eic kyf msh nnz uhz tv nt
Mo, 17:35 Uhr
28.05.2018
Klasse 7b ohne Sophie

Ein Stück Realität

Die Welt ist digital geworden und das alltägliche miteinander findet vielfach vor dem Bildschirm statt. Wer nicht im Datenstrom mitschwimmt, der ist schnell außen vor. Doch was wenn einem der Zugang bewusst verwehrt wird? Wenn Ausgrenzung gewollt ist? Wie mit digitalem Mobbing umgehen? Schwierige Fragen, denen sich der Theaterjugendclub in seinem neuen Stück "Klasse 7b ohne Sophie" jetzt stellt...

Klasse 7b ohne Sophie (Foto: András Dobi) Klasse 7b ohne Sophie (Foto: András Dobi)

Sophie ist neu in ihrer Klasse, ein junges, leicht introvertiertes Mädchen, das gerne Musik hört und zeichnet. Im Idealfall würde sie an der neuen Schule mit offenen Armen aufgenommen werden, doch in der 7b lebt jeder für sich, jeder hat seine Clique und seinen Freundeskreis. Mit der Neuen will keiner etwas zu tun haben, sie gehört nicht dazu, darf und soll nicht mitmachen.

Anzeige symplr
Und das ist für jeden offensichtlich, der es sehen will: die WhatsApp-Gruppe über die sich die Klasse organisiert heißt "Klasse 7b ohne Sophie". Dennoch geschieht lange nichts, erst als Eltern und der Sportlehrer der Klasse aufmerksam werden und anfangen den Finger in die Wunde legen, regt sich auch die Schul- und Klassenleitung.

Es ist kein leichtes Thema, mit dem sich der Theater-Juniorclub des Nordhäuser Theaters, die jüngste Riege des jungen Theaters, da auseinandersetzt, aber eines das alltäglich geworden ist. "Alle hier haben schon Erfahrungen mit Mobbing gemacht", sagt Theaterpädagogin Eva Lankau, "wenn sie nicht selber betroffen waren haben sie es beobachtet". Und im Gegensatz zu früher bleibt der Ärger heute nicht in der Schule, sondern verfolgt einen über Smartphone und social media bis in die eigenen vier Wände.

Der Theaterjuniorclub setzt sich in seinem neuen Stück mit dem Thema Mobbing auseinander (Foto: Andras Dobi) Der Theaterjuniorclub setzt sich in seinem neuen Stück mit dem Thema Mobbing auseinander (Foto: Andras Dobi)

Die Rahmenhandlung des Stückes selbst basiert auf einer wahren Begebenheit, wie sie sich 2017 an einer hessischen Schule zugetragen hat, die Idee das Thema anzufassen kam aber von den Kindern selbst. "Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen was die Kinder gerne spielen würden und was ihnen wichtig ist. Die meisten unserer jungen Schauspieler sind 12 und 13 Jahre alt, Schule, Freundschaft und Mobbing waren da relevante Themen. Und sie können das sehr gut spielen und sich in ihre Rollen hineinversetzen, nicht nur in die der Schüler sondern auch in die der Lehrer und Erwachsenen, das ist auch immer ein ziemlich deutlicher Hinweis das die Kinder ein deutliches Verständnis von dem haben, was sie das spielen."

Während die Erwachsenen im Stück versuchen die Situation überhaupt erst zu verstehen, geht für ihre Kinder der Alltag auf YouTube und Co. weiter. Zwei "YouTuber" haben es der Klasse besonders angetan: "Linas World" und "XOXOJo". Die eine testet Produkte und Apps, die andere lädt Lifestyle-Content hoch. Die beiden Charaktere stellten zwei Extreme der YouTube-Kultur dar, erklärt Lankau. Die neuen Idole der Jugend finden sich hier, im Netz. Auf den Teenie-Zeitschriften von heute prangen immer öfter YouTube-Stars.

Machte sich selber auf die Suche im Netz: Theaterpädagogin Eva Lankau (Foto: Angelo Glashagel) Machte sich selber auf die Suche im Netz: Theaterpädagogin Eva Lankau (Foto: Angelo Glashagel)

Um sich dem digitalen Alltag in den Kinder- und Klassenzimmern zu nähern musste die Theaterpädagogin selber auf Tauchstation gehen und in die Tiefen der Videoplattform erkunden. "Für mich war das schon seltsam, ich bin nicht mit YouTube und Co. groß geworden. Und man sieht schon viele seltsame Sachen. Aber ich habe den Eindruck das die Kids wissen wie sie das, was sie da sehen, einzuordnen haben. Sie sind dem nicht hilflos ausgeliefert."

Dafür spricht auch die Ernsthaftigkeit mit der der "Juniorclub" seinem Thema begegnet. Einen "Action-Hero" oder "Disney-Helden" der am Ende kommt und alles wieder gerade rückt gebe es im Stück nicht, erzählt Lankau, kein "feel-good" Happy End, auch das hätten die Kinder letztlich selbst bestimmt. Stattdessen soll das Stück nach rund 90 Minuten Raum lassen für eigene Überlegungen.

"Spaß am spielen haben die Kinder trotzdem, gerade wenn sie in die Rollen von Lehrern und Eltern schlüpfen", erzählt Lankau, "und die Kinder haben ein Stück Verantwortung gelernt. Das dass Textbuch immer mit dabei sein muss, ist allen sehr schnell klar geworden und auch um ihre Kostüme haben sich die Kinder selber kümmern müssen. Das ist die eine Seite, jeder hat Verantwortung für sich selbst. Auf der anderen Seite muss man sich bei einem Theaterstück auch auf die anderen verlassen können und gemeinsam an einem Strang ziehen."

Für die Premiere "Klasse 7b ohne Sophie" am kommenden Sonntag um 15 Uhr im Theater unterm Dach gibt es noch ein paar Karten, die zwei folgenden Vorstellungen sind schon ausverkauft. Ursprünglich war vorgesehen das nach drei Vorstellungen Schluss sein sollte, inzwischen steht fest, das die "Klasse 7b" im Herbst noch einmal auf die Bühne zurückkehren darf.
Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare

Bisher gibt es keine Kommentare.

Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr