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So, 19:56 Uhr
17.05.2015

Neues zur Nordhäuser Geschichte

Den Geburtstag des Tabakspeichers nutzte die Lesser-Stiftung um gleich vier neue Bücher zur Geschichte Nordhausens und der Region vorzustellen. Die Werke richten sich klar an das Fachpublikum aber mindestens eines der Bücher könnte auch für Laien interessant sein...

Lokalgeschichte ist ein schweres Feld. Das liegt zum einen daran, das dass interessierte Publikum sich zumeist auf einen Teil der Bevölkerung vor Ort beschränkt und zum anderen daran, dass diejenigen, die sich eingehend mit dem Werden und Vergehen der eigenen Heimat beschäftigen, nicht selten selbst Laien sind, denen die alten Quellen einiges an Kopfzerbrechen bereiten.

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Die Erforschung der Lokal- und Regionalgeschichte Nordthüringens zu unterstützen ist Aufgabe der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung. Ihr Namensgeber war als Theologe und Historiker in Nordhausen aktiv, sein Nachfahre, Andreas Lesser, sorgt sich heute um die Bewahrung des Vergangenen. Vor 23 Jahren, erzählte Lesser, habe man die ersten Bücher veröffentlicht. Die Auflage ist klein, die Veröffentlichungen nicht gewerblicher Natur. Nur 300 Exemplare gehen jeweils in den Druck, erklärte Lesser, fast ein Drittel werden an Bibliotheken und Archive verschenkt.

"Wir wollen die Quellen der Stadt sichern", so Lesser weiter, "unser historischer Auftrag ist es, vor allem die Reichsstädte Nordhausen und Mühlhausen und die Nordthüringer Grafschaften abzudecken". Die einzigen beiden Reichsstädte auf thüringischem Territorium würden in der Landesgeschichte nämlich häufig ignoriert. Dabei entwickelte sich in den nominal nur dem Kaiser unterstellten Städten vieles anders, als in den Herrschaftsgebieten der Fürsten und Bischöfe.

Die Regionalgeschichte ist nun um vier Einträge reicher. Die Reihe "Collectanea Northusana" wird um zwei Bände erweitert, Pfarrer Kurt Wiesemann betrachtet die bewegte Geschichte des Örtchens Friedrichsrode und Dr. Peter Kuhlbrodt hat sich mit dem Leben in Nordhausen während der Reformation beschäftigt.

Vier Werke für die Geschichte der Region: Pfarrer Kurt Wiese, Dörthe Hein und Dr. Peter Kuhlbrodt stellten im Tabakspeicher ihre Arbeiten vor (Foto: Angelo Glashagel) Vier Werke für die Geschichte der Region: Pfarrer Kurt Wiese, Dörthe Hein und Dr. Peter Kuhlbrodt stellten im Tabakspeicher ihre Arbeiten vor (Foto: Angelo Glashagel)

Vier Werke für die Geschichte der Region: Pfarrer Kurt Wiese, Dörthe Hein und Dr. Peter Kuhlbrodt stellten im Tabakspeicher ihre Arbeiten vor

Letzeres Werk dürfte wohl dasjenige sein, welches nicht allein das Interesse des Fachpublikums erregen könnte. Denn Kuhlbrodt betrachtet das Alltagsleben in der freien Reichsstadt Nordhausen. Wie haben die Menschen gelebt, wie haben sie gewohnt? Wie war es um die Wissenschaft bestellt? Wie sah die Innen- und Außenpolitik der stolzen kleinen Stadt aus?

Dabei pickt Kuhlbrodt auch kuriose, oder vielmehr aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbare, Episoden heraus. Etwa wenn es um den Nordhäuser Kriegshaufen geht, der vor Wien gegen die Türken kämpft oder wenn ein waschechter Spionageskandal die Stadt erschüttert.

In seinem kurzen Vortrag beschäftigte sich der ehemalige Stadtarchivar unter anderem auch mit der "kleinen Eiszeit", einer Kälteperiode, die das Mittelalter heimsuchte und über Jahrhunderte das Klima bestimmt haben könnte. Nur zieht Kuhlbrodt hierfür nicht Gletscherkerne und Holzuntersuchungen zu Rate, sondern die Quellen der Nordhäuser Geschichte und sucht nach Klimaanomalien, die sich in den Berichten der alten Schreiber wiederfinden.

Zwei Monographien und zwei Quellensammlungen bereichern jetzt die Geschichte der Region (Foto: Angelo Glashagel) Zwei Monographien und zwei Quellensammlungen bereichern jetzt die Geschichte der Region (Foto: Angelo Glashagel) Quellen wie die, die Conrad Fromann im 17. Jahrhundert zusammentrug. Fromann war Stadtphysikus und Bürgermeister. Sein größter Verdienst aber ist der, das er das "Rauhe Buch", eine Sammlung von Dokumenten die schon zu seiner Zeit äußerst alt waren, kopiert hat. Insgesamt 14 Bände mit jeweils etwa 1000 bis 1200 handschriftlichen Seiten hat Fromann hinterlassen, nur einer ging verloren.

Für Geschichtsinteressierte ist das ein unvorstellbarer Schatz. Darin enthalten ist Nordhausens Korrespondenz mit Kaisern, Königen und Fürsten, Verträge mit anderen Städten, Urkunden und Schenkungen.

Womit wir noch einmal bei den Eingangs erwähnten Hürden der Lokalgeschichte wären. Fromanns Werk ist handschriftlich verfasst, zum großen Teilen in deutscher Sprache aber eben auch auf Latein. Hinzukommt, dass Fromann ein System von Abkürzungen benutzt, das dem Buchstabensalat heutiger Kurztextnachrichten in nichts nachsteht und das eigentlich nur von Eingeweihten entziffert werden kann.

Wer kein Experte ist, kann mit dem Material eigentlich nicht arbeiten. Zum Glück gibt es aber die Collectanea Northusana - die moderne und kommentierte Kopie von Fromanns Kopie. Für eines der beiden heute vorgestellten Ausgaben zeichnet ebenfalls Dr. Kuhlbrodt verantwortlich, für die zweite eine junge Nachwuchshistorikern.

Dörthe Hein ist gebürtige Nordhäuserin und arbeitet inzwischen am Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick als dessen Leiterin. Sie erklärte dem Publikum, wie sie bei der Entzifferung und Übertragung der Texte vorgegangen ist. Drei Jahre hat sie für ihren Band der "Collectanea" gebraucht.

Schließlich stellte Pfarrer Kurt Wiesemann seine Arbeit zur Geschichte der evangelischen Gemeinde zu Friedrichsrode vor. Er berichtet von der Gründung des kleinen Ortes durch König Friedrich I im Jahr 1706 und den Spannungsfeldern zwischen Grafschaften und den beiden Reichsstätten Mühlhausen und Nordhausen.

Andreas Lesser versprach zum Abschluss der Buchvorstellung noch mehr Leckerbissen für Freunde der Heimatgeschichte. So steht ein Buch zur Nordhäuser Münzgeschichte zum Druck an sowie ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Universität Hannover, welches Dokumente der Blasii-Gemeinde in den Blick nehmen soll. Eine Chronik zur Kirche St. Petri sei ebenfalls geplant.
Angelo Glashagel
Autor: red

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