Do, 06:16 Uhr
12.11.2015
Winkelberg
Bedrohung von Arten
Angeblich seien vom geplanten Abbauvorhaben der Firma Casea am Winkelberg keine schützenswerten Trocken- und Halbtrockenrasen sowie Felsfluren mit dem entsprechenden Arteninventar betroffen. Diese Aussage war Planungsdokumenten zu entnehmen, die das Ellricher Unternehmen in der nnz veröffentlichte...
Bedroht: Stattliches Knabenkraut (Foto: Bodo Schwarzberg) Bedroht vom Steinbruch: Das gefährdete Stattliche Knabenkraut hat im Gebiet des Winkelberges mehrere Wuchsorte.
Es muss hinterfragt werden, inwieweit bedrohte und/oder geschützte Arten durch den geplanten Steinbruch beeinträchtigt werden. Tatsächlich siedeln einige von ihnen im gewünschten Steinbruchgebiet oder zumindest in dessen nächster Umgebung.
Ich kartierte das Gebiet sowohl im Auftrag eines Planungsbüros während der 90er Jahre, als auch im Auftrag der TLUG im Zuge der Erfassung gefährdeter und so genannter FFH-Arten (seit 2000). Das erwähnte Planungsbüro war seinerzeit übrigens im Auftrag des damaligen Ellricher Gipswerks tätig. Ich sah bei den Kartierungen sehr wohl im Gebiet bedrohte und nach BNatSchG geschützte Pflanzenarten, die die Präsenz von Trocken- und Halbtrockenrasen sowie von Felsfluren belegen.
Zwar hat sich deren Biodiversität, deren Ausdehnung und Struktur durch die extensive Rinder- statt Schafbeweidung in den vergangenen Jahren verringert bzw. verschlechtert. Einige bedrohte und geschützte Vertreter der Gefäßpflanzen sind jedoch nach wie vor präsent, was teilweise auch mit an persönlich durchgeführten Pflegemaßnahmen liegt. Die meisten von ihnen siedeln ausschließlich oder fast ausschließlich in Trocken- und Halbtrockenrasen, deren Existenz laut Casea in der anvisierten Abbaufläche nicht besteht bzw. für die keine Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Doch selbst auf der Fläche, auf der Casea Probebohrungen vornahm, befindet sich stellenweise ein Halbtrockenrasen und damit ein per Gesetz geschützter Lebensraumtyp.
Im Folgenden möchte ich einige im Bereich des Abbaufeldes bzw. in unmittelbar benachbarten Flächen nach dem Jahre 2000 kartierte bemerkenswerte, bedrohte und/oder gesetzlich geschützte Gefäßpflanzenarten inklusive ihrer Gefährdung aufführen (Auswahl). Ein Abbau zöge möglicherweise die Vernichtung oder doch eine Beeinträchtigung von deren Wuchsorten nach sich. An den Steinbruch angrenzende Flächen mit Vorkommen dieser und anderer Arten könnten z.B. durch Staub infolge Sprengung oder Transport beeinträchtigt werden. Wie so etwas aussieht, können wir entlang der nach längeren Trockenperioden eingestaubten Straßenränder zwischen Ellrich und Cleysingen gut beobachten.
Die in Thüringen gefährdeten Halbtrockenrasengesellschaften sind auf Kuppen, Hängen und an Wegrändern unweit des Weges von Petersdorf in Richtung Rüdigsdorf bzw. südwestlich und nördlich des Winkelberges zu finden, ebenso einige wenige Felsfluren (bzw. Reste davon).
Es handelt sich vornehmlich um den Halbtrockenrasen des Furchen-Schwingels und der Fieder-Zwenke (=Furchen-Schwingel-Fieder-Zwenken-Rasen), stellenweise, so am früher betriebenen Steinbruch am Weg in Richtung Straße Krimderode-Rüdigsdorf, ist auch der Halbtrockenrasen der Aufrechten Trespe präsent. In ihnen siedeln, entsprechend eigenen aktuellen und Kartierungsergebnissen ab 2000, folgende bemerkenswerten Arten (Auswahl):
Sicherlich hängt die zusätzliche Gefährdung der Arten infolge eines Steinbruchbetriebs von mehreren Faktoren ab. Es soll vor allem gezeigt werden, in welch hochsensiblem Gebiet das Vorhaben geplant wird. Die Rüdigsdorfer Schweiz ist ein gleich mehrfach gefährdeter Hotspot der Artenvielfalt. Der betreffende Messtischblatt-Viertelquadrant 4430/42 ist einer der artenreichsten ganz Thüringens, was die Gefäßpflanzenarten betrifft (Quelle: Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens, KORSCH et al. 2002). Nicht umsonst wurde dort das FFH-Gebiet Nr. 6 ausgewiesen.
Je nach genutzten Transportweg für den geförderten Gips sind weitere Beeinträchtigungen zu erwarten: So befinden sich am Weg in Richtung der Straße Krimderode-Rüdigsdorf sowie an unweit liegenden Felshängen Bestände der Bunten Erdflechtengesellschaft u.a. mit den deutschlandweit stark gefährdeten Arten Psora saviczii, Cladonia foliacea und der Gattung Fulgensia sowie bundes- und teils europaweit bedeutsame Pilzvorkommen.
Abschließend sei noch erwähnt, dass eine Wiederherstellung der Wuchsorte durch so genannte Rekultivierung nicht oder kaum möglich ist. Eine Kultur- und Naturlandschaft, die sich über Jahrhunderte durch schonende land- und forstwirtschaftliche Nutzung entwickelte, kann nicht am Reißbrett zurückgeholt oder nachgemacht werden. Auch hierzu gibt es Untersuchungen. Casea sollte die Realitäten bzw. den Willen der Öffentlichkeit anerkennen.
Bodo Schwarzberg
Autor: redBedroht: Stattliches Knabenkraut (Foto: Bodo Schwarzberg) Bedroht vom Steinbruch: Das gefährdete Stattliche Knabenkraut hat im Gebiet des Winkelberges mehrere Wuchsorte.
Es muss hinterfragt werden, inwieweit bedrohte und/oder geschützte Arten durch den geplanten Steinbruch beeinträchtigt werden. Tatsächlich siedeln einige von ihnen im gewünschten Steinbruchgebiet oder zumindest in dessen nächster Umgebung.
Ich kartierte das Gebiet sowohl im Auftrag eines Planungsbüros während der 90er Jahre, als auch im Auftrag der TLUG im Zuge der Erfassung gefährdeter und so genannter FFH-Arten (seit 2000). Das erwähnte Planungsbüro war seinerzeit übrigens im Auftrag des damaligen Ellricher Gipswerks tätig. Ich sah bei den Kartierungen sehr wohl im Gebiet bedrohte und nach BNatSchG geschützte Pflanzenarten, die die Präsenz von Trocken- und Halbtrockenrasen sowie von Felsfluren belegen.
Zwar hat sich deren Biodiversität, deren Ausdehnung und Struktur durch die extensive Rinder- statt Schafbeweidung in den vergangenen Jahren verringert bzw. verschlechtert. Einige bedrohte und geschützte Vertreter der Gefäßpflanzen sind jedoch nach wie vor präsent, was teilweise auch mit an persönlich durchgeführten Pflegemaßnahmen liegt. Die meisten von ihnen siedeln ausschließlich oder fast ausschließlich in Trocken- und Halbtrockenrasen, deren Existenz laut Casea in der anvisierten Abbaufläche nicht besteht bzw. für die keine Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Doch selbst auf der Fläche, auf der Casea Probebohrungen vornahm, befindet sich stellenweise ein Halbtrockenrasen und damit ein per Gesetz geschützter Lebensraumtyp.
Im Folgenden möchte ich einige im Bereich des Abbaufeldes bzw. in unmittelbar benachbarten Flächen nach dem Jahre 2000 kartierte bemerkenswerte, bedrohte und/oder gesetzlich geschützte Gefäßpflanzenarten inklusive ihrer Gefährdung aufführen (Auswahl). Ein Abbau zöge möglicherweise die Vernichtung oder doch eine Beeinträchtigung von deren Wuchsorten nach sich. An den Steinbruch angrenzende Flächen mit Vorkommen dieser und anderer Arten könnten z.B. durch Staub infolge Sprengung oder Transport beeinträchtigt werden. Wie so etwas aussieht, können wir entlang der nach längeren Trockenperioden eingestaubten Straßenränder zwischen Ellrich und Cleysingen gut beobachten.
Die in Thüringen gefährdeten Halbtrockenrasengesellschaften sind auf Kuppen, Hängen und an Wegrändern unweit des Weges von Petersdorf in Richtung Rüdigsdorf bzw. südwestlich und nördlich des Winkelberges zu finden, ebenso einige wenige Felsfluren (bzw. Reste davon).
Es handelt sich vornehmlich um den Halbtrockenrasen des Furchen-Schwingels und der Fieder-Zwenke (=Furchen-Schwingel-Fieder-Zwenken-Rasen), stellenweise, so am früher betriebenen Steinbruch am Weg in Richtung Straße Krimderode-Rüdigsdorf, ist auch der Halbtrockenrasen der Aufrechten Trespe präsent. In ihnen siedeln, entsprechend eigenen aktuellen und Kartierungsergebnissen ab 2000, folgende bemerkenswerten Arten (Auswahl):
- Centaurea stoebe (Rispige Flockenblume): Rote Liste Thüringen: gefährdet
- Orchis mascula (Stattliches Knabenkraut), im Raum Winkelberg in Halbtrockenrasen und Wäldern, Rote Liste Thüringen und Deutschland: gefährdet, geschützt nach Bundesartenschutzverordnung
- Orchis militaris (Helm-Knabenkraut), Rote Liste Thüringen und Deutschland stark gefährdet bzw. gefährdet, geschützt nach Bundesartenschutzverordnung.
- Viola collina (Hügel-Veilchen), Rote-Liste Thüringen und Deutschland: stark gefährdet
- Scleranthus polycarpos (Triften-Knäuel): Rote Liste Thüringen: stark gefährdet”
- Veronica verna (Frühlings-Ehrenpreis): Rote Liste Thüringen: stark gefährdet
Sicherlich hängt die zusätzliche Gefährdung der Arten infolge eines Steinbruchbetriebs von mehreren Faktoren ab. Es soll vor allem gezeigt werden, in welch hochsensiblem Gebiet das Vorhaben geplant wird. Die Rüdigsdorfer Schweiz ist ein gleich mehrfach gefährdeter Hotspot der Artenvielfalt. Der betreffende Messtischblatt-Viertelquadrant 4430/42 ist einer der artenreichsten ganz Thüringens, was die Gefäßpflanzenarten betrifft (Quelle: Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens, KORSCH et al. 2002). Nicht umsonst wurde dort das FFH-Gebiet Nr. 6 ausgewiesen.
Je nach genutzten Transportweg für den geförderten Gips sind weitere Beeinträchtigungen zu erwarten: So befinden sich am Weg in Richtung der Straße Krimderode-Rüdigsdorf sowie an unweit liegenden Felshängen Bestände der Bunten Erdflechtengesellschaft u.a. mit den deutschlandweit stark gefährdeten Arten Psora saviczii, Cladonia foliacea und der Gattung Fulgensia sowie bundes- und teils europaweit bedeutsame Pilzvorkommen.
Abschließend sei noch erwähnt, dass eine Wiederherstellung der Wuchsorte durch so genannte Rekultivierung nicht oder kaum möglich ist. Eine Kultur- und Naturlandschaft, die sich über Jahrhunderte durch schonende land- und forstwirtschaftliche Nutzung entwickelte, kann nicht am Reißbrett zurückgeholt oder nachgemacht werden. Auch hierzu gibt es Untersuchungen. Casea sollte die Realitäten bzw. den Willen der Öffentlichkeit anerkennen.
Bodo Schwarzberg
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