Sa, 18:09 Uhr
06.11.2021
DIW-Studie
Ärmere häufiger und früher pflegebedürftig
Ärmere Personen haben ein höheres Risiko, pflegebedürftig zu werden und sind früher auf Pflege angewiesen als Menschen mit hohen Einkommen. Gleiches gilt für Arbeiter und Arbeiterinnen im Vergleich zu Beamten und Beamtinnen sowie für Menschen mit hohen Arbeitsbelastungen im Vergleich zu Personen mit niedrigen beruflichen Belastungen...
Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass Menschen mit niedrigen Einkommen zudem eine deutlich geringere Lebenserwartung als Besserverdienende haben. Nicht nur Einkommen und Lebenserwartung sind in Deutschland sozial ungleich verteilt, sondern auch das Pflegerisiko, stellt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin, fest. Für die aktuelle Analyse hat er mit seinen DIW-Kollegen Johannes Geyer, Hannes Kröger und Maximilian Schaller Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet.
Pflegebedürftigkeit hängt nicht nur vom Alter ab
Ende des Jahres 2020 wurden knapp 3,5 Millionen Menschen ambulant gepflegt. Dabei sind Männer, die direkt vor dem Renteneintritt weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient haben, etwa sechs Jahre früher auf die häusliche Pflege angewiesen als Männer mit mehr als 150 Prozent des mittleren Einkommens. Bei Frauen beträgt die Differenz rund dreieinhalb Jahre.
Auch nach der beruflichen Stellung zeigen sich Unterschiede: Arbeiterinnen und Arbeiter werden durchschnittlich etwa vier Jahre früher pflegebedürftig als Beamtinnen und Beamte. Um den Einfluss von physischen und psychosozialen Arbeitsbelastungen zu untersuchen, wurde der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ein Indexwert von eins (geringe Belastungen) bis zehn (hohe Belastungen) zugeordnet. Es zeigt sich: Männer und Frauen mit hohen beruflichen Belastungen haben durchschnittlich 4,7 beziehungsweise 2,7 weniger Lebensjahre, in denen sie nicht auf die Pflege durch andere angewiesen sind, als Personen mit niedrigen Belastungen.
Pflegebedürftigkeit hängt also nicht nur vom Alter ab und tritt auch nicht zufällig auf. Im Gegenteil: Die Pflegebedürftigkeit wird durch Gesellschaft, Einkommen und Arbeitswelt beeinflusst, erklärt Johannes Geyer. Die Kosten für die Pflege werden in Deutschland nur teilweise durch die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckt – der Rest muss privat getragen werden. Zudem werden bei der informellen Pflege Angehörige häufig zeitlich, physisch und psychisch belastet. Da Menschen mit geringen Einkommen oder einer hohen beruflichen Belastung ein höheres Pflegerisiko haben, treten die Kosten für sie häufiger auf und reduzieren die ohnehin geringeren verfügbaren Einkommen. Um diese Ungleichheit zu bekämpfen, brauchen wir sozialpolitische Maßnahmen, die das ausgleichen. Wir brauchen dabei sowohl Konzepte, die sofort greifen, als auch solche, die langfristig angelegt sind, fordert Peter Haan.
Eine nachhaltige Politik sollte bereits in der Erwerbsphase ansetzen und dort beispielsweise die Arbeitsbelastungen verringern, um das Pflegerisiko präventiv zu reduzieren. Kurzfristig sollten die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgebaut und die Qualität und das Angebot in der Pflege erhöht werden. Alternativ können auch private Zuzahlungen stärker vom Einkommen abhängig gemacht werden. Auch eine Bürgerversicherung, in der private und gesetzliche Pflegeversicherung zusammengebracht werden, könnte die Ungleichheit reduzieren, da das Pflegerisiko von Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist als bei Menschen mit gesetzlicher Versicherung.
Autor: redDas sind die Ergebnisse einer neuen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass Menschen mit niedrigen Einkommen zudem eine deutlich geringere Lebenserwartung als Besserverdienende haben. Nicht nur Einkommen und Lebenserwartung sind in Deutschland sozial ungleich verteilt, sondern auch das Pflegerisiko, stellt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin, fest. Für die aktuelle Analyse hat er mit seinen DIW-Kollegen Johannes Geyer, Hannes Kröger und Maximilian Schaller Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet.
Pflegebedürftigkeit hängt nicht nur vom Alter ab
Ende des Jahres 2020 wurden knapp 3,5 Millionen Menschen ambulant gepflegt. Dabei sind Männer, die direkt vor dem Renteneintritt weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient haben, etwa sechs Jahre früher auf die häusliche Pflege angewiesen als Männer mit mehr als 150 Prozent des mittleren Einkommens. Bei Frauen beträgt die Differenz rund dreieinhalb Jahre.
Auch nach der beruflichen Stellung zeigen sich Unterschiede: Arbeiterinnen und Arbeiter werden durchschnittlich etwa vier Jahre früher pflegebedürftig als Beamtinnen und Beamte. Um den Einfluss von physischen und psychosozialen Arbeitsbelastungen zu untersuchen, wurde der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ein Indexwert von eins (geringe Belastungen) bis zehn (hohe Belastungen) zugeordnet. Es zeigt sich: Männer und Frauen mit hohen beruflichen Belastungen haben durchschnittlich 4,7 beziehungsweise 2,7 weniger Lebensjahre, in denen sie nicht auf die Pflege durch andere angewiesen sind, als Personen mit niedrigen Belastungen.
Pflegebedürftigkeit hängt also nicht nur vom Alter ab und tritt auch nicht zufällig auf. Im Gegenteil: Die Pflegebedürftigkeit wird durch Gesellschaft, Einkommen und Arbeitswelt beeinflusst, erklärt Johannes Geyer. Die Kosten für die Pflege werden in Deutschland nur teilweise durch die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckt – der Rest muss privat getragen werden. Zudem werden bei der informellen Pflege Angehörige häufig zeitlich, physisch und psychisch belastet. Da Menschen mit geringen Einkommen oder einer hohen beruflichen Belastung ein höheres Pflegerisiko haben, treten die Kosten für sie häufiger auf und reduzieren die ohnehin geringeren verfügbaren Einkommen. Um diese Ungleichheit zu bekämpfen, brauchen wir sozialpolitische Maßnahmen, die das ausgleichen. Wir brauchen dabei sowohl Konzepte, die sofort greifen, als auch solche, die langfristig angelegt sind, fordert Peter Haan.
Eine nachhaltige Politik sollte bereits in der Erwerbsphase ansetzen und dort beispielsweise die Arbeitsbelastungen verringern, um das Pflegerisiko präventiv zu reduzieren. Kurzfristig sollten die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgebaut und die Qualität und das Angebot in der Pflege erhöht werden. Alternativ können auch private Zuzahlungen stärker vom Einkommen abhängig gemacht werden. Auch eine Bürgerversicherung, in der private und gesetzliche Pflegeversicherung zusammengebracht werden, könnte die Ungleichheit reduzieren, da das Pflegerisiko von Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist als bei Menschen mit gesetzlicher Versicherung.
Kommentare
Halssteckenbleib
06.11.2021, 19.58 Uhr
Ärmere sind auch
häufiger krank. Wem nützen solche Studienergebnisse wenn sich doch nichts ändert?Braucht kein Mensch.Ich jedenfalls nicht.Die Schere zwischen arm und reich klafft eh immer weiter auseinander.Soll vermutlich auch so sein....
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altmeister
06.11.2021, 20.57 Uhr
Solidargemeinschaft
Der Begriff in der Überschrift ist schon lange nur noch das Papier wert, auf dem es gedruckt wurde.
Fängt bei Versicherungen an, welche Sonderrabatte für Beamte und öffentlich Bedienstete geben, geht weiter mit den Zuschüssen zur privaten Altersversorgung, welche letztendlich aus dem Steuertopf kommen und nicht selbst erwirtschaftet werden, hin zu Pensionseintritten, bei voller Pension, Mitte der Fünfzig.
Gibt noch eine Menge mehr, das sind nur einige Beispiele.
Aber auf dem Bau, in der Pflege usw. soll bis 70 gearbeitet werden!
Da arbeitet dann der 70jährige Dachdecker, Maurer, Maler, Elektriker beim 55jährigen pensionierten Beamten.
Super!
Der Artikel hier zeigt aber ganz deutlich, dass diese Gedanken nichts mit Sozialneid zu tun haben, sondern bestätigt, dass in unserer Gesellschaft die Schaffung von Werten, die Voraussetzung für das funktionieren der Gesellschaft und somit die Finanzierung der Gesellschaft bei weitem nicht anerkannt ist.
Verwaltung ist anscheinend wichtiger und diese Personen in der Verwaltung entscheiden letztendlich auch über ihr Einkommen.
Fängt bei Versicherungen an, welche Sonderrabatte für Beamte und öffentlich Bedienstete geben, geht weiter mit den Zuschüssen zur privaten Altersversorgung, welche letztendlich aus dem Steuertopf kommen und nicht selbst erwirtschaftet werden, hin zu Pensionseintritten, bei voller Pension, Mitte der Fünfzig.
Gibt noch eine Menge mehr, das sind nur einige Beispiele.
Aber auf dem Bau, in der Pflege usw. soll bis 70 gearbeitet werden!
Da arbeitet dann der 70jährige Dachdecker, Maurer, Maler, Elektriker beim 55jährigen pensionierten Beamten.
Super!
Der Artikel hier zeigt aber ganz deutlich, dass diese Gedanken nichts mit Sozialneid zu tun haben, sondern bestätigt, dass in unserer Gesellschaft die Schaffung von Werten, die Voraussetzung für das funktionieren der Gesellschaft und somit die Finanzierung der Gesellschaft bei weitem nicht anerkannt ist.
Verwaltung ist anscheinend wichtiger und diese Personen in der Verwaltung entscheiden letztendlich auch über ihr Einkommen.
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Gehard Gösebrecht
07.11.2021, 11.48 Uhr
Im Endeffekt ist es egal
Zwar sind Arbeiter meistens Geringverdiener und vermeintlich schneller oder früher in Pflege und Bundesbeamte beim sitzen im Büro länger fitt, aber zum Schluss sind alle gleich.
Der eine wird mangels Einkünfte und Ersparnisse zum Sozialfall und der Beamte kann bei Einzug ins Pflegeheim auf seine üppige Persion zurückgreifen.
Am Ende kommen beide nicht mehr lebendig aus der Einrichtung, erfahren die selbe Behandlung und werden bis zum Schluss vom Steuerzahler alimentiert.
Der eine wird mangels Einkünfte und Ersparnisse zum Sozialfall und der Beamte kann bei Einzug ins Pflegeheim auf seine üppige Persion zurückgreifen.
Am Ende kommen beide nicht mehr lebendig aus der Einrichtung, erfahren die selbe Behandlung und werden bis zum Schluss vom Steuerzahler alimentiert.
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