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Mi, 12:38 Uhr
19.11.2014

Erinnerungen an ein schreckliches Unglück

Am 1. Advent wird die Blasiikirche nach Innensanierungen wiedereröffnet. Reiner Panse aus Urbach hat zu dem Gotteshaus eine besondere Beziehung. Wenn er es im Blick hat, werden Erinnerung wach. Auch an ein schreckliches Unglück. Er schrieb sie auf und ließ sie in einem Gespräch mit die nnz wach werden...

Nach Innensanierungen öffnet die Blasiikirche am 1. Advent wieder ihre Pforten. Reiner Panse aus Urbach führte  als Dachdecker am Turm des Gotteshauses Schiefer-Arbeiten  aus. Täglich wurde er an ein tragisches Ereignis erinnert, das sich im Sommer 1951 ereignete und das ihn heute noch bewegt (Foto: Kurt Frank) Nach Innensanierungen öffnet die Blasiikirche am 1. Advent wieder ihre Pforten. Reiner Panse aus Urbach führte als Dachdecker am Turm des Gotteshauses Schiefer-Arbeiten aus. Täglich wurde er an ein tragisches Ereignis erinnert, das sich im Sommer 1951 ereignete und das ihn heute noch bewegt (Foto: Kurt Frank)

Nordhausen. „Gleich neben der Kirche stand mein Elternhaus“, blickt Panse in die Vergangenheit. „Blasiikirchplatz 11. Daneben, in der Nummer 10, wohnte der Küster Karl Rennecke. Ich kannte ihn schon seit meiner Kindheit. Ein lustiger Mann war er“, erinnert sich der gelernte Dachdecker.

Der heute 76-Jährige erzählt: „Es war Anfang 1950. Mit dem Küster ging ich oft in die Kirche. Dort läutete er die Glocken und zog die Kirchturmuhr auf. Zu Gottesdiensten war auch der Blasebalg der Orgel zu treten, da zu dieser Zeit noch kein Stromanschluss bestand.“

Karl Rennecke sei nicht mehr der Jüngste gewesen. Er habe Schwierigkeiten beim Gehen gehabt. Das Treppensteigen wurde mit der Zeit für ihn zur Qual. Reiner Panse blickt auf seine Aufzeichnungen und berichtet: „Wir waren vier Freunde im Alter zwischen 12 und 18 Jahren: Peter und Reiner Berx, Reiner Bock und ich. Wir alle wollten dem Küster helfen und erklärten uns bereit, die Glocken zu läuten. Für jedes Läuten erhielten wir 50 Pfennig.“

Die kleinere Glocke sei täglich um 18 Uhr geläutet worden. Aus Sicherheitsgründen durfte man immer nur zu zweit in den Turm. An Sonn-und Feiertagen wurden die kleinere und größere Glocke in Schwung gesetzt. Drei aus der Gruppe waren damit beschäftigt.

Die große Glocke, hat Panse in Erinnerung, zeitgemäß in Schwingungen zu bringen erforderte die Kraft von zwei Personen. Dies war erst möglich, nachdem der letzte Schlag des Uhrhammers auf die Glocke erfolgte. Er könne sich nicht erinnern, dass eine Elfriede Lange, wie er das in einer Zeitung las, je Glocken geläutet habe.

Es kam der Sommer 1951. Und für Reiner Panse einer der schrecklichsten Tage in seinem Leben. Peter Berx, der Älteste in der Gruppe, und er läuteten die große Glocke. In den Türmen brüteten damals noch Dohlen. Plötzlich flatterten sie aufgeschreckt durcheinander. Gleichzeitig war ein gellender Schrei zu hören. Reiner Panse schildert die folgenden Minuten so:

„Als wir nach unten schauten, sahen wir am Treppengeländer einen kleinen Schuh klemmen. Wir rannten so schnell es ging die Treppe hinunter. Unten lag Volker Bock, der Enkel von Pfarrer Trautmann. Fünf Jahre war er wohl alt. Peter Berx hob den leblosen Jungen auf. Wir trugen ihn zum Pfarrhaus.“

Für den Großvater müsse es ein Schock gewesen sein. Namhafte Ärzte der Stadt habe er verzweifelt angerufen, das Kind wieder zu beleben. Keiner konnte mehr helfen. Auf Eis sei der Kleine aufgebahrt worden. Der Kindersarg später auf einer weißen Kutsche zum Friedhof gefahren worden, weiß Panses Bruder Siegfried aus Nordhausen.

Reiner Panse beschreibt den Hergang des Unglücks: „Als ich den Schlüssel für die Kirchentür holte, bat mich Herr Rennecke, die Tür von innen ausnahmsweise nicht zu verschließen, was seine Gründe hatte. Horst Roscher, ehemaliger Leiter des Konzertchors Nordhausen, wollte an diesem Tag einer jungen Frau das Orgelspielen lernen. Das sollte am Cembalo geschehen, welches auf der Empore neben der Orgel stand.“

Der kleine Volker, vermutet Senior Panse, musste bemerkt haben, dass die Tür nicht verschlossen war. „Er muss uns lautlos gefolgt sein. Den Aufstieg zur Glocke kannte er durch seinen Bruder Reiner. Irgendwie hatte Volker die Balance verloren und war aus einer Höhe von etwa sieben Metern in die Tiefe gestürzt.“

Als Dachdecker bei der Firma Albin Schütze hatte Reiner Panse später den Auftrag, Schiefer-Arbeiten am Turm der St. Blasiikirche durchzuführen. Die Stätte des Unglücks täglich vor Augen. Mit feuchten Augen. Noch heute bewegt ihn dieses tragische Ereignis.
Kurt Frank
Autor: red

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