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Di, 11:00 Uhr
19.09.2017
20 Jahre Weltladen

Eine andere Welt ist möglich

Die erste Welt plündert die dritte Welt, einige wenige genießen Saus und Braus, viele anderen haben kaum genug zum leben. Das irgendwann einmal zu ändern, dafür kämpft die Eine Welt Bewegung seit Jahrzehnten. Angekommen ist die Idee auch in Nordhausen, schon vor 20 Jahren, mit dem Weltladen. Wie es mit dem fairen Handel im Südharz los ging und wie er die Aufgaben des Weltladens heute sieht, darüber hat die nnz mit Pfarrer Peter Kube gesprochen...

Essen der Kulturen 2016 - auch in diesem Jahr will man wieder gemeinsam feiern, Anlass ist dieses Jahr der 20. Geburtstag des Weltladens (Foto: Angelo Glashagel) Essen der Kulturen 2016 - auch in diesem Jahr will man wieder gemeinsam feiern, Anlass ist dieses Jahr der 20. Geburtstag des Weltladens (Foto: Angelo Glashagel)


Groß gefeiert hat man nicht am vergangenen Freitag. Zum 20. Jubiläum hatte man sich im Weltladen lieber ein paar interessante Gäste eingeladen - die beiden Aktivistinnen Fida Abdallah und Ibtissam Musa engagieren sich in Palästina für fairen Handel und haben die Initiative "Canaan Fair Trade" ins Leben gerufen. "It's all about the farmers", es dreht sich alles um die Bauern, erklären die Damen am Freitagabend, man unterstützt Kleinbauern und städtische Kooperativen in Palästina dabei ihre Ressourcen zu bündeln und ihnen so einen langfristigen und nachhaltigen Zugang zum Weltmarkt ermöglichen. Für die kleinen ländlichen Kommunen bedeute das einen Grad an wirtschaftlicher Stabilität und ein besseres Leben für ihre Bewohner.

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Es ist die Grundidee des fairen Handels, die auch nach 20 Jahren noch die Arbeit des Weltladens prägt. Wenn er heute in den Laden kommt, tue er das mit freudigem Blick sagte Pfarrer Peter Kube der nnz. Jahrelang hatte er den Verein Schrankenlos und damit auch den Weltladen geleitet, heute wirkt Kube zwar in Magdeburg, besucht seine alte Heimat aber immer wieder. So auch am Freitag.

Was im Weltladen passiert, das haben inzwischen andere in der Hand, "eine sich verändernde Landschaft" nennt Kube das und freut sich über die Herangehensweise der nächsten Generation. Jeweils am 3. Sonntag eines jeden Monats wird zum Beispiel ein "Foodsharing Brunch" veranstaltet: jeder Gast bringt etwas aus dem eigenen Kühlschrank mit und alle speisen gemeinsam. Gemeinschaftlich, nachhaltig und entspannt. "Ich war Sonntagmorgen noch einmal im Laden, da saßen junge Leute, ein paar Menschen aus dem Theater, später auch ein englisches Touristenpaar die den Brunch eher durch Zufall gefunden hatten, das war richtig toll. Vor Jahren sind solche Dinge auf andere Weise geschehen, wurden irgendwann aufgegeben und entstehen jetzt wieder neu und können von anderen angefangen werden. Es ist schön den Lauf der Dinge am Werk zu sehen."

Zum eigentlichen Geburtstag hatte man zum Vortragsabend in den Weltladen gebeten (Foto: Angelo Glashagel) Zum eigentlichen Geburtstag hatte man zum Vortragsabend in den Weltladen gebeten (Foto: Angelo Glashagel)


In Zukunft könne man sicher noch Zielgruppenorientierter arbeiten, meint Kube. "Ethischer Konsum ist für viele Menschen wichtig geworden aber das heißt nicht, dass sie auch die Orte aufsuchen, an denen der Gedanke gelebt wird. Der Weltläden ist und bleibt das vollständigste Angebot fair gehandelter Waren in Nordhausen.", sagte Kube. Vorstellbar wären auch Familienfeiern und andere "fair-anstaltungen" im Weltladen. Der große Umsatz ist dabei nicht die Sache der Weltläden, Genossenschaften und Manufakturen rund um den Globus sei auch mit kleinen Stückzahlen oft schon geholfen, meinte Peter Kube.

Viel mehr hatten er und seine Mitstreiter Anfang der 90er Jahre auch gar nicht tun können, 1990 funktionierte fairer Handel in Nordhausen noch nach dem "Bauchladenprinzip", erinnert sich der Pfarrer. 1997 wurde schließlich der Weltladen in der Domstraße 12 eröffnet, 2003 folgte der Umzug in die Kurze Meile. Die SWG als Vermieter habe sich damals zunächst etwas geziert, der Verein Schrankenlos sei da noch als eine Art "enfant terrible" gesehen worden mit dem man nicht ganz umzugehen wusste.

Vorurteile gebe es auch heute noch reichlich, das man nur eine Bande verrückter, linker Weltverbesserer sei, dass müssten sich auch heute noch manche Mitarbeiter des Weltladens anhören. "Es geht und ging im Weltladen nie um die Konfrontation irgendwelcher Ideologien sondern immer um die Möglichkeit einer existenzsichernden und sinnstiftenden Lebensgestaltung überall auf der Welt", erklärte Kube der nnz, dazu gehörten auch Kultur und Bildung, nicht nur die Befriedigung der grundsätzlichsten Bedürfnisse. "Es geht uns auch nicht um "Flüchtlinge first" sondern um den Umstand das Menschen überhaupt flüchten müssen. Krisenregionen werden auch aus Profitgründen "produziert", das sind komplexe Zusammenhänge. Ob es nun ein tatsächlicher Krieg oder eine herbeigeführte wirtschaftliche Schieflage ist, die Menschen in die Flucht getrieben haben, ist am Ende für mich aber zweitrangig." Fairer Handel und Konsum, nachhaltige Ökologie - die Ursachenbekämpfung, das könne man auch vor Ort gestalten, erklärte Kube.

Pfarrer Peter Kube, hier im vergangenen Jahr zum 25. Jubiläum des Vereins Schrankenlos (Foto: Angelo Glashagel) Pfarrer Peter Kube, hier im vergangenen Jahr zum 25. Jubiläum des Vereins Schrankenlos (Foto: Angelo Glashagel)


Und fairer Handel bedeute auch faires handeln in der Region. Für seine alte Heimat Nordhausen würde er sich wünschen das man Projekte auch einmal zurückstellen würde, wenn es ungerecht zugehe. Und man müsste den Mut haben das auch offen zu benennen und Entscheidungsprozesse wieder transparenter zu machen, so Kube.

Ein bisschen Feiern wird man im Weltladen übrigens doch noch, nur eben nicht so sehr den eigenen Geburtstag als vielmehr den Beginn der interkulturellen Woche. Am Samstagnachmittag verwandelt sich die Kurze Meile ab 17 Uhr wieder zum Essen der Kulturen in eine kleine, internationale Schlemmermeile. Danach gibt es musikalische Unterhaltung in Kooperation mit dem Nordhäuser Jazzclub der die "Cotton Man Blues Band" in die Fußgängerzone bringt.

Bereits am Donnerstag beginnt um 18 Uhr die Fotoausstellung "Gästebuch Zu_Flucht". Am Montag kommender Woche öffnet die eritreische Kochgruppe dann die Türen des Weltladens und die Deckel ihrer Töpfe und berichtet über ihr Heimatland. Tags darauf wird man einen Kinderfilmnachmittag organisieren, "Hände weg von Mississippi" steht dann auf dem Programm, mit arabischen Untertiteln.
Angelo Glashagel
Autor: red

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