Wenn der Herr Prof. Zwanziger sich an der Hochschule die Ehre gibt, dann weiß man, es weihnachtet bald. An deutschen Hochschulen hat die Weihnachtsvorlesung gute Tradition und in Nordhausen konnte man sich heute wieder an einem hochprozentigen Jahresrückblick erfreuen. Natürlich auf Nordhisser Platt...


Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind die Möglichkeiten derart unbegrenzt, dass ein krimineller Psychopath regieren darf, in Deutschland denkt man nicht mehr weiter als die Kuh scheißt, die Volksparteien ergehen sich in exzessiver Selbstbefriedigung oder die eigene Talfahrt noch beschleunigen, kurzum: im Jahr 2018 hat die Dummheit weiter um sich gegriffen.

Von der #MeToo-Bewegung über den Dieselskandal und Elektrofahrzeuge bis zur Bildungsmisere, Medienschelte und dem Recht auf freie Meinungsäußerung oder deren Abwesenheit - Prof. Zwanziger in seinem Lauf hielt am Abend weder Ochs noch Esel auf. Das schaffte allenfalls eine kleine Schnappspause und auch die wärte, ihrer Natur nach, nur "kurz".

Und wenn der Zwanziger aus dem staubtrockenen Sommer Lehren über die Natur der Marktwirtschaft und die Leiden der Landwirte zieht oder sich als Musikkritiker versucht, dann bleibt kein Auge trocken. Nordhausens ureigenster Professor ließ zu seinem Jahresrückblick am Abend im Audimax der Hochschule kaum ein Thema aus. Das lokale Geschehen kam etwas kürzer, aber dafür gibt es ja die Rolandsgruppe und ihr Fest. Und über das konnte sich der Zwanziger nicht beschweren, die Mädels aus der Kulturabteilung hätten das super hingekriegt. Nur die Stadtordnung, die sei eher ein Märchenbuch.


Überhaupt Märchen: auf den Ritt durch die harte Realität des Jahres folgte auch in dieses mal wieder ein Ausflug in die Grimm'sche Märchenwelt. Der Professor nahm sich das Schneewittchen vor, natürlich in Ort und Wort lokalisiert. Wenn die holde Prinzessin vom Jäger ausgesetzt wird, dann natürlich am A**** der Welt, also mitten im Sonderhäuser Zentrum. Und wie das Märchen weiß, soll Schneewittchen vom Jägersmann auf Geheiß der Königin ordentlich verwurstet werden, deswegen lässt sich letztere sich auch mit echtem Eichsfelder Gehacktes abspeißen. Die tapferen Zwerge sind keine Bergmänner, sondern Nordhäuser Brennmeister, denen ihre geringe Höhe bei allzu ausgiebigen Verkostungen zu Gute kommt, und, und, und.

Zu verdanken hatte man den Spaß am Jahresende zum wiederholten Male dem wissenschaftlichen Verein der Hochschule, die den einzig Echten Nordhäuser Prof. in den Lesesaal gebeten hatte. Den Brannteweyn hatte der Herr Magister freilich selber mitgebracht, die Hochschule sorgte mit Dresdner Stollen und Glühwein für die zahlreich erschienenen Gäste.

Wer den hochprozentigen Jahresrückblick verpasst hat, der mag zu bemitleiden sein, muss aber nicht verzagen: das Radio Enno wird Auszüge aus den Betrachtungen des Professors wie auch seine Märcheninterpretation demnächst über den Äther schicken.
Angelo Glashagel