So, 13:25 Uhr
17.11.2019
Dichterstätte Sarah Kirsch in Limlingerode:
Wo wir zu Hause das Salz haben
Die Dichterstätte in Limlingerode lädt zu einer musikalischen Lesung ein. An diesem Nachmittag wird Kulturmanagerin Christine Stauch aus Bad Langensalza tschechische Lyrik vorstellen, eine Art lyrischer Nachhall auf die Leipziger Buchmesse, die im Frühjahr dieses Jahres die Tschechische Republik als Gastland präsentierte...
Lev Guzman, Erfurt, wird das poetische Programm mit Musik bereichert, indem er den lyrischen Klang mit musikalischen Kompositionen verbindet, darunter Werke von Bedrich Smetana und Django Reinhardt. Andererseits führt er mit seinen Improvisationen die Gedichte in freie musikalische Klangräume. Im Salon Musenbundt sind an diesem Nachmittag nicht nur Lyrik und Musik im Bund. Seit Oktober umspielen Kunstobjekte von Susanne Lägel den Veranstaltungsraum.
In der Bibliothek, die ausgeräumt werden musste, da ein weiterer Wasserschaden aus den oberen Etage durch einen Teil der Decke drang, ist eine Nutzung momentan nicht möglich. Aber - die Tür der Dichterstätte ist trotzdem geöffnet – um einzutreten. (Zeichnung von Gerd Mackensen im Gästebuch der Dichterstätte) geh und öffne die tür – diese Verszeile entstammt dem Gedicht die tür des tschechischen Poeten Miroslav Holub (*1928, †1998).
Diese Zeile trägt eine Aufforderung in sich, die einerseits aus der im Menschen verwurzelten Neugier entspringt, eine Tür zu öffnen, um das gut eingerichtete Zimmer, das eigene Haus… die eigene Gedankenwelt zu verlassen, um sich von äußeren Dingen inspirieren lassen zu können: von der Natur, von anderen Menschen… oder, den Bogen noch weiter gespannt, von anderen Kulturen und anderen Ländern. Unter diesem Aspekt wurde diese Verszeile zum Programm des literarischen Nachmittags: Neugier auf tschechische Lyrik zu wecken.
Andererseits wird in dem Gedicht die tür von Miroslav Holub eine bedrückende Atmosphäre spürbar, eine existenzielle Not, die Tür öffnen zu müssen, um einer Enge zu entfliehen, die freies geistiges Denken und Arbeiten zu erdrücken droht. …geh und öffne die tür/zumindest/ein luftzug/wird sein, so die letzten Verszeilen. Möglich, dass der Dichter darin die resignative Stimmung aufgreift, die nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 das Leben vieler Menschen in der damaligen Tschechoslowakischen Republik ergriff.
Alle Gedichte im Lyrikband Wo wir zu Hause das Salz haben sind Übersetzungen des bekannten deutschen Lyrikers Reiner Kunze, Jahrgang 1933, der mit einer Tschechin verheiratet ist. Zu der Auswahl der tschechischen Lyrikerinnen und Lyriker gehören Jan Skácel, Ivan Blatný, Vlasta Dvoracková, Karel Toman und Milena Fucimanová.
Dazu zählen auch Milan Kundera, Jaroslav Seifert und Václav Havel. Kunze, in einem Interview nach dem Besonderen in der tschechischen Literatur gefragt, sagt: In der tschechischen Literatur bricht sich einzigartig europäisches Licht in slawischem Empfinden. Der Winkel, in dem das Licht an die Oberfläche der tschechischen Poesie und Prosa austritt, wird bestimmt von einer langen anerlittenen Wehmut, einem feinen fatalistischen Lächeln, einem Zorn, der seine Stunde abwartet, und selbsterlösendem Humor.
In dem Interview ist neben den zahlreichen Auszeichnungen für Kunze als Lyriker auf die des tschechischen Außenministeriums verwiesen, die Kunze 2014 erhielt, für seinen Beitrag zur Förderung des Ansehens der Tschechischen Republik im Ausland. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass der Lyriker und Übersetzer Reiner Kunze nach Ausschluss aus dem Schriftstellerverband 1976 den Antrag auf Ausbürgerung aus der DDR stellte und unmittelbar danach mit seiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte.
Samstag, 23. November 2019, 14:30 Uhr, in der Dichterstätte Sarah Kirsch in Limlingerode: geh und öffne die tür" - Tschechische Lyrik aus dem Lyrikband von Reiner Kunze: Wo wir zu Hause das Salz haben
Christine Stauch
Autor: redLev Guzman, Erfurt, wird das poetische Programm mit Musik bereichert, indem er den lyrischen Klang mit musikalischen Kompositionen verbindet, darunter Werke von Bedrich Smetana und Django Reinhardt. Andererseits führt er mit seinen Improvisationen die Gedichte in freie musikalische Klangräume. Im Salon Musenbundt sind an diesem Nachmittag nicht nur Lyrik und Musik im Bund. Seit Oktober umspielen Kunstobjekte von Susanne Lägel den Veranstaltungsraum.
In der Bibliothek, die ausgeräumt werden musste, da ein weiterer Wasserschaden aus den oberen Etage durch einen Teil der Decke drang, ist eine Nutzung momentan nicht möglich. Aber - die Tür der Dichterstätte ist trotzdem geöffnet – um einzutreten. (Zeichnung von Gerd Mackensen im Gästebuch der Dichterstätte) geh und öffne die tür – diese Verszeile entstammt dem Gedicht die tür des tschechischen Poeten Miroslav Holub (*1928, †1998).
Diese Zeile trägt eine Aufforderung in sich, die einerseits aus der im Menschen verwurzelten Neugier entspringt, eine Tür zu öffnen, um das gut eingerichtete Zimmer, das eigene Haus… die eigene Gedankenwelt zu verlassen, um sich von äußeren Dingen inspirieren lassen zu können: von der Natur, von anderen Menschen… oder, den Bogen noch weiter gespannt, von anderen Kulturen und anderen Ländern. Unter diesem Aspekt wurde diese Verszeile zum Programm des literarischen Nachmittags: Neugier auf tschechische Lyrik zu wecken.
Andererseits wird in dem Gedicht die tür von Miroslav Holub eine bedrückende Atmosphäre spürbar, eine existenzielle Not, die Tür öffnen zu müssen, um einer Enge zu entfliehen, die freies geistiges Denken und Arbeiten zu erdrücken droht. …geh und öffne die tür/zumindest/ein luftzug/wird sein, so die letzten Verszeilen. Möglich, dass der Dichter darin die resignative Stimmung aufgreift, die nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 das Leben vieler Menschen in der damaligen Tschechoslowakischen Republik ergriff.
Alle Gedichte im Lyrikband Wo wir zu Hause das Salz haben sind Übersetzungen des bekannten deutschen Lyrikers Reiner Kunze, Jahrgang 1933, der mit einer Tschechin verheiratet ist. Zu der Auswahl der tschechischen Lyrikerinnen und Lyriker gehören Jan Skácel, Ivan Blatný, Vlasta Dvoracková, Karel Toman und Milena Fucimanová.
Dazu zählen auch Milan Kundera, Jaroslav Seifert und Václav Havel. Kunze, in einem Interview nach dem Besonderen in der tschechischen Literatur gefragt, sagt: In der tschechischen Literatur bricht sich einzigartig europäisches Licht in slawischem Empfinden. Der Winkel, in dem das Licht an die Oberfläche der tschechischen Poesie und Prosa austritt, wird bestimmt von einer langen anerlittenen Wehmut, einem feinen fatalistischen Lächeln, einem Zorn, der seine Stunde abwartet, und selbsterlösendem Humor.
In dem Interview ist neben den zahlreichen Auszeichnungen für Kunze als Lyriker auf die des tschechischen Außenministeriums verwiesen, die Kunze 2014 erhielt, für seinen Beitrag zur Förderung des Ansehens der Tschechischen Republik im Ausland. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass der Lyriker und Übersetzer Reiner Kunze nach Ausschluss aus dem Schriftstellerverband 1976 den Antrag auf Ausbürgerung aus der DDR stellte und unmittelbar danach mit seiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte.
Samstag, 23. November 2019, 14:30 Uhr, in der Dichterstätte Sarah Kirsch in Limlingerode: geh und öffne die tür" - Tschechische Lyrik aus dem Lyrikband von Reiner Kunze: Wo wir zu Hause das Salz haben
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