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Mo, 07:01 Uhr
31.08.2009

NNZ-SERIE: WENDE-ZEITEN (Teil 5)

Die nnz setzt ihre Serie fort, die an die friedliche Revolution in der damaligen DDR und damit auch in Nordhausen vor 20 Jahren erinnern soll. nnz-Autor Hans-Georg Backhaus hat nicht nur die Ereignisse des Jahres 1989 aufgearbeitet, sondern blickt in diesem fünften Teil auf ein Gipfeltreffen, eine Staatsvisite und den Traum von Perestroika.

Demo 1988 (Foto: Bundesarchiv) Demo 1988 (Foto: Bundesarchiv)

Das zu Beginn der 1980er Jahre forcierte Wettrüsten zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt speziell im Bereich der nuklearen Mittel- und Kurzstreckenraketen rief weltweit große Empörung hervor. In Ost und West formierte sich eine breite Friedensbewegung, die sich mit mutigen Aktionen dem Rüstungswahn entgegenstellte.

Angesichts verstärkter Auseinandersetzungen zwischen beiden Militärblöcken wurde die Forderung nach einem Treffen zwischen US-Präsident Ronald Reagan und KPdSU-Generalsekretär Michael Gorbatschow (KPdSU – Kommunistische Partei der Sowjetunion) immer lauter. Mit großer Erleichterung nahm die friedliebende Menschheit schließlich die Nachricht vom ersten Zusammentreffen beider Staatsmänner im November 1985 in Genf auf. Die intensiven Verhandlungen waren von Erfolg gekrönt. Vereinbart wurden u. a. ein gegenseitiger Verzicht auf Erlangung militärischer Überlegenheit, die schrittweise zahlenmäßige Halbierung der Atomwaffen sowie die Fortsetzung des gemeinsamen Dialoges.

Die positiven Signale, die von der Begegnung Gorbatschow – Reagan ausgingen, bestärkten die Friedenskräfte in ihrem Ringen um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Der „Gipfel von Genf“ – wie das Treffen häufig bezeichnet wurde – ermutigte im besonderen Maße die Friedens- und Initiativgruppen der DDR zu weiteren Aktionen.

Die jährlich stattfindenden Friedensdekaden der Kirchen in beiden deutschen Staaten, die stets am Buß- und Bettag mit ökumenischen Gottesdiensten ihren Abschluss fanden, verzeichneten von Jahr zu Jahr steigende Besucherzahlen. Längst waren es nicht nur Christen, die sich zu gemeinsamen Gesang, Gebet und Gespräch trafen. Menschen unterschiedlichster Herkunft, Lebenseinstellung und Weltanschauung fanden zueinander, ließen das trennende beiseite und legten den Finger auf offene Wunden.

Die Kirchen in der DDR boten ihnen Schutz und Schirm und die Gesprächspalette wurde breiter und inhaltsreicher. Ganz oben an standen die Sorge um den Erhalt des Weltfriedens, Probleme der Dritten Welt, Menschenrechtsverletzungen und der Schutz der Umwelt. Immer wieder wurden den Großmächten Vereinbarungen über friedens- und vertrauensbildende Maßnahmen abgerungen.

Große Erwartungen verbanden die Menschen in der DDR verständlicherweise mit dem Besuch von Staats- und Parteichef Erich Honecker im September 1987 in der Bundesrepublik, der mehrmals verschoben worden war. Mit allem nur erdenklichen Pomp, darin eingeschlossen die militärischen Ehren, wurde der „hohe Gast aus der DDR“- wie er von westlichen Journalisten oft charakterisiert wurde - von der Bonner Polit- und Wirtschaftsprominenz, allem voran Bundeskanzler Helmut Kohl, empfangen. In der Bundeshauptstadt Bonn wehten schwarz-rot-goldene Fahnen mit dem Emblem Hammer, Zirkel und Ährenkranz.

Ein Musikkorps der Bundeswehr intonierte die DDR-Nationalhymne „Auferstanden aus Ruinen“. Alles, was in der westdeutschen Politik und Wirtschaft Rang und Namen hatte, beeilte sich, dem Staatsoberhaupt aus dem sozialistischen Deutschland seine Aufwartung zu machen. Man tauschte Nettigkeiten und Sprüche und wohl auch kritische Worte miteinander aus. So jedenfalls stellte es sich in der Öffentlichkeit dar.

Die berechtigten Hoffnungen der DDR-Bürger auf Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durch Hilfe aus dem Westen, auf Liberalisierung der Lebensumstände und freizügigere Regelungen bei Reisen nach der BRD und Westberlin erfüllten sich jedoch nicht. So blieb die Staatsvisite Honeckers in der BRD für die DDR-Bürger unbefriedigend. In Bonn und Westberlin ging man schnell wieder zur Tagesordnung über und die alten Herren der Staats- und Parteiführung der DDR verhielten sich nicht anders. Sie waren nicht willens und fähig, auch nur ansatzweise Reformen einzuleiten. So musste bei den Bürgern der DDR der Eindruck entstehen, dass die Worte Honeckers, Sozialismus und Kapitalismus seien so wenig vereinbar wie Feuer und Wasser, wohl zutreffend seien.


Ein besonderes Signal bei der Suche nach neuen Formen des Protestes setzten DDR-Bürgerrechtler mit der Teilnahme an der Großdemonstration zu Ehren der ermordeten Kämpfer für Frieden und Freiheit, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, im Januar 1988 in Berlin. Die mitgeführten Spruchbänder einiger mutiger Demonstranten verkündeten die bekannten Worte Rosa Luxemburgs „Freiheit ist auch immer die Freiheit Andersdenkender“. Doch die Staatsmacht wollte dies nicht tolerieren.

Junge Stasi-Mitarbeiter in Zivil und Volkspolizisten griffen ein und rissen den Demonstranten die Spruchbänder herunter. Zudem wurden westdeutsche Fernsehteams an ihrer Berichterstattung über die Ereignisse massiv behindert. Einige Demonstranten wurden festgenommen, mancher von ihnen später aus der DDR ausgewiesen. Die fortwährende Entmündigung und Einschüchterung der Menschen sollte schon bald neue Formen des Widerstandes innerhalb der Oppositionsbewegung der DDR hervorbringen.
Hans-Georg Backhaus
Autor: nnz/kn

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