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Mi, 18:52 Uhr
14.10.2015
Vortrag im Gschichtsverein

Die Przeworsk-Kultur bei Leimbach

Nahezu fünf Jahre stand ein Gebiet bei Leimbach im Landkreis Nordhausen im Fokus intensiver archäologischer Forschungen. Unter der Leitung von Björn Rauchfuß (Freie Universität Berlin) untersuchten in den Sommermonaten 2010 bis 2014 Studenten der FU großflächig eine Siedlung der Przeworsk-Kultur...


In der Oktober-Veranstaltung des Nordhäuser Geschichtsvereins stellten in einem spannenden Co-Vortrag Prof. Dr. Michael Meyer (ebenfalls FU Berlin) und Björn Rauchfuß die Ergebnisse ihrer Forschungen vor…

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Entstanden ist die Przeworsk-Kultur zu Beginn der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, im späten 3. oder frühen 2. Jahrhundert v. Chr. im heutigen Polen zwischen Oder und Bug. Später weitete sich ihr Siedlungsgebiet aus, kam es zu Gebietsverschiebungen bzw. Neu- oder Rückbesiedlung. So lassen sich Spuren ihres Siedlungsraumes ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. westlich ihres vorherrschenden Verbreitungsgebietes nachweisen.

Dies betrifft vor allem den Raum zwischen Rhein, Main und Oder. Es ist die handgemachte Keramik mit der typischen Randgestaltung, speziellen Henkeln und spezifischen Verzierungen, die auf diese Kultur hinweist. Sie unterscheidet sich sehr von der Keramik Mitteldeutschlands und der Keltischen Latene-Kultur.

Die im südlichen Harzvorland geborgenen Funde zeugen neben einheimischen Siedlungen auch von Gräbern der Przeworsk-Kultur. Hauptsächlich sind es Plätze mit Oberflächenfunden. Sie wurden bereits Anfang bzw. Mitte der 1980er Jahre durch die beiden Nordhäuser Kurt Lützkendorf und Hans-Jürgen Grönke entdeckt. Mehr als 320 Fundstücke – darunter Tierknochen und Keramikfragmente – konnten damals geborgen werden. Mathias Seidel hat darüber publiziert.

Im Zuge der neuerlichen Grabungen gelang auch der Nachweis von technischen Anlagen, wie Eisenverhüttung und Ofenanlagen. Zudem konnten zwei Grubenhäuser und mehrere Körperbestattungen freigelegt werden. Letztere deuten auf ein Gräberfeld hin. Die Ausgrabungen brachten auch keramische Reste, Brandlehm, Menschen- und Tierknochen, Knochenartefakte sowie einige Metallobjekte zum Vorschein. Darüber hinaus konnten Funde weiterer Kulturen sichergestellt werden.

Im Gebiet von Leimbach lassen sich zwei Besiedlungsphasen erkennen: Eine einheimische vom 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr. und eine jüngere Besiedlung durch die Przeworsk-Kultur zwischen dem 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. Unklar bleiben die Gründe für die Ansiedlung. So ergeben sich zwei Fragen: Gab es eine gezielte Ansiedlung von Spezialisten für die Eisenverhüttung durch die Einheimischen? Oder hat gar eine Vertreibung der bisherigen Nutzer der reichlich vorhandenen Rohstoffvorkommen durch die Neuankömmlinge stattgefunden?

Die Archäologen gehen von einer Art „Spezialistenwanderung“ in der 1. Phase der Besiedlung aus, der schließlich in der 2. Phase ein größerer Nachzug an Siedlern folgte, bei denen jedoch kein Bezug mehr zu den Erzlagerstätten nachweisbar ist. Im Südharzvorland ließen sich die Migranten nachweislich am Rand fruchtbaren Bodens und in Flussnähe nieder, was auf eine intensive landwirtschaftliche Nutzung hindeutet. Einzigartig in der Przeworsk-Kultur ist das bei Leimbach geborgene und recht gut erhaltene Tierknochenmaterial. Dabei handelt es sich größtenteils um Schlacht- und Speiseabfälle. In dieser Kultur stand bei den Tierarten das Rind an erster Stelle, gefolgt von Schaf und Ziege, Pferd, Schwein Huhn und Hund. Viehzucht- und Haustierhaltungstraditionen aus dem Siedlungskerngebiet der Przeworsk-Kultur wurden offensichtlich am neuen Siedlungsort weiter fortgesetzt.

Dabei stechen jedoch mehrere Hundedeponierungen hervor. Die Bestattung der Tiere lässt den Schluss zu, dass sie im Regelfall nicht zum Verzehr gedacht waren. Die Siedlung der Przeworsk-Kultur Nahe Leimbach wurde in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. aufgegeben. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.

Erstmals gelang es durch großflächige Grabungen bei Leimbach, eine Siedlung der Przeworsk-Kultur außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes nachzuweisen. Zu danken ist dies den Mitarbeitern des Instituts für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin und vielen Studierenden. Die beiden Co-Referenten bedankten sich am Ende ihres Vortrages nochmals bei den Leimbacher Bürgern für die herzliche Aufnahme und Unterbringung während der fünf Grabungsjahre. Und die weit über 70 anwesenden Geschichtsfreunde – unter ihnen zahlreiche Leimbacher und Urbacher – spendeten den beiden Gastreferenten herzlichen Applaus.
Hans-Georg Backhaus
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)
Autor: red

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