine Schande für ein Land wie Deutschland.
Teja
15.08.2019, 19.18 Uhr
Jüdische Mitbürger
Auch diese gehörten und gehören in unsere Gemeinschaft.Erinnert wird ja zum Beispiel auch durch die Stolpersteine und den jüdischen Friedhof.
Aber wenn es ihre absoluten Gegner auch hier immer mehr gibt,brauch sich keiner zu wundern,wenn die Konflikte aus der Nahostregion auch nach hier verlagert werden.
Dem muss mit aller staatlichen Macht Einhalt geboten werden.Das ist einfach die Pflicht der Deutschen und aller Demokraten !!!!!
Wolfi65
15.08.2019, 22.37 Uhr
Selbstverständlich...
Sind Juden in Nordhausen immer willkommen.
Sie sind durch eine besondere Geschäftstätigkeit seit Jahrhunderten bekannt.
Dass diese Glaubensgemeinschaft durch neue Zuwanderer aus Fernost zunehmend in Bedrängnis geraten, ist wohl einer verfehlten Einwanderungspolitik geschuldet und in der Nachschau als äußerst bedauerlich für die Betroffenen zu bewerten.
Trüffelschokolade
16.08.2019, 10.49 Uhr
Kognitive Dissonanz
Es gehört schon ein riesiges Stück Chuzpe dazu zuerst ein antisemitisches Stereotyp zu reproduzieren ("Juden sind gut mit Geld!") um dann im nächsten Moment den Schwenk zu machen pauschal "neue Zuwanderer aus Fernost" als Bedrohung zu diffamieren.

Die Tatsache, dass Antisemitismus virulenter Teil der deutschen Gesellschaft war und bis heute ist, dass ein Großteil der antisemitischen Straftaten immer noch durch die deutsche Bevölkerung verübt werden, wird hier bei allen Vorkommentatoren komplett ausgeblendet.
Latimer Rex
16.08.2019, 11.13 Uhr
Wolfi65/"Aus Fernost . . .
Was für ein infantiler Stuss! Erst das Klischee von der
"besonderen Geschäftstätigkeit", dann der Unsinn von
"Zuwanderern aus Fernost". Obendrein liegt es an der
"verfehlten Einwanderungspolitik". Wohl meschugge.
Schalom.
tannhäuser
16.08.2019, 12.44 Uhr
Trüffelschokolade!
Zu Ihrem letzten Absatz: Teil 1 stimmt, Teil 2 ist leider eine Vereinfachung, es sei denn, Sie präzisieren Ihr "...durch die deutsche Bevölkerung...".

Kleine Anregung: Googeln Sie bitte mal "Michael Wolffsohn. Die doppelzüngige Solidarität von Anti-Antisemiten".

Bei diesem ernsten Thema sind Verallgemeinerungen völlig daneben, wenn sogar die offizielle Statistik, auf die ja viele (hier) eher schwören als mancher Politiker auf das Grundgesetz, Muslime und Linke vor Rechten als antisemitische Täter führt.
Andreas Dittmar
16.08.2019, 20.03 Uhr
Da hab ich mehr erwartet
@Latimer Rex.
Mit dem Thema intensiv beschäftigen und die NNZ-Leser daran teilhaben zu lassen, finde ich auf jeden Fall sehr gut.

Sie beschreiben das jüdische Leben in Nordhausen und gehen da sehr weit zurück. Leider hört ihre Geschichte in der Reichskristallnacht auf und sie schließen mit der Nennung der Anzahl der noch in Nordhausen lebenden jüdischen Mitbürger vor 30 Jahren und heute die Geschichte ab.

Damit hinterlassen Sie weiterhin den Weißen Fleck, den sie aus meiner Sicht eigentlich mit Leben füllen wollten. Gerade Journalisten können auf Quellen zugreifen, die ihren Lesern und Zuhörern nicht bzw. nur begrenzt zugänglich sind.

Aufschlüsse über das jüdische Leben im real existierenden Sozialismus hatte ich beim Lesen der Überschrift schon erwartet, gerade weil hier aus meiner Sicht ein schier unlösbarer Konflikt im Spiel war. Ich habe das auch selbst immer wieder für mich hinterfragt.
Da war die brüderliche Freundschaft der DDR zur PLO auf der einen Seite und die besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber den Juden und auch den Bürgern des Staates Israel aus der Geschichte auf der anderen Seite.

@Trüffelschokolade, Sie nehmen den Wolfi65 in die Mangel, Nur mal so ("Juden sind gut mit Geld!") hat er nie geschrieben. Auch ihr zweiter Absatz, da liegen Sie voll daneben.
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