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Mi, 09:00 Uhr
25.11.2015
Bürgerdialog zum Theater

Das ist Unser Haus...

Es wird sich etwas ändern müssen in der Thüringer Theaterlandschaft, das ist schon lange klar. Wie die Zukunft für das Nordhäuser Haus und auch das Loh-Orchester aussehen könnte, das besprach man gestern in ganz breiter Runde auf der großen Bühne...

Wie geht es weiter mit dem Loh-Orchester und Theater? Im Theater Nordhausen wurde diskutiert (Foto: Angelo Glashagel) Wie geht es weiter mit dem Loh-Orchester und Theater? Im Theater Nordhausen wurde diskutiert (Foto: Angelo Glashagel)

Nordhausen und sein Theater, das ist eine lange Geschichte. Gebaut während des größten Krieges, den die Welt bis dahin gesehen hatte, hat es bis heute überdauert und unter tatkräftiger mithilfe der Nordhäuser so manche Krise überstanden. Dem stehen die Sondershäuser mit ihrem Loh-Orchester, einem der ältesten wenn nicht gar das älteste Ensemble im Land, in nichts nach.

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Beide hatten Mut gezeigt nach der Wende und man war gemeinsam neue Wege gegangen, leitete die erste Orchesterfusion in Thüringen in die Wege und gründete die erste Theater GmbH. Als das Schauspiel 2004 aus Nordthüringen verschwand, fand sich mit dem Theater Rudolstadt ein neuer, wenn auch weit entfernter Partner.

Nun stehen wieder Veränderungen an, nicht nur für Nordhausen und Sondershausen, sondern für die gesamte Thüringer Theaterlandschaft. Zum 31.12 des kommenden Jahres läuft die Finanzierungsperiode aus und an den Spielstätten wie auch in den Rats- und Plenarsälen macht man sich seit geraumer Zeit Gedanken, wie es weitergehen könnte. Bisher finanzierte sich der Nordthüringer Verbund neben den Zuschüssen der Städte und des Landes vor allem dank der Lohnzurückhaltung der Mitarbeiter. Mit dem Modell habe man Anfangs mehr Einnahmen generieren können deren Überschüsse in einem Fonds gesammelt wurden. Aus diesem wiederum wurde die jüngere Zeit finanziert, in der die Mehrkosten stiegen und die Ausgaben überwogen, doch das Modell ist nicht mehr lange tragbar, erklärte Noch-Theaterintendant Lars Tietje.

Nun also neue Überlegungen. Untereinander wurde schon viel geredet, es liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch und diese wurden gestern Abend im Nordhäuser Theater diskutiert. Die Pläne des Thüringer Kulturministers Benjamin-Immanuel Hoff sehen vor die ergänzende Zusammenarbeit unter den Theatern zu stärken und drei Verbünde zu schaffen, einen in Ost-Thüringen, ein zentrales Gebiet mit den Hochburgen Erfurt, Weimar, Jena und Gotha und ein "Dreieck" aus Nordhausen/Sondershausen, Rudolstadt/Saalfeld und Eisenach/Meiningen.

Die bisherigen Pläne sehen ein "Dreieck" aus Nord-, Süd- und Westhüringen vor (Foto: Angelo Glashagel) Die bisherigen Pläne sehen ein "Dreieck" aus Nord-, Süd- und Westhüringen vor (Foto: Angelo Glashagel) Bisher verhält es sich so das Nordthüringen Musiktheater in den Süden "exportiert", insgesamt 21 Vorstellungen. Im Gegenzug bringen die Rudolstädter das Schauspiel in den Norden, man hat sich gut arrangiert. Ähnlich würde dieses "geben und nehmen" mit der Region Eisenach funktionieren: Musiktheater aus dem Norden, professionelles Kinder- und Jugendtheater aus dem Südwesten.

Grundsätzlich hat der Vorschlag die Unterstützung der drei Intendanten der Regionen, trägt sogar ihre Handschrift. Es bleibt aber ein Haken. Der findet sich zumindest in Nordthüringen nicht bei den Musikern, das Loh-Orchester sei nie in Frage gestellt worden, sagte Lars Tietje. Am Eisenacher Theater, welches sich ohnehin nur noch eines halben Orchesters rühmen kann, sieht das schon anders aus. Für den Norden ist der Haken hingegen die Ballettkompanie.

Der unbedarfte Laie, der denkt dabei gehe es doch eh nur um ein wenig rumgehüpfe, der wurde am Abend eines besseren belehrt: wenn man am Theater von "Ballett" spricht, ist eigentlich "Tanz" in allen Variationen gemeint - in Oper und Operette, im Musical und, ja auch, im klassischen Ballett. Einige der auch überregional erfolgreichsten Produktionen des Theaterverbundes wären ohne Tanzeinlagen dürftiger ausgefallen.

Entsprechend auch der Tenor des gestrigen Abends: man wird weiter um die Zukunft des Theaters und wohl auch des Balletts kämpfen. Ein Wegfall der jungen Ballettkompanie würde ein Minus an Qualität und damit auch ein Minus an Zuschauerzahlen bedeuten, meinte etwa Thomas Kohl, Betriebsrat am Theater. Jutta Ebnotter, Leiterin des Ballettbereichs, erinnerte daran, das dass was man auf der Bühne sehe, das Ergebnis langer, harter Arbeit und täglichen Trainings sei. "Die Qualität entsteht dort, wo sie das Publikum nicht sieht", sagte Ebnotter, und ergänzte das Nordhausen für junge Tänzer zum Sprungbrett in die weite Welt geworden sei.

Das Ballett aber ist letztlich nur Symptom eines größeren Problems, mit den man seit Jahren zu kämpfen hat und das nicht nur in der Kultur: Nordthüringen ist zu weit weg vom Speckgürtel Zentralthüringens. Entlang der A4, so auch die Klage am Abend im Theater, werde nicht nur viel investiert, es gebe auch "heilige Kühe" die keiner anrühre, so der Tenor der Redner.

Diskussion zur Zukunft von Theater und Loh-Orchester  (Foto: Angelo Glashagel) Diskussion zur Zukunft von Theater und Loh-Orchester (Foto: Angelo Glashagel)

Und ganz Unrecht werden sie damit wohl nicht haben. Lars Tietje legte in seinem Vortrag zur derzeitigen Finanzierung unter anderem dar, wieviel Zuschüsse die Theater in den vier Verwaltungsbereichen Thüringens pro Einwohner in etwa bekommen. Im Schnitt sollten das rund 30 Euro sein, tatsächlich ist die Aufteilung weit weniger ausgewogen: die Theater in der Mitte mit Erfurt und Co. erhalten laut Tietjes Rechnung gut 42 Euro, der Westen knapp 35, der Osten 24 Euro. Für die vier Nordkreise bleiben da magere 13 Euro pro Kopf.

Den Finger in eine ähnliche Wunde legte auch Ansgar Malich aus dem Nordhäuser Stadtrat. Finanzierungen die in Jena und Erfurt selbstverständlich seien, wären in Nordthüringen nur in Ansätzen vorhanden. In Anlehnung an die bekanntermaßen schlechte Haushaltslage und die dazugehörigen Forderungen seitens der Landesbehörden solle man diejenigen, welche die Kultur schulterten nicht benachteiligen. Der Vorsitzende des Nordhäuser Unternehmerverbandes Nils Neu führte das Theater als Standortfaktor an. Wer Millionen in ein neues Indutstriegebiet investiere und es mit Leben füllen wolle, der sollte der Region jetzt nicht vors Schienbein treten.

Das es die angesprochenen Ungerechtigkeiten gibt ist indes nichts neues. Neu ist, das sie von Seiten der Politik, in diesem Fall dem Ministerium selbst, auch offen angesprochen werden. Dafür bekam das Hoff'sche Haus am Abend schon manch verbale Lorbeeren aus dem Podium und alles in allem sieht die Situation weit weniger schlimm aus, als das vor etwas über zehn Jahren der Fall war. Ein Konsens scheint machbar, die Kommunen als Gesellschafter stehen hinter ihren Häusern, die Region wird mit Katja Mitteldorf und Dorothea Marx von zwei ausgewiesenen Kulturpolitikern im Landtag vertreten und auch für das Publikum im Theater gab es nicht viel zu diskutieren.

Einen wunden Punkt konnte Lars Tietje ausräumen, nämlich die Entfernung im "Dreieck". Die seien auf der Karte zwar erheblich, tatsächlich aber zweitrangig, erklärte der Intendant, wichtiger sei die Größe des Theaters und die vorlieben des Publikums. Punkten in denen Rudolstadt und Eisenach eher mit Nordhausen und Sondershausen übereinstimmten als Erfurt und Jena.

Gekommen waren vor allem die ohnehin Kulturaffinen Bürger aber noch geht es auch nicht ans "Eingemachte" (Foto: Angelo Glashagel) Gekommen waren vor allem die ohnehin Kulturaffinen Bürger aber noch geht es auch nicht ans "Eingemachte" (Foto: Angelo Glashagel) Ein andere Punkt kam leider kaum zur Sprache und das war die Restaurierung des Hauses. Ohne Bühne gibt es auch kein Theater. Grundsätzlich aber herrschte Konsens. "Ja zum "Dreieck" aber mit Bonus" - so die Zusammenfassung von Barbara Rinke, die den Abend moderiert hatte.

Das es im Saal jede Menge Zustimmung gab, dürfte auch daran gelegen haben das es vor allem die ohnehin Kulturaffinen Nordhäuser ins Theater gezogen hatte, die "üblichen Verdächtigen" wenn man so will. Ob sich auch weitere Kreise wie anno 2004 wieder hinter das Theater stellen, wird sich zeigen wenn es doch noch ans "Eingemachte" gehen sollte.

Ob es soweit kommt, wird man schon recht bald wissen: Minister Hoff wird am 2. Dezember mit den zuständigen Ausschüssen aus Sondershausen und Nordhausen beraten und für den 14.12 plant man einen zweiten Bürgerdialog in Anwesenheit des Ministers, dann wieder im Theater.
Angelo Glashagel
Autor: red

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