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Fr, 09:00 Uhr
26.01.2018
Lichtblick zum Wochenende

…des eigenen Glückes Schmied

Dieser Tage hörte ich ihn wieder, einen der unbarmherzigsten Sprüche die es gibt: „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“ Dabei ist unbarmherzig noch ein Euphemismus, sprich eine schöne Bezeichnung für eindeutig Unschönes. Ich will auch die Erklärung für diese Auffassung nicht schuldig bleiben. Superintendent Kristóf Bálint mit dem Lichtblick zum Wochenende...

Am 18. Januar fegte Orkan Friederike über uns hinweg. Im Garten hinter unserem Haus wurde eine über 20 Meter hohe und über 40 Jahre alte Blaufichte einfach vom Sturm umgeworfen. Ein stabiler und fest verwurzelter Baum, Heimat für viele Vögel, die uns des Tages mit ihrem Gesang erfreu(t)en, wenn wir die Fenster geöffnet haben oder wirklich einmal im Garten sitzen. Wenige Stunden später absolute Windstille, als wäre nie etwas gewesen.

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Nun sind sofort Vergleiche angestellt worden, mit Kyrill beispielsweise: „nur“ 500 Millionen Schäden im Vergleich zu Kyrill (zwei Milliarden), die Windspitzen waren geringer, die Schäden auch...

Lauter wichtige Leute, die lauter wichtige Informationen zusammentrugen, die die Menschen zu wissen ein Anrecht haben, wie immer so gern behauptet wird.

Wie mag es Menschen in anderen Teilen der Welt gehen, die nach einem Tornado überhaupt kein Haus mehr besitzen, in das sie all ihr Geld gesteckt haben? Wie den Menschen, die nach Lawinen ihr Hab und Gut verloren, wie den Menschen, denen die Monsunregen, die Schlammlawinen, die Tsunamis die Häuser wegspülen. Wie den Menschen, die plötzlich die inoperable Krebsdiagnose erhalten und denen die Lebenszeit zwischen den Fingern zerrinnt. Dagegen ist Friederike doch ein laues Windchen!

In diesem Zusammenhang wird der oben genannte Satz ad absurdum geführt, denn wer könnte sein Baum, sein Haus, sein Leben vor diesen Naturgewalten schützen? Wenn man dann noch hört, dass Menschen, die sehr viel Macht in ihren Händen halten, sich bei Temperaturen um die -20° über die Situation der eigenen Bevölkerung lustig machen und ihren Landsleuten die Klimaerwärmung wünschen, damit sie nicht mehr so frieren müssen, dann fällt dem „eigenen Glückes Schmied“ der Hammer aus der Hand.

Keiner kann an diesen Phänomenen allein etwas ändern. Dazu braucht es nicht einen Schmied, dafür braucht es Unmengen von Schmieden, die alle am gleichen Werkstück arbeiten: „The planet first“ – die Erde/der Planet zuerst. Keine Einzelinteressen im Kleinen und Großen, nur das große Ganze im Blick. Wer nur für sich denkt, ändert nichts zum Positiven und sorgt direkt und indirekt für seinen eigenen Untergang.
Wer beispielsweise nichts gegen die Klimaerwärmung tut, sorgt dafür, dass tiefliegende Gebiete (Malediven, Bangladesch) überschwemmt werden oder ganze Landstriche austrocknen und veröden (Afrika). Wer dort nichts tut ist direkt dafür verantwortlich, dass sich Menschen aus diesen Gebieten einen neuen (Über)Lebensraum suchen müssen. Unser (Nichts)Tun hat Folgen. Wir können uns nicht raushalten, auf unserem Sofa sitzen und in die Tastatur tippen, dass „wir es schon wüssten, nur hört uns ja keiner zu…“

Oder wie muss es für das mehrfach behinderte Kind und seine Eltern sowie den alten dementen Menschen sein, wenn er diesen Satz vom Glück und dem Schmied hört? Keiner kann es sich aussuchen, ob er ein behindertes Kind bekommt oder im Alter von Parkinson oder Demenz betroffen ist. Ist das seine Schuld? Hat er sich sein (Un)Glück selbst zuzuschreiben oder es „geschmiedet“?

Wir sprechen so oft unbedacht Dinge aus, die wir lieber länger reflektierten, bevor wir sie sagten. In der Jugend ist der Mensch oft der Meinung, dass er alles kann. Erst mit zunehmendem Alter wird ihm (im günstigsten Fall) klar, dass das bestenfalls naiv, im schlimmsten Fall nicht gedacht ist. Keiner ist seines Glückes Schmied.
Der Besitzer des Porsche, der scheinbar alles hat, wonach sich zu streben lohnt, rast unter einen Laster und ist tot. Die jungen Eltern passen einen Augenblick nicht auf und schon hat sich ihr Kleinkind den Topf mit heißem Nudelwasser auf den Kopf ge- und schlimmste Verbrennungen zugezogen. Die alleinstehende Mitsiebzigerin hat die Kerzen an ihrem Weihnachtsbaum noch einmal angezündet und schläft ein. Das Feuer vernichtet die Wohnung und kostet sie ihr Leben.
Ist das mit des „Glückes Schmied“ gemeint? Es gibt Menschen, die haben es leicht in ihrem Leben und denen fällt vieles zu. Wohl ihnen, wenn Sie dankbar dafür sind und es nicht für selbstverständlich halten. Andere Menschen müssen sich Vieles erkämpfen und erleben häufiges Scheitern. Wohl ihnen, wenn sie einen Halt finden und nicht nur sich selbst und solche unbarmherzigen Sprüche kennen, denn sie machen ja schon, was Ihnen möglich ist…

Christen kennen ihren Halt in der Geschichte der Person, die Weihnachten ihren Anfang nimmt und am Kreuz nicht endet. Die Weihnachtszeit endet heute in einer Woche, am 02. Februar. In manchen Familien und Kirchen halten die Bäume sogar so lange. Danach gehen wir auf die Karzeit zu. Eine Zeit des Nachdenkens und des Innehaltens. Sie will uns sensibel für die Kostbarkeit des Lebens machen. Nichts ist selbstverständlich, schon in Bruchteilen von Sekunden kann alles weg sein, was uns selbstverständlich scheint: das Leben der Frau/des Mannes, die Zuwendung der Kinder, der geliebte Baum hinter dem Haus oder aller Besitz.

Deshalb ist es gut, wenn wir solche Sprüche nicht auf den Lippen tragen oder uns beim Aussprechen wenigstens bewusstmachen, wie unbarmherzig sie sind. Es ist zudem gut, wenn wir einen Halt außer(halb von) uns selbst haben. Das kleine Kind, dessen wir Weihnachten mit Freude gedenken, wird zum Mann und wird unser Halt dadurch, dass er uns die Angst vor dem Tod nehmen will. Er überwand ihn.

Das Ende des Lebens ist nicht mehr das Ende, sondern ein neuer Anfang. Doch schon jetzt dürfen wir wissen, nicht wir sind unseres Glückes Schmied, sondern wir sind vom Schöpfer begabt und können tun, was uns möglich ist (und das sollen wir auch tun und zwar für die ganze Menschheit und nicht nur für uns selbst). Das (Überlebens)Notwendige tut ein anderer dazu.

GOTTes Segen wünsche ich Ihnen,
Ihr Superintendent Kristóf Bálint
Autor: red

Kommentare
Real Human
26.01.2018, 11.27 Uhr
„The planet first“
Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine:
„Hey, wie geht´s?“
Antwortet der andere:
„Ach, nicht so gut. Ich glaub, ich hab Menschen…“
„Oh, das ist schlimm“, sagt der erste. „Das hatte ich auch schon. Aber weißt du was? Das geht vorüber.“

Wiedergefunden und kommentiert auch auf: https://www.kirche-im-swr.de/?page=manuskripte&id=22350
(Ein Morgengruß im SWR4 RP vom 15.Juli 2016 von Cornelia Michels-Zepp, Mainz, Evangelische Kirche)

Als Atheist und KRITISCHER Transhumanist bezeichne ich diesen „Witz“ als die volkstümliche Auslegung/Auflösung von Fermis Paradoxon. Bezugnehmend auf die obige Quelle, kann aber ernstlich niemand WISSEN, ob „es unserem Schöpfer nicht gleichgültig ist, was hier auf seinem wunderbaren Planeten Erden geschieht.“ Weil wir ja nicht einmal WISSEN, können ob es diesen „Schöpfer“ überhaupt gibt. Was ER (oder warum nicht SIE?) sich dabei gedacht hat, als er "It's Alive!" (am besten die Compilation by AFX aufrufen!) über einem bisher leidfreien Universum schrie, ist mir aber noch unverständlicher.

GLAUBEN kann man/frau viel, wenn der Tag lang(weilig?) ist. Wem mein Kommentar zu kryptisch sein sollte – Superintendent Kristóf Bálint würde ihn sicher verstehen, wenn er zugelassen werden sollte.

Jörg Birkefeld
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