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Do, 11:02 Uhr
12.11.2015
Gipsabbau am Winkelberg

Politisch und fachlich abzulehnen

Vor dem Landratsamt wurde heute morgen wieder demonstriert. Zur Stunde wird dort über das Bergrechtliche Genehmigungsverfahren zum Gipssabbau in der Rüdigsdorfer Schweiz gesprochen. Wie der Stand der Dinge in Sachen Gipsabbau ist, hat die nnz zusammengetragen...

Demonstration gegen neue Gipsabbaugebiete vor dem Nordhäuser Landratsamt (Foto: Angelo Glashagel) Demonstration gegen neue Gipsabbaugebiete vor dem Nordhäuser Landratsamt (Foto: Angelo Glashagel)

Nach dem es lange Zeit ruhig war um neue Gipsabbaugebiete im Südharz, brachten vor rund einem Jahr einige Probebohrungen zwischen Petersdorf und Rüdigsdorf den sprichwörtlichen Stein wieder ins Rollen. Die alten Strukturen, die seit den 90er Jahren miteinander über das für und wider des Gipssabbaus streiten, bezogen erneut ihre Positionen.

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Danach wurde es erst einmal wieder still in Rüdigsdorf und Umgebung. Was aber nicht heißt das die Beteiligten die Hände in den Schoss gelegt oder ihre Pläne gar aufgegeben hätten. Die Gipsindustrie, allen voran die Firmen CASEA aus Ellrich und Formula/St. Gobain, beschreiten derzeit den Rechtsweg. Bürgerinitiative und Verwaltung suchen nach Wegen neue Abbaugebiete zu verhindern, etwa über Flächenaufkäufe und das Ausweisen von Naturschutzgebieten.

Heute nun trat der alte Streit wieder ans Tageslicht: während sich CASEA zu einem sogenannten "Scoping Termin" für das Bergrechtliche Genehmigungsverfahren im Landratsamt einfand, entrollte die Bürgerinitiative Gipskarst Südharz ihre Transparente und demonstrierte. "Es ging uns heute vor allem darum Präsenz zu zeigen und den Verantwortlichen deutlich zu machen, dass es Entscheidungen an den Bürgern vorbei nicht geben kann und wird", sagte der Sprecher der Bürgerinititative, Dr. Christian Marx.

Die Pläne der Industrie seien die gleichen wie im letzten Jahr, man sei inzwischen aber einen Schritt weiter. Als Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im vergangenen Jahr zum Antrittsbesuch in Nordhausen weilte, erklärte er es müssten Kompromisse gemacht werden, davon hat man bei der Bürgerinitiative bisher nichts gesehen. Vorschläge habe es weder von Seiten des Landes noch von Seiten der Firmen gegeben und Marx bezweifelt das ein Kompromiss, zumindest in Sachen Winkelberg, überhaupt möglich ist. "Ich kann mir nicht vorstellen wie das aussehen sollte, die Natur wird zerstört oder sie wird nicht zerstört. Wir wollen und wir werden das verhindern", sagte Marx der nnz.

Die Firma CASEA hat für den 27. November zu einer Informationsveranstaltung nach Harztor in den Gasthof „Zum Sachswerfer Handwagen“ geladen und geht mit seinen Plänen an die Öffentlichkeit. Formula/St. Gobain hält sich hingegen bedeckt, beide Firmen würden aber zur Zeit den Rechtsweg bestreiten, heißt es aus der Bürgerinitiative. Viele Informationen habe man nicht, erklärt Marx, während die Genehmigungsverfahren vorangetrieben würden habe die Industrie gleichzeitig verwaltungsrechtliche Verfahren eingeleitet, wodurch auch die Pläne zum Kauf von Flächen derzeit auf Eis lägen, so der Informationsstand in der Bürgerinititative. Das gelte sowohl für die Pläne der Stadt wie auch die des Naturschutzbundes BUND.

v.l.: Dagmar Becker, Dr. Christian Marx und Thomas Kerwitz (Foto: Angelo Glashagel) v.l.: Dagmar Becker, Dr. Christian Marx und Thomas Kerwitz (Foto: Angelo Glashagel)
Die Verantwortlichen aus der Stadtverwaltung sind zur Stunde ebenfalls beim Scopingtermin um dort die Interessen Nordhausens zu vertreten. Am Nachmittag tritt dann die Arbeitsgruppe Gipskarst wieder zusammen. Bei dem Treffen von Verwaltung, Bürgermeistern, der Bürgerinitiative und anderen interessierten Bürgern wird es unter anderem um den Stand der Dinge zu den Grundstückskäufen gehen, wie auch um den Plan den Winkelberg zum nationalen Kulturerbe erklären zu lassen. Das Treffen findet um 16:30 im Rathaus statt.

"Wir wollen als Stadt einen offenen Dialog führen", sagte Steffen Meyer, Sachgebietsleiter im Amt für Umwelt und Grünordnung. Die Verwaltung werde dabei ihre Neutralität wahren und sich auf Basis der bisherigen Stadtratsbeschlüsse bewegen. Es gelte den rechtlichen Rahmen klar zu sehen, sagte Meyer. Man brauche keine einseitige Diskussion sondern Objektivität von beiden Seiten. Etwa wenn die Industrie behauptet sie hätte "Millionen" für die Bergrechtlichen Privilegien gezahlt. "Wir wissen genau wieviel damals bezahlt wurde", sagte Meyer, man müsse aber auch sehen, das die Gipsindustrie sich ebenso auf der rechtlichen Grundlage bewege.

Rund 50 Personen waren zur Demo gekommen (Foto: Angelo Glashagel) Rund 50 Personen waren zur Demo gekommen (Foto: Angelo Glashagel)

Bleibt das Land. Zur Demonstration vor dem Landratsamt war auch die Abgeordnete Dagmar Becker von der SPD gekommen. Ihre Fraktion stehe dem Anliegen der Industrie "sehr kritisch" gegenüber, sagte Becker. Der Grundstein für die jetzige Situation sei bereits 1995 von der CDU gelegt worden. Damals hatte man eigentlich vorgesehen den gesamten Winkelberg unter Schutz zu stellen, entschied sich dann aber doch nur für die Hälfte, erinnerte sich die Abgeordnete. Jetzt würde man von den Fehlern der Vergangenheit eingeholt. Der neuerliche Gipssabbau sei "politisch wie auch fachlich" abzulehnen, sagte Becker, der letzte Zechsteingürtel in der Region müsse erhalten bleiben und touristisch genutzt werden. Die Arbeitsplätze, die man hier schaffen könne, würden den Gipsabbau "klar ausgleichen".

Die Situation scheint verfahren wie eh und je, weder die eine noch die andere Seite kann ihre Ansichten zur Zeit definitiv durchsetzen. In Sachen Gipskarst könnte dem Südharz noch ein heißer, oder zumindest warmer, Winter bevorstehen.
Angelo Glashagel
Autor: red

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