Mo, 05:00 Uhr
03.09.2018
Weniger Schüler auf Förderschulen
Mehr Inklusion von Schülern mit Lernhandicaps
Deutschlandweit geht die Exklusion zurück. Der Anteil der Schüler, die in separaten Förderschulen lernen, nimmt ab. Gingen 2008 noch 4,9 Prozent aller Kinder auf eine Förderschule, waren es 2017 nur noch 4,3 Prozent. Zudem nimmt die Spannweite zwischen den Bundesländern ab...
Während im Schuljahr 2008/09 der Abstand zwischen Schleswig-Holstein (mit der niedrigsten Exklusionsquote von 3,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (mit der höchsten Exklusionsquote von 8,8 Prozent) 5,7 Prozentpunkte betrug, sank die Differenz im Schuljahr 2016/2017 auf 4,8 Prozentpunkte – zwischen Bremen (Exklusionsquote 1,2 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (sechs Prozent).
Insbesondere im Förderschwerpunkt Lernen besuchen in allen Bundesländern weniger Kinder Förderschulen. So sank die Exklusionsquote der Schüler mit Lernhandicaps bundesweit von 2,1 auf 1,3 Prozent. Dieser Rückgang ist in einigen Bundesländern besonders stark ausgeprägt, etwa in Sachsen-Anhalt (um 2,6 Prozentpunkte). Deutschland findet damit Anschluss an internationale Standards: In den meisten anderen Ländern werden Kinder mit Lernschwierigkeiten schon seit langem in den Regelschulen unterrichtet.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse des Bildungsforschers Prof. Klaus Klemm zum Stand der Inklusion in Deutschland im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Für Jörg Dräger, Vor-stand der Stiftung, gibt die Studie wichtige Hinweise, wie das gemeinsame Lernen verbessert werden kann: Inklusion kommt an Deutschlands Schulen voran. Die Chancen von Förderschülern, eine Regelschule zu besuchen, hängen allerdings immer noch sehr vom Wohnort ab.
Die Chance auf Inklusion hängt allerdings nicht nur vom Wohnort ab, sondern auch vom Förderbedarf. Nur im Bereich Lernen gibt es einen bundesweiten Rückgang der Exklusion. Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache besuchen in elf Bundesländern häufiger eine Regelschule als früher. Für Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten geistige oder körperliche Entwicklung hat sich zwischen 2008 und 2017 überall wenig verändert, bei Schülern mit sozial-emotionalen Handicaps gibt es heute sogar mehr Exklusion.
Dies erkläre auch das Unbehagen gegenüber der Inklusion in vielen Lehrerzimmern. Der Fokus muss angesichts der aktuellen Entwicklung auf den Umgang mit Schülern mit Lernhandicaps gelegt werden, so Dräger. Hier brauchen die Schulen jetzt dringend mehr sonderpädagogische Kompetenz und Fortbildungen für die Lehrkräfte, um den unterschiedlichen Schülern besser gerecht werden.
Notwendig seien insbesondere wirksame Unterstützungssysteme auf Länderebene: Länder, die bei der Inklusion weit fortgeschritten sind, haben für Lehrkräfte effektive Strukturen etabliert - wie etwa die Zentren für unterstützende Pädagogik in Bremen oder die Förderzentren Lernen in Schleswig-Holstein. Um die regionalen Unterschiede bei der Inklusion in Deutschland zu verringern, plädiert Dräger für bundesweit einheitliche Qualitätsstandards. Impulse dafür erhofft er sich vom geplanten nationalen Bildungsrat. Dieser könnte in Zusammenarbeit mit den Bundesändern gemeinsame Standards für die Umsetzung von Inklusion entwickeln.
Hintergrundinformation: Die Studie von Prof. Klaus Klemm Unterwegs zur inklusiven Schule: Lagebericht 2018 aus bildungsstatistischer Perspektive analysiert im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die Entwicklung des inklusiven Schulsystems in Deutschland zwischen dem Schuljahr 2008/09, in dem die UN-Konvention in Kraft trat, und dem Schuljahr 2016/17, für das die bislang aktuellsten Zahlen aus den Bundesländern von der Kultusministerkonferenz veröffentlicht wurden.
Autor: redWährend im Schuljahr 2008/09 der Abstand zwischen Schleswig-Holstein (mit der niedrigsten Exklusionsquote von 3,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (mit der höchsten Exklusionsquote von 8,8 Prozent) 5,7 Prozentpunkte betrug, sank die Differenz im Schuljahr 2016/2017 auf 4,8 Prozentpunkte – zwischen Bremen (Exklusionsquote 1,2 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (sechs Prozent).
Insbesondere im Förderschwerpunkt Lernen besuchen in allen Bundesländern weniger Kinder Förderschulen. So sank die Exklusionsquote der Schüler mit Lernhandicaps bundesweit von 2,1 auf 1,3 Prozent. Dieser Rückgang ist in einigen Bundesländern besonders stark ausgeprägt, etwa in Sachsen-Anhalt (um 2,6 Prozentpunkte). Deutschland findet damit Anschluss an internationale Standards: In den meisten anderen Ländern werden Kinder mit Lernschwierigkeiten schon seit langem in den Regelschulen unterrichtet.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse des Bildungsforschers Prof. Klaus Klemm zum Stand der Inklusion in Deutschland im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Für Jörg Dräger, Vor-stand der Stiftung, gibt die Studie wichtige Hinweise, wie das gemeinsame Lernen verbessert werden kann: Inklusion kommt an Deutschlands Schulen voran. Die Chancen von Förderschülern, eine Regelschule zu besuchen, hängen allerdings immer noch sehr vom Wohnort ab.
Unterschiedliche Entwicklungen
Die Bundesländer unterscheiden sich stark im Umgang mit Förderschülern. Entgegen dem Bundestrend sind die Exklusionsquoten in Südwestdeutschland zwischen 2008 und 2017 sogar gestiegen: In Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gehen wieder mehr Kinder auf eine Förderschule. In Ostdeutschland hingegen geht der Anteil der Kinder an Förderschulen erheblich zurück. In Nordrhein-Westfalen und Hessen gab es moderate Rückgänge, im Saarland nur einen kleinen. Besonders niedrig sind die Anteile der separat in Förderschulen unterrichteten Kinder in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und in den Stadtstaaten: Hier ist die Exklusionsquote stark gesunken, insbesondere in Bremen.Die Chance auf Inklusion hängt allerdings nicht nur vom Wohnort ab, sondern auch vom Förderbedarf. Nur im Bereich Lernen gibt es einen bundesweiten Rückgang der Exklusion. Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache besuchen in elf Bundesländern häufiger eine Regelschule als früher. Für Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten geistige oder körperliche Entwicklung hat sich zwischen 2008 und 2017 überall wenig verändert, bei Schülern mit sozial-emotionalen Handicaps gibt es heute sogar mehr Exklusion.
Wirksame Unterstützungssysteme für Lehrer
Mit Blick auf die grundsätzlich positive Entwicklung der vergangenen Jahre hebt Jörg Dräger die Leistung der Lehrkräfte hervor: Die Inklusion ist vor allem durch die Aufnahme von Schülern mit Lernschwierigkeiten in die Regelschulen vorangekommen. Allerdings werden vielerorts die Lehrkräfte noch zu wenig dabei unterstützt, mit dieser steigenden Heterogenität in den Klassenzimmern umzugehen.Dies erkläre auch das Unbehagen gegenüber der Inklusion in vielen Lehrerzimmern. Der Fokus muss angesichts der aktuellen Entwicklung auf den Umgang mit Schülern mit Lernhandicaps gelegt werden, so Dräger. Hier brauchen die Schulen jetzt dringend mehr sonderpädagogische Kompetenz und Fortbildungen für die Lehrkräfte, um den unterschiedlichen Schülern besser gerecht werden.
Notwendig seien insbesondere wirksame Unterstützungssysteme auf Länderebene: Länder, die bei der Inklusion weit fortgeschritten sind, haben für Lehrkräfte effektive Strukturen etabliert - wie etwa die Zentren für unterstützende Pädagogik in Bremen oder die Förderzentren Lernen in Schleswig-Holstein. Um die regionalen Unterschiede bei der Inklusion in Deutschland zu verringern, plädiert Dräger für bundesweit einheitliche Qualitätsstandards. Impulse dafür erhofft er sich vom geplanten nationalen Bildungsrat. Dieser könnte in Zusammenarbeit mit den Bundesändern gemeinsame Standards für die Umsetzung von Inklusion entwickeln.
Hintergrundinformation: Die Studie von Prof. Klaus Klemm Unterwegs zur inklusiven Schule: Lagebericht 2018 aus bildungsstatistischer Perspektive analysiert im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die Entwicklung des inklusiven Schulsystems in Deutschland zwischen dem Schuljahr 2008/09, in dem die UN-Konvention in Kraft trat, und dem Schuljahr 2016/17, für das die bislang aktuellsten Zahlen aus den Bundesländern von der Kultusministerkonferenz veröffentlicht wurden.
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