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Fr, 13:15 Uhr
12.04.2019
Europa vor Ort

Die Türen stehen uns offen

Brüssel und Straßburg sind weit weg, die europäische Union spielt im Alltag ihrer Bürger eigentlich keine Rolle. Stimmt nicht, meint man beim Europaservice Nordthüringen, die Verbindungen zum Rest der Union können jedem nutzen und das nicht nur auf dem Arbeitsmarkt...

Europa für alle (Foto: Europa-Service-Nordthüringen) Europa für alle (Foto: Europa-Service-Nordthüringen)

Als endlich Schluss war mit Schule, wollte Jessica Bock raus. Weg von Herd, Haus und Hof der Eltern, ihre eigenen Erfahrungen machen. Auf die Frage nach dem "Wie" gibt es heute viele Antworten, eine davon ist der europäische Freiwilligendienst "EFD". Der brachte Jessica mit einigen anderen jungen Leuten in ein kleines, finnisches Dorf nahe Lahti um hier in einer Lebensgemeinschaft für geistig Behinderte auszuhelfen. "Das war eine sehr lehrreiche Erfahrung", erzählt Jessica, "am Ende haben wir es geschafft in einem Satz drei Sprachen zu benutzen, ein ganz schönes Kauderwelsch, aber es war spannend und hat meinen Horizont enorm erweitert".

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Heute arbeitet die junge Dame beim Europaservice Nordthüringen und holt andere Europäer in die Region, oder hilft dabei Aufenthalte im EU-Ausland zu organisieren. Seit Jahren kümmert man sich vom Büro im BIC aus um Kontakte in die Union, reist nach Polen, Italien, Spanien, Dänemark in die Slowakei, Rumänien und in andere Länder der EU, um für Nordthüringen und seine Unternehmen zu werben und potentielle Fachkräfte zu finden. "Das ist unser Fachgebiet, aber die EU hat mehr zu bieten als den Arbeitsmarkt", sagt Claudia Reich, Leiterin des Europa-Service, "Das fängt beim alltäglichen Einkauf an, ob man nun Parma-Schinken oder Thüringer Bratwurst im Einkaufskorb hat oder sich etwas auf einem französischen Online-Store klickt und das drei Tage später in den Händen hält und geht bis zum problemlosen Reisen, sei es für den Urlaub oder zu Bildungszwecken. Europa ist jeden Tag mit drin, wir wissen nur meist nicht was wir tagtäglich von der EU haben".

Haben jeden Tag mit "Europa" zu tun: Corina Kieber, Claudia Reich und Jessica Bock (Foto: Angelo Glashagel) Haben jeden Tag mit "Europa" zu tun: Corina Kieber, Claudia Reich und Jessica Bock (Foto: Angelo Glashagel)

Ganz konkret hat Frau Reich eine ihrer Kolleginnen über ein von der EU gefördertes Austausch-Projekt gewinnen können. Die wiederrum hat ihren Ehemann über den gleichen Weg kennen gelernt. Heute arbeiten beide am Südharzrand und haben eine Familie gegründet. Eine kleine, persönliche europäische Erfolgsgeschichte.

Einrichtungen wie das Jugendsozialwerk nutzen die Programme der EU aktiv und häufig, um ihren Mitarbeiterstamm aufzufrischen und auf dem Stand zu halten. Für Forschungsprojekte und Wissensaustausch kommt Hochschulen und Universitäten das Projekt "Horizon 2020" zu Gute, Strukturförderung für regionale Entwicklung kommt über den "EFRE", soziales Engagement wird über den Europäischen Sozialfonds ESF finanziert, Unterstützung für Umwelt- und Klimaschutz gibt es über "Life", der innereuropäische Austausch von Städten, Gemeinden bis hinab zu Vereinen wird über "EfBB", Europa für Bürgerinnen und Bürger, gefördert und "Cosme" soll kleinen und mittleren Unternehmen neue Märkte öffnen. "Und das ist nur ein Teil der Möglichkeiten. Die Türen Europas stehen uns offen", sagt Claudia Reich.

Der "Klassiker" ist das Austauschprogramm "Erasmus", das Jahr ein Jahr aus von Studenten und Studentinnen genutzt wird um Auslandssemester zu absolvieren. "Was die wenigsten wissen: Erasmus kann auch von Auszubildenden, Ausbildern und Personalverantwortlichen genutzt werden", erklärt Claudia Reich, vom Kurzaufenthalt für zwei Wochen bis zum Jahrespraktikum ist vieles möglich. "Zum einen holt man sich so Know-How ins Unternehmen, zum anderen kann man den jungen Leuten etwas besonderes bieten. Eine Lehrstelle und 800 Euro auf die Hand reichen heute nicht mehr die eigenen Azubis auch zu halten."

Wer es eher kurz und knackig bevorzugt kann über die EU-Programme sogenannte "study visits" organisieren. Landkreis und Stadtverwaltung haben davon in den letzten Monaten bereits gebrauch gemacht, erzählt Reich, in Dänemark informierte man sich vor Ort zur Digitalisierung im Klassenzimmer, bei einem Besuch in Italien ging es um Fahrradtourismus und moderne Museen und ein sozialer Träger nutzte die Kontakte in den Süden um das eigene Personal auf Fortbildung in Sachen frühkindlicher Bildung zu schicken. Alles Themen, die in der aktuellen Entwicklung der Region Gewicht haben.

"Der Aufwand das alles zu organisieren ist gering. Eben weil es die EU gibt. Und natürlich Einrichtungen wie die unsere, die bei so etwas gerne hilft.", erklärt Reich. Man habe tagtäglich mit der EU zu tun, im Alltag scheine das Thema aber eher stiefmütterlich behandelt zu werden, selbst kurz vor der Europa-Wahl Ende Mai. Spätestens am 09. Mai will man die Union deswegen wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Zum Europatag plant das Jugendsozialwerk diverse Aktivitäten in der Stadtbibliothek. Der Europaservice lädt am Abend zum Stammtisch ins Café Central. Locker, ungezwungen, freundschaftlich, international und über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg. Europäisch eben.
Angelo Glashagel
Autor: red

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