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So, 18:00 Uhr
11.11.2018
IM GESPRÄCH MIT BESTATTERMEISTER ECKHARD SCHADE

Mein Mann ist jetzt ein Diamant

Alte Bestattungsrituale sind kaum noch bekannt. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Riten rund um die Bestattung liberalisiert. Feuer- und Erdbestattungen dominieren. Andere Formen nehmen zu. Was auch immer, die Aufgaben rund um Tod und Beisetzung werden in die geschulten Hände eines Bestatters gelegt...

Vielseitig sind mitunter die Wünsche der Hinterbliebenen  für eine Bestattung ihrer Verstorbenen. Eckhard Schade erfüllt sie gern. (Foto: Kurt Frank) Vielseitig sind mitunter die Wünsche der Hinterbliebenen für eine Bestattung ihrer Verstorbenen. Eckhard Schade erfüllt sie gern. (Foto: Kurt Frank) Vielseitig sind mitunter die Wünsche der Hinterbliebenen für eine Bestattung ihrer Verstorbenen. Eckhard Schade erfüllt sie gern.

Nordhausen. Eine vielseitige Dienstleistung sei das Bestattungswesen geworden. Sagt Bestatter Eckhard Schade. So äußerten viele Menschen zu Lebzeiten ihren Wunsch, wie und wo sie einmal ihre letzte Ruhe finden möchten und wie die Zeremonie ablaufen soll.

Manch einer möchte in einem Urnengrab im Friedwald neben einem Baum bestattet sein. Andere wollen, man möge ihre Asche der See anvertrauen. Oder über einen Berg verstreut wissen. Dritte möchten anonym bleiben. Manch einer statt einer Trauerrede Gedichte. Oder es musikalisch zur Beisetzung. Wer es besonders teuer mag, wählt eine Form, wo am Ende ein Diamant steht. Wünsche über Wünsche.

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Gelernt hat Eckhard Schade allerdings Betriebsschlosser. Auch seinen Meister für Maschinenbau machte er. Erst viele Jahre später erwarb er einen weiteren bedeutsamen Titel: Bestattermeister. Der 67-Jährige darf sich „fachlich geprüfter Bestatter“ nennen. Diesen Beruf ergriff er vor 28 Jahren: Am 1. Oktober 1990. Anlass, umzusatteln, war der Tod eines ihm nahe stehenden Menschen. Ihm gefiel absolut nicht, was sich da das Bestattungsunternehmen ausgedacht hatte. Schließlich nahm er alles selbst in die Hand. Dabei blieb es.

Die Zahl derer, die eine „Standardbestattung“ für ihre Angehörigen möchten, sei immer noch sehr hoch: 10 Prozent Erdbestattungen, das andere Einäscherungen und andere Formen. Mit Standard meint Schade Bestattungen, die zwischen 1000 und bis 5000 Euro kosten können. Je nach Ausstattung der Trauerfeier und den Wünschen der Hinterbliebenen. Zu kalkulieren seien auch Friedhofsgebühren und Steinmetzkosten. Etwa 90 Prozent aller Hinterbliebenen bevorzugten den Standardweg für ihre Verstorbenen.

Als Bestatter müsse er Wege finden, auch exzentrische Wünsche der Kunden zu erfüllen. Dazu gehörten nachhaltig produzierte Särge und Urnen, die etwas mit dem Lebensstil der Verstorbenen zu tun haben. Zwischen 400 verschiedenen Urnen können bei ihm die Hinterbliebenen wählen. Oder zwischen 15 unterschiedlichen Särgen.

Beispielsweise Urnen mit Motiv eines Berges, war doch der Verstorbene ein leidenschaftlicher Wanderer oder Bergsteiger. Oder eine Urne mit Jagdmotiv, eines Fisches oder Fußballs. Alles sei möglich, der Individualität des Toten angepasst. Wie viele Bestattungen er im Jahr ausrichte, mag Schade nicht sagen.

Bestattungen verbinden sich mit Würde, Respekt, Anstand und Sensibilität. Schon wenn die Hinterbliebenen ein Trauerhaus betreten, müssen sie die Würde des Hauses empfinden. Er habe viel in sein Unternehmen investiert, um dem gerecht zu werden. Er führe es mit seiner Frau und fünf ständigen Mitarbeitern. Auf das Wort „ständig“ lege er großen Wert. 250 Quadratmeter Arbeitsfläche bedürfe es schon, um all die Abläufe in die Reihe zu bekommen: Kühlung, Terminabsprachen, Trauerrede, Blumenschmuck, Musikstück, Anzeigen, Organisation der Kaffeetafel.

Auch im Bestattungswesen gehe es immer umweltbewusster zu: Särge ohne schädliche Lacke. Abbaubare Urnen aus natürlichen Rohstoffen wie Pflanzenextrakten, Kartoffelstärke, Bienenwachs. Totenkleider, die die Umwelt nicht belasten. Nicht mehr vergleichbar mit den Vorgängen von einst.

Mitunter, meint der Bestatter, falle es schwer, eine gewisse Ruhe und Distanz zur Realität seiner Arbeit zu bewahren. Vor allem dann, wenn er es mit blutjungen Menschen zu tun habe, die tragisch ums Leben kamen. Da war ein dreijähriges Kind. Da war der jugendliche Verkehrstote. „Fragen sie mich nicht nach dem Anblick, der sich mir bot“, sagt er und fügt hinzu: „So etwas vergisst man nicht. Sein Leben lang. Bestatter sind auch nur Menschen.“

Ob er bestätigen könne, dass die Leute immer älter würden. Die wenigsten, erklärt Eckhard Schade, würden aus Altersgründen sterben. Wohl aber nehme die Zahl derer zu, die einem Krebsleiden erliegen. Fast jeder Zweite. Das sei erschreckend

Es gebe Hinterbliebene, denen die Kosten völlig egal seien, und jene, denen es egal ist, wie der Angehörige bestattet werde. Die meisten aber, spricht Schade aus Erfahrung, möchten, dass der letzte Weg ein würdevoller sein soll. Wer heute Ungewöhnliches wolle, müsse eine Bestattung im Ausland beantragen, was meist problemlos genehmigt werde. Etwas Ungewöhnliches ist der Diamant, der von einem Menschen übrig bleibt.

Auf drei diamantene Bestattungen kann Eckhard Schade verweisen. Erst zwei in den letzten Jahren. Die noch relativ jungen Witwen, erst so Mitte 40, wollten nicht, dass ihre Männer in einem Sarg oder einer Urne irgendwo in der Erde liegen. Sie wollten einen Diamanten. Und scheuten die Kosten nicht. Ein Unternehmen in der Schweiz wurde damit beauftragt. Es hat alle Voraussetzungen, aus Knochenmasse oder Haaren eines geliebten Verstorbenen einen Diamanten zu pressen. Das geschieht in einem aufwendigen Verfahren unter extrem hohen Druck.

Für die trauernden Frauen ist der Diamant eine liebevolle Erinnerung. Stellen wir uns das so vor: Den glitzernden Stein nennen sie „ihren Schatz“. Halten sie ihn in das Licht, funkelt der Diamant. Sie zeigen ihn ab und an Bekannten. Manche sind verwundert. Andere fragen nach dem Wert. 0,42 Karat sollen es sein. Ob das wirklich einmal ein Mensch gewesen sei, fragen verwundert Kinder, wenn sie mitbekommen, was es mit dem Diamanten auf sich hat.
Kurt Frank
Autor: red

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