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Sa, 10:24 Uhr
27.05.2023
nnz-Forum

Süße und saure DDR-Lutscher

Im Nachmittagsprogramm des anstehenden Arreefestes in Niedersachswerfen soll es insgesamt 200 DDR-Lutscher geben, sozusagen als süßes oder saures Geschmackserlebnis aus einer vergangenen Zeit. Darüber berichtet Tim Schäfer…

Am Samstag, dem 3. Juni, ab 14 Uhr beginnt das vielfältige Nachmittagsprogramm, welches der Arree-Traditions-Verein für die Arrees und Gäste, die herzlich eingeladen sind, aufgelegt hat. 16.30 Uhr werden kostenlos zweihundert DDR Frucht- Cola Lutscher, als eine Erinnerung an die Kindheit, verteilt. Das soll zuckersüß einstimmen auf den Bildvortrag „Niedersachswerfen im Aufbau der 1950-er Jahre (DDR)“.

DDR-Lutscher werden heute noch hergestellt und angepriesen, als Genuss und Symbol von Freiheit und Erinnerung an die Kindheit. Diese Süßigkeit hat deutschlandweit seine Freunde und ihren Markt gefunden. Glaubt man der heutigen Kommerzwelt, wurde bis heute damit eine neue Art süße und saure Freiheit erhalten?

Die DDR ist seit 1990 Vergangenheit. Die deutsche Einheit wurde hergestellt. Damals ist der ehemalige Osten, die DDR, der BR-Deutschland beigetreten. Der beliebte DDR Lutscher blieb. Ist modern bis heute, sozusagen sinnbildlich ebenso süß – sauer, wie wohl auch die DDR gewesen ist, so die Werbung. Etwas trivialisierend, oberflächlich, womöglich gut fürs Geschäft.

DDR-Geschichte ist ein big Deal. Folgt man der Werbung heute, symbolisiert ein solcher DDR Lutscher die Freiheit. Demnach als Symbol der Freiheit, denn er sei ein Geschenk an diejenigen, die unter dem Einfluss des Kommunismus lebten. Weiter symbolisiert er heute für Zeitgenossen die Freiheit, sich selbst zu entscheiden, was man kaufen möchte und welchen Geschmack man bevorzugt.

Der DDR Lutscher sei ein Geschmackserlebnis, das man nicht so schnell vergisst. Er schmeckt süß und sauer zugleich und ist eine perfekte Erinnerung an die Zeit, in der die DDR noch existierte. Wenn man den Lutscher isst, fühle man sich, als würde man die Freiheit schmecken. Dieser Lutscher sei ein Symbol für alles, was gut an der DDR gewesen sein soll. Er erinnert daran, dass es möglich ist, auch in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten und solidarisch zu sein. Große Worte für eine kleine Süßigkeit, etwas Ironie mag da mitschwingen.

Besser wäre es für Deutschland, wenn man die Geschichte der DDR nicht vorzugsweise einseitig, verkürzt oder trivial darstellen würde. Die DDR Geschichte betrifft das Leben vieler Menschen und es wurde auch in der DDR gelebt. Für diese Menschen ist die Erinnerung primär, erst danach kam der Westen. Im Westen ist die Geschichtsansicht mitunter eben andersherum. Das schlechte, ärmere Ostdeutschland steht hinten an und ist stigmatisiert. Dabei waren die Systembedingungen für die Menschen, die Frage kalter Krieg und sw. beidseitig geprägt. Seit der Deutschen Einheit hört man aber kaum von westlichen Bestrebungen, Strategien und Aktionen gegen den Osten, als wenn es diese nicht gegeben hätte. Man wird sich damit keinen Gefallen tun, es wird doch, Schritt für Schritt herauskommen.

In Kürze jährt sich der „Volksaufstand“ zum 17. Juni 1953 (70 Jahre). Die offiziellen Statements, Schriften und Reden dazu werden insoweit als einseitig angesehen werden können, sofern eben nicht, so wie es bspw. in Nordhausen (Betrieb wie Schlepperwerk) war, die Westberliner Kampfgruppe (KGU) „hunderte Flugblätter“ (Quelle R. Hellberg) und Aktion platzierte, also fleißig mitputschen wollte, auch mit benannt wird. Nur mal so exemplarisch angemerkt.

Süß oder sauer, so konnte die DDR erlebt werden, um den Bogen zu schließen. In diesem Sinne steht auch der Bildvortrag, der mit einigen Filmausschnitten aus Niedersachswerfen zur Eröffnung des Volksbades (1957) und der 750 Jahrfeier (1958) unterlegt ist. Ein Vortrag zu den 1950-er mit ausschließlich Bildern aus Niedersachswerfen, der auf die ersten 10 Jahre der Existenz der DDR, das wahre Leben damals im heutigen Harztor der nördlichen Provinz Thüringens im Landkreis Nordhausen beleuchten und erinnern soll. DDR Lutscher und Bildvortrag sind vielleicht eine einzigartige Erinnerung an die Zeit, in der das Leben in Ostdeutschland so anders war als im Westen.

Der Geschmack des DDR Lutschers und die 1950-er Jahre sind für viele Menschen auch heute noch unvergesslich und erinnern sie an die Kindheit, die aber auch Flucht, Verlust und Strafe bedeuten konnte.
Nicht zuletzt. Ein neuer chronologischer Abriss zu Niedersachswerfen im Aufbau der 1950-er Jahre/DDR ist für nicht kommerzielle Zwecke frei nutzbar, im Internet und der Deutschen Bibliothek recherchierbar. Der 5 teilige Abris umfasst 259 Seiten mit etwa 170 Abbildungen.
Tim Schäfer
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
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Kommentare
Gehard Gösebrecht
28.05.2023, 12.29 Uhr
So viele Lutscher
Aber die meisten Lutscher gibt es seit der Wiedervereinigung.
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