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Mo, 19:30 Uhr
15.03.2021
Landrat Jendricke kritisiert Corona-Maßnahmen des Landes

„Einige Entscheidungen sind völlig absurd“

Im heutigen Kreisausschuss sollte unter anderem über die Vergabe einer beratenden Leistung für die Verwaltung entschieden werden. Doch daraus wurde letztlich nichts, was die Versammlung deutlich verlängerte und ähnlich wie die Hauptausschusssitzung der Stadt in Rekordnähe brachte. Nur in die andere zeitliche Richtung …

Imposante Deckenlampe im großen Plenarsaal (Foto: oas) Imposante Deckenlampe im großen Plenarsaal (Foto: oas)


Nach knapp zwei Stunden wurde die Nichtöffentlichkeit im großen Plenarsaal des Landratsamtes hergestellt und die Pressevertreter durften gehen. Zuvor gab es anfänglich die frohe Kunde, dass 500 iPads für die kreiseigenen Regelschulen und Gymnasien eingetroffen seien, 200 nicht näher bestimmte Laptops obendrauf und weitere 500 Apple-Produkte seien noch unterwegs, weil die ausliefernde Firma wegen Corona und der weltweiten Umstellung auf Digitalunterricht Lieferschwierigkeiten hätte.

Beim Thema Schule beteuerte der Landrat, dass er froh sei, alle Schulformen im Landkreis geöffnet halten zum können. Bei einer derzeitigen Inzidenz von 75 und einer seit fast zwei Monaten unter 100 befindlichen, geht er davon aus, bis zu den Osterferien regulären Unterricht gewährleisten zu können. Zu den Prophezeiungen des Robert-Koch-Instituts, das nach Ostern mit höheren Corona-Fallzahlen als Weihnachten rechnet, sagte Matthias Jendricke: „ich sehe diese Horrorszenario nicht und bin dagegen, dass wieder vorfristig Öffnungschancen kleingeredet werden.“ Inzwischen wären die Gesundheitsämter durchaus in der Lage mit Inzidenzwerten um die 100 bei der Kontaktverfolgung fertig zu werden. Er persönlich halte einen Wert von 35 als Maßstab für „völlig abwegig“. In den Krankenhäusern wie beispielsweise dem Südharz Klinikum ginge die Anzahl von schweren Fällen zurück, was auch ein Erfolg der ersten Impftermine in Seniorenheimen sein dürfte.

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Im kreiseigenen Schnelltestzentrum wurden bisher im März 1 100 Personen getestet aber es wären auch noch viel mehr möglich. Das vormalige VIP-Zelt des ehemaligen Regionalligisten FSV Wacker 90 steht nun auf dem Gelände des Autodroms als zweites Testzentrum im Kreis. Jendricke versicherte, auch weitere Testzentren in anderen Ecken des Kreises einrichten und betreiben zu können, wenn mehr Bedarf danach ist.

Mit der Thüringer Sozialministerin habe er am Nachmittag telefoniert und ihr vorgeschlagen, dass Personen mit einem eben absolvierten Schnelltest ab Samstag oder spätestens Montag wieder in Baumärkte oder Fitnessstudios des Kreises zugelassen werden sollten. Weiterhin habe er sich dafür eingesetzt, die in Mecklenburg/Vorpommern bewährte Luca-App zur Kontaktverfolgung auch in Thüringen einzusetzen.

Ob es dem eigenen Wahlkampf um seinen Posten geschuldet war oder einer echten Empörung sei dahingestellt, jedoch redete sich der Landrat nun in Rage und bemerkte süffisant, er kenne kein Schuhgeschäft, in dem nur Kinderschuhe verkauft würden. Vielleicht gäbe es so etwas ja in Erfurt, hier aber nicht. Jendricke habe die Ministerin auch auf ein in der letzten Woche von einem Oberverwaltungsgericht im Saarland gefälltes Urteil hingewiesen, wonach es unzulässig ist, die Baumärkte weiter geschlossen zu halten. „Wir haben im Landkreis seit Januar eine Inzidenz von unter 100 und ich erwarte mehr Differenzierungen bei den Maßnahmen nach den jeweiligen Gebieten. Manche der Entscheidungen sind völlig absurd“, kritisierte er auch die Thüringer Landesregierung. „Ich hoffe auf mehr Weitsicht und pragmatischeres Handeln“, schloss der Landrat seinen Rundumschlag.

Dann wurden vier Anträge über 50000 Euro durchgewinkt, bei denen es um das Projekt „Partnerschaftliche Demokratie“, Kabinettserneuerung im beruflichen Gymnasium, die Brandschutzanlage der Wiedigsburghalle und eine Kreisstraße bei Kehmstedt ging. Alles wird noch mit Restmitteln aus dem Haushalt des Vorjahres finanziert.

Anschließend folgten die Vergabeentscheidungen und gleich bei der ersten stockte der zügige Verlauf des Kreisausschusses. Auf der Tagesordnung stand ein Auftrag an eine externe Beraterfirma, die im nächsten Jahr die Abläufe in der Verwaltung beobachten und bewerten soll. Das ist nicht der Wunsch der Kreisverwaltung gewesen, aber bei Kreisen wie Nordhausen, die über Jahre hohe Bedarfszuweisungen bekommen nicht ungewöhnlich. Auch den Unstrut-Hainich-Kreis, als den zweiten Thüringer Kreis mit solche finanziellen Vergünstigungen, hatte eine solche Revision schon ereilt. Kostenpunkt der Aktion 220 000 Euro, drei Firmen wurden vom Weimarer Landesverwaltungsamt als Nutznießer der Kontrollmaßnahmen zur Auswahl vorgegeben.Eine gab gar kein Angebot ab, die andere zog ihres in der letzten Woche zurück und übrig blieb ein Unternehmen, dass nun 70 000 Euro mehr bekommen soll, als ursprünglich für diese Leistung veranschlagt waren. Das gefiel keiner der anwesenden Fraktionen und von AfD bis LINKE kam Widerspruch gegen die Art und Weise, wie hier diktiert werden soll, wer welchen Auftrag erhält. Matthias Jendricke argumentierte ganz pragmatisch, man müsse abwägen, ob man die 220 000 Euro ausgeben wolle, um weitere Millionen an Bedarfszuweisung zu erhalten, oder ob der Kreis darauf verzichten müsse, weil sich das Landesverwaltungsamt verschnupft zeigen könnte, wenn der Vertrag mit der ausgewählten Firma nicht zustande käme. Auch der Kämmerer bestätigte seinen Chef und äußerte die Befürchtung, dass genau das passieren könnte und die Haushaltskonsolidierung bis 2024 bei einer Ablehnung der Maßnahme in Gefahr geraten könnte.

Die Fraktionsführer grummelten noch ein bisschen weiter und schließlich wurde die Entscheidung vertagt. So konnten beide Seiten ihr Gesicht wahren und werden erst später genau diesen Revisionsabsichten zustimmen.

Bei der nächsten Vergabe über einen ähnlich hohen Betrag ging es schneller: Das Landratsamt, seit letztem Jahr im Eigentum des Kreises, erhält für 200 000 Euro am gesamten Gebäude Außenjalousien. Das wurde einstimmig begrüßt und ohne Diskussionen beschlossen. Auch Leistungen für Elektroarbeiten und das Baugerüst am Landratsamt gingen durch sowie auch die Fliesenverlegung im Bleicherode Schillergymnasium, die nun einen Auftragnehmer vorweist.

Am Rande der Sitzung sickerte die Nachricht durch, dass der Coronaschutz-Impfstoff von Astra Zeneca in Deutschland vorerst nicht weiter genutzt werden darf. Wir erinnern uns: Das ist jenes Vakzin, das genau so sicher ist wie alle anderen, zugelassen von der Europäischen Arzneimittel Agentur und der Stoff mit dem sich bis heute Nachmittag noch jeder zweite deutsche Politiker gut und gerne impfen lassen wollte. Aber das ist wieder eine andere Geschichte und gehört selbstverständlich nicht zum heutigen Kreisausschuss.
Olaf Schulze
Autor: osch

Kommentare
Kama99
15.03.2021, 21.41 Uhr
Welch ein Schwachsinn
Mit Schnelltest könnte ich im Baumarkt einkaufen aber ohne geht's problemlos in den Gartenmarkt unter gleichem Dach. Hoch lebe Thüringen.
Halssteckenbleib
15.03.2021, 22.52 Uhr
Ich lach
mich dumm und dämlich.War heute Mal in Action.Allen Plunder verkaufen die.Nur das was man braucht das dürfen die nicht verkaufen.Drehn alle irgendwie am Rad.Glaube die habens nicht nötig was zu verkaufen.Sollnse Heime bleiben wennse nüscht verkaufen wollen.Action kann ich auch in TV sehen.
Gudrun1974
16.03.2021, 07.17 Uhr
Direkter Druck auf Erfurt, so soll es sein
Telefonhörer in die Hand und direkt Druck machen in Erfurt. Genau das ist der richtige Weg! Nur so erreicht man Veränderungen und stellt die Situation, die "unten" herrscht, nach "oben" durch.
Flitzpiepe
16.03.2021, 08.02 Uhr
Ich lache auch
Das habe ich gerade bei einem IT Fachmagazin gelesen:
'Mit den Corona-Selbsttests von Aldi kann sich jeder ein negatives CoVid-Zertifikat ausstellen, ohne je einen Test zu kaufen'
geloescht.20230927
16.03.2021, 08.34 Uhr
@Reinhard Noske |
Träumen Sie mal schön weiter!
Da hilft was ganz anderes. :-)
larsjc
16.03.2021, 09.50 Uhr
Halssteckenbleib , sie wiedersprechen sich selbst.....
Erst stellen sie richtig fest, das die dort bestimmte Artikel nicht verkaufen dürfen, was ja nun mal behördlich fest gelegt ist und unterstellen dann das man keine Lust habe etwas zu verkaufen.
Sie haben aber schon festgestellt das wir seit einem Jahr eine Pandemie haben und das mancher froh ist wenigstens etwas zu verkaufen als die Leute zu entlassen und nach hause zu schicken.
harzwj
16.03.2021, 10.13 Uhr
Druck "nach oben",...
was bringt uns das (noch)? Dies Frage ist wohl aktueller, denn je.
Wozu brauchen wir in Thüringen (noch) ein Landesverwaltungsamt? Diese Behörde ist wie ein "Kropf". Oftmals eine "Verhinderungsbehörde" für an sich gute und von den örtlichen Behörden gut durchdachte Projekte in den Kommunen. Andere Bundesländer haben diese "Behörde" längst abgeschafft. Warum wohl?
Unsere Baumärkte und ander Einrichtungen haben, trotz stabiler Inzidenszahlen in unserem Landkreis, weiter geschlossen. Das versteht (fast) kein normal denkender Mensch mehr. Was auch die bisherigen Kommentare zu diesem Thema mehrheitlich zum Ausdruck bringen. Warum lassen sich das die "Marktbetreiber" überhaupt noch gefallen? Werden sie von der Regierung so finanziell ausgestattet, dass sie keine betriebswirtschaftlichen Nachteile haben? Kaum zu glauben? Also, warum machen sie alle, in Abstimmung mit unserem Landrat, nicht eine "konzertierte Aktion"? Öffnen Sie alle ab einem zu bestimmenden Tag für ihre Kunden ihre Filialen. Ich möchte die Behörde sehen, die dann Sanktionen verhängt? Mehr Mut für die Normalität, auch unter Beachtung erforderlicher Hygienemaßnahmen! Die ja bereits anschaulich praktiziert wurden!! Dann noch etwas zur Bereitstellung von "Lernhilfen" über PC, etc.. Denken Sie auch daran, dass es nicht wenige "weiße Flecken" in unserem Landkreis gibt, wo kein schnelles Internet zur Verfügung steht. Auch da wohnen Schüler, die ihre "Lernhilfen" nutzen wollen. Aber auf Grund der "mittelalterlichen Verhältnisse" im digitalen Bereich erhebliche Probleme haben.
Es gibt also viel zu tun in diesen schweren Zeiten.
Bleiben Sie alle schön gesund in der Hoffnung auf Entspannung.
Bodo Schwarzberg
17.03.2021, 00.54 Uhr
Jendricke und seine Wahlkampfinsel
Es ist ein Drama mit den immer noch geschlossenen Baumärkten, Fitnesstudios usw. Dennoch sollte auch ein im Wahlkampf glühender Landrat Jendricke vorsichtiger argumentieren.

Die 7-Tage-Inzidenzen sind auch im Landkreis Nordhausen wieder tendenziell angestiegen, was er offenbar für nicht so wichtig hält. Jendrickes Kreis ist aber nicht Taiwan und nicht Neuseeland. Die Grenzen sind offen und werden von zahlreichen Personen passiert.
Sollten die Prognosen der Virologen zutreffen (und die haben bisher leider meist zugetroffen), so wird sich logischerweise auch im Landkreis Nordhausen der Trend zu steigenden Infektionszahlen fortsetzen.

Ob sich das dann noch durch steigende Testzahlen auffangen ließe, ist momentan eine offene Frage, da ja auch nur lückenlose Tests bei steigenden Infektionszahlen in der Fläche wirklich erfolgverbsprechend sind. Diese wird es aber zumindest vorerst wohl kaum geben.

Schon jetzt beklagen Intensivmediziner, dass sich die bundesweit stark steigenden Infektionszahlen bald auch auf den ITS in einem höheren Anteil schwerkranker Patienten niederschlagen werden, und zwar bei den überwiegend noch nicht geimpften 50-70-jährigen.
Und wie ich schon einmal schrieb: Die Gefahr von wieder mehr schwer nach Luft ringenden Menschen (die man sich ruhig einmal für dem Hintergrund abstrakter Zahlenmeere bildlich vorstellen sollte) muss dann argumentativ den ohne Zweifel auch bestehenden anderen Gefahren geschlossener Geschäfte gegenübergestellt werden.

Immer mehr Landkreise nehmen auf Grund der bedenklichen Entwicklung bereits gewährte Lockerungen wieder zurück.

Jendricke sollte daher vorsichtig sein und seinen Blick etwas weiten. Er ist zwar Wahlkämpfer, in erster Linie aber Landrat mit einer großen Verantwortung, für Baumärkte und Menschen gleichermaßen.

Bis nach nach Ostern werden wir sehen, ob Jendrickes Zweckoptimismus wider Erwarten gerechtfertigt ist.

Ich bin überzeugt davon, dass sich einzelne Objekte mit einer Mischung aus streng überwachten AHA-Regeln und einer ebenso strengen Test- und Einlassstrategie sicher öffnen lassen. Das aber wird steigende Infektionszahlen und deren Folgen im Landkreis als Ganzes nicht verhindern.
Halssteckenbleib
17.03.2021, 21.19 Uhr
larsjc
Sie haben gläubig nicht richtig gelesen oder verstanden.Bitte nehmen sie sich mehr Zeit.Danke!
Hector_Landers
21.03.2021, 15.12 Uhr
einige entscheidungen?
bislang waren ALLE entscheidungen irrsinnig!!!
so wird ein schuh draus.
Hector_Landers
21.03.2021, 15.25 Uhr
ich zitiere mal...
... unseren gesundheitsminister j. spahn, übrigens gelernter bankkaufmann:

"mit dem wissen von heute, würden wir so etwas (lockdown) nicht mehr machen".

wie war das nochmal?

"ich weiß nichts, macht nichts"
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