Fr, 08:00 Uhr
24.08.2018
Schülerin will Schwimmunterricht umkrempeln
Ein Seepferdchen macht noch keinen sicheren Schwimmer
Bei Gewitter sollte man nicht baden gehen und wer etwas gegessen hat, der sollte eine Weile warten bevor es wieder ins kühle Nass geht: Baderegeln, die jedes Kind kennt. Oder kennen sollte. Die Nordhäuser Schülerin Antonia Jahn hat sich des Themas angenommen und würde den Schwimmunterricht an den Schulen anders gestalten...
Foto: pixabay.com/HansMartinPaul
Wer kennt sie alle, die Baderegeln? Unter den Schülerinnen und Schülern der Albert-Kuntz-Grundschule waren das am vergangenen Mittwoch schon eine ganze Menge Kinder. Ein Jahr lang haben die Kinder in der 3. Klasse Schwimmunterricht, aktuell allerdings nur in der Theorie, das Badehaus ist wegen der jährlichen Wartungsarbeiten noch bis zum 27. August geschlossen.
Ans Wasser zieht es viele Kinder und ihre Familien natürlich trotzdem, Freibad und Kiesschacht locken. Eltern deren Kinder bereits schwimmen können, verbringen einen Tag am Wasser da sicherlich deutlich entspannter. Wie sicher sich die Kinder dabei im Wasser tatsächlich bewegen können, das würden manche Eltern aber unterschätzen, meint Antonia Jahn. "Das "Seepferdchen" gilt vielen als Zeichen das die Kinder nun sicher schwimmen können. Eigentlich sagt das Abzeichen aber nur aus das sich die Kinder auf 25 Metern über Wasser halten und einen Gegenstand aus Schultertiefe heraufholen können. Die DLRG, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, betrachtet das "Seepferdchen" noch nicht einmal als ordentliches Schwimmabzeichen, sondern eher als eine Motivation für die Kinder, besser schwimmen zu lernen", sagt die junge Frau.
Wer kennt die Baderegeln? Antonia Jahn erklärt worauf man beim baden achten muss
Sie selbst kann seit dem 6. Lebensjahr schwimmen und sei schon immer eine "Wasserratte" gewesen. Inzwischen ist die passionierte Schwimmerin 10 Jahre im Nordhäuser Schwimmverein aktiv und steht kurz vor dem Abitur am beruflichen Gymnasium. Zum Abschluss gehört auch eine Seminarfacharbeit und da lag es nahe sich mit dem Schwimmunterricht an den Schulen zu befassen.
In Thüringen findet der traditionell in der 3. Klasse statt und soll den Kindern die Grundlagen vermitteln. Das der auch durchgeführt werden kann, ist keine Selbstverständlichkeit mehr, über die Jahre seien in Deutschland viele Hallen- und Freibäder geschlossen worden, sagt Antonia, hinzu komme chronischer Personalmangel, Nachwuchssorgen und ein unattraktives Berufsbild. Der logistische und personelle Aufwand für Schulen ist hoch, der Unterricht selbst Kostenintensiv.
Die Zahl derer, die ihre Grundschulzeit mit einem Bronzeabzeichen verlassen sinkt entsprechend. Eine Studie des DLRG aus dem Jahr 2017 zu Folge seien 59 Prozent der 10jährigen keine "sicheren Schwimmer". Gleichzeitig steigt die Zahl der Badeunfälle. Im regenreichen Jahr 2017 ertranken laut DLRG mindestens 404 Menschen. In den ersten sieben Monaten diesen Jahres waren bereits 280 Opfer zu beklagen, 40 mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Der Schwimmunterricht an den Schulen kranke derweil nicht allein an logisitischen Problemen, auch der Wandel in der körperlichen Aktivität der Kinder könnte eine Ursache sein, vermutet die Schülerin. Schwimmlehrerin Frau Blanke pflichtet bei, zum einen sei die Schere zwischen denen, die schon sehr viel können und denen, die sehr ängstlich im Wasser seien über die Jahre größer geworden. Zum anderen mangele es an koordinatorischen Fähigkeiten im Wasser und der nötigen Fitness.
Antonia und ihre Mitstreiter würden den Schwimmunterricht deswegen gerne zeitgemäßer gestalten. "Am besten wäre es wenn man den Unterricht über die gesamte Grundschulzeit anbieten könnte. In den ersten beiden Jahren würden die Kinder den Bewegungsraum Wasser kennen lernen, die richtigen Techniken würde man dann in Klasse 3. und 4. vermitteln. Grundsätzlich wäre es aber schon gut wenn man den Schwimmunterricht spielerischer gestalten könnte. Heutzutage ist das meist Frontalunterricht im Becken. Ziel sollte aber nicht die reine Vermittlung von Technik sein, sondern das Wasser zu einem Freund, nicht zu einem Feind zu machen."
Neben dem praktischen Teil im Klassenraum hat Antonia auch ein eigenes Unterrichtskonzept verfasst und eine Instagramm-Seite unter dem Titel "Wasser_Ratten" erstellt, mit der sie auf die Problematik aufmerksam machen will. "Das ganze ist ein bisschen zu einer Herzensangelegenheit geworden die ich gerne weiter verfolgen würde", sagt die Schülerin.
Hilfe fanden sie und ihre drei Mitschüler bei Schwimmtrainerin Kathrin Berndt, bei Apothekerin Cornelia Stritzel, bei Andy Barge sowie bei Frau Flagmeyer von der Grundschule Albert-Kuntz. Damit die Unterrichtsstunde rund um die Baderegeln auch möglichst lange im Gedächtnis bleibt, sponserten sie unter anderem eine Reihe kleiner Präsente, die Antonia den Kinder zum Ende ihres Besuchs überreichen konnte. Für die Unterstützung wollen sich die Schüler ausdrücklich bedanken.
Angelo Glashagel
Autor: redFoto: pixabay.com/HansMartinPaul
Wer kennt sie alle, die Baderegeln? Unter den Schülerinnen und Schülern der Albert-Kuntz-Grundschule waren das am vergangenen Mittwoch schon eine ganze Menge Kinder. Ein Jahr lang haben die Kinder in der 3. Klasse Schwimmunterricht, aktuell allerdings nur in der Theorie, das Badehaus ist wegen der jährlichen Wartungsarbeiten noch bis zum 27. August geschlossen.
Ans Wasser zieht es viele Kinder und ihre Familien natürlich trotzdem, Freibad und Kiesschacht locken. Eltern deren Kinder bereits schwimmen können, verbringen einen Tag am Wasser da sicherlich deutlich entspannter. Wie sicher sich die Kinder dabei im Wasser tatsächlich bewegen können, das würden manche Eltern aber unterschätzen, meint Antonia Jahn. "Das "Seepferdchen" gilt vielen als Zeichen das die Kinder nun sicher schwimmen können. Eigentlich sagt das Abzeichen aber nur aus das sich die Kinder auf 25 Metern über Wasser halten und einen Gegenstand aus Schultertiefe heraufholen können. Die DLRG, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, betrachtet das "Seepferdchen" noch nicht einmal als ordentliches Schwimmabzeichen, sondern eher als eine Motivation für die Kinder, besser schwimmen zu lernen", sagt die junge Frau.
Wer kennt die Baderegeln? Antonia Jahn erklärt worauf man beim baden achten muss
Sie selbst kann seit dem 6. Lebensjahr schwimmen und sei schon immer eine "Wasserratte" gewesen. Inzwischen ist die passionierte Schwimmerin 10 Jahre im Nordhäuser Schwimmverein aktiv und steht kurz vor dem Abitur am beruflichen Gymnasium. Zum Abschluss gehört auch eine Seminarfacharbeit und da lag es nahe sich mit dem Schwimmunterricht an den Schulen zu befassen.
In Thüringen findet der traditionell in der 3. Klasse statt und soll den Kindern die Grundlagen vermitteln. Das der auch durchgeführt werden kann, ist keine Selbstverständlichkeit mehr, über die Jahre seien in Deutschland viele Hallen- und Freibäder geschlossen worden, sagt Antonia, hinzu komme chronischer Personalmangel, Nachwuchssorgen und ein unattraktives Berufsbild. Der logistische und personelle Aufwand für Schulen ist hoch, der Unterricht selbst Kostenintensiv.
Die Zahl derer, die ihre Grundschulzeit mit einem Bronzeabzeichen verlassen sinkt entsprechend. Eine Studie des DLRG aus dem Jahr 2017 zu Folge seien 59 Prozent der 10jährigen keine "sicheren Schwimmer". Gleichzeitig steigt die Zahl der Badeunfälle. Im regenreichen Jahr 2017 ertranken laut DLRG mindestens 404 Menschen. In den ersten sieben Monaten diesen Jahres waren bereits 280 Opfer zu beklagen, 40 mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Der Schwimmunterricht an den Schulen kranke derweil nicht allein an logisitischen Problemen, auch der Wandel in der körperlichen Aktivität der Kinder könnte eine Ursache sein, vermutet die Schülerin. Schwimmlehrerin Frau Blanke pflichtet bei, zum einen sei die Schere zwischen denen, die schon sehr viel können und denen, die sehr ängstlich im Wasser seien über die Jahre größer geworden. Zum anderen mangele es an koordinatorischen Fähigkeiten im Wasser und der nötigen Fitness.
Antonia und ihre Mitstreiter würden den Schwimmunterricht deswegen gerne zeitgemäßer gestalten. "Am besten wäre es wenn man den Unterricht über die gesamte Grundschulzeit anbieten könnte. In den ersten beiden Jahren würden die Kinder den Bewegungsraum Wasser kennen lernen, die richtigen Techniken würde man dann in Klasse 3. und 4. vermitteln. Grundsätzlich wäre es aber schon gut wenn man den Schwimmunterricht spielerischer gestalten könnte. Heutzutage ist das meist Frontalunterricht im Becken. Ziel sollte aber nicht die reine Vermittlung von Technik sein, sondern das Wasser zu einem Freund, nicht zu einem Feind zu machen."
Neben dem praktischen Teil im Klassenraum hat Antonia auch ein eigenes Unterrichtskonzept verfasst und eine Instagramm-Seite unter dem Titel "Wasser_Ratten" erstellt, mit der sie auf die Problematik aufmerksam machen will. "Das ganze ist ein bisschen zu einer Herzensangelegenheit geworden die ich gerne weiter verfolgen würde", sagt die Schülerin.
Hilfe fanden sie und ihre drei Mitschüler bei Schwimmtrainerin Kathrin Berndt, bei Apothekerin Cornelia Stritzel, bei Andy Barge sowie bei Frau Flagmeyer von der Grundschule Albert-Kuntz. Damit die Unterrichtsstunde rund um die Baderegeln auch möglichst lange im Gedächtnis bleibt, sponserten sie unter anderem eine Reihe kleiner Präsente, die Antonia den Kinder zum Ende ihres Besuchs überreichen konnte. Für die Unterstützung wollen sich die Schüler ausdrücklich bedanken.
Angelo Glashagel
Kommentare
Bisher gibt es keine Kommentare.
Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.