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So, 17:44 Uhr
13.04.2014

Kunstschätze in Dorfkirchen

Der Nordhäuser Geschichts- und Altertumsverein hatte in seiner April-Veranstaltung Dietrich Kuczera zu Gast. Im Tabakspeicher referierte der Nordhäuser über "Vorreformatorische Kunstschätze in Dorfkirchen der Region Harz / Kyffhäuser". Hans-Georg Backhaus war für die nnz dabei ...

Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus) Vortrag im Geschichtsverein (Foto: Hans-Georg Backhaus)

Eingangs zitierte der Referent eine Passage aus einem Zeitungsrtikel: "Während die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt, steigt gleichzeitig die Zahl der Menschen, die als Touristen an christlichen Orten und deren Geschichten und Erfahrungen interessiert sind."

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Kuczera stellte die Frage, wie dieser Trend seitens der Kirche positiv genutzt werden kann und plädierte dafür, dass bei den Besuchern mittels der "Kunst auch auf den Glauben hingewiesen" werden sollte. Bekannt seien berühmte sakrale Bauwerke wie beispielsweise der Kölner Dom oder das Freiburger Münster, die "uns von der Eleganz, dem Prunk und Protz begeistern lassen". Und lenkte schließlich den Blick auf eine andere Art von Kunst, nämlich auf "die einfache bäuerliche Kunst der Dorfkirchen in unserer Region", die nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit erhält.

106 Kirchen hatte sich Kuczera angsehen und stellte in seinem 100-minütigen und reich bebilderten Vortrag 40 von ihnen vor. Dabei hatte er es bei seinen geschichtlichen Recherchen nicht immer leicht: Viele Kirchen waren verschlossen und es war oft mühsam, jemanden zu finden, der die Schlüsselgewalt über die Kirchen hatte. Doch wurde er für die Mühe stets belohnt. Denn Kuczera fand einfache Kunst vor und die Kirchenräume luden ein zur Besinnung und Meditation.

Der Vortragende tauchte ein in die wechselvolle Geschichte von Harz, Harzvorland und Kyffhäuser und führte wörtlich aus: "Mit Heinrich I., den nachfolgenden Ottonen und deren Nachfolger als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches entsteht ein gewaltiges Machtpotenzial. Sie entwickelten ein Land zu einem bevorzugten Aufenthaltsort, in dem sie zahlreiche Klöster wie Quedlinburg, Memleben, Nordhausen, Drübeck, Walkenried, Ilsenburg u.a.erbauen ließen." So konnte das abendländische kulturelle Erbe bewahrt werden und die Region erlebte eine mittelalterliche Blütezeit. Es entstanden Kaiserpfalzen wie Wallhausen und Tilleda, aber auch Burgen wie Falkenstein, Regenstein oder Kyffhusen. Es kam zur Gründung von Städten wie Goslar, Quedlinburg und Nordhausen. Fruchtbares Umland sorgte für ausreichende Ernährung der Bewohner. Kupfer– und Silberminen mehrten das Vermögen der Herrschenden. Bildung und Kultur blühten im kirchlichen wie im höfischen Bereich. In diese Epoche eingebunden ist auch die Entsstehung eines dichten Netzes von Dorfkirchen.

Dietrich Kuczera ging in seinem Vortrag sehr detailliert auf die Ausstattung dieser Kirchen ein und stellte dabei insbesondere die Anordnung und ungewöhnliche Größe der Taufbecken obenan. Denn das Taufritual lief anders ab als heute. Täuflinge wurde zu jener Zeit in das Wasser getaucht und die Becken befanden sich zumeist in der Mitte des Kirchenschiffes in Altarnähe. Große Bedeutung hatten Kunstwerke unterschiedlicher Größen und Materialien. Allesamt standen sie im Dienste der christlichen Heilsverkündung. Schnitzaltäre stellten Figuren dar, die augenscheinlich miteinander kommunizierten und deren Gedanken und Gefühlsregungen sich dem Betrachter erschließen sollten. Heiligen- und Madonnenfiguren waren meistens lebensgroß und bemalt. Stets war die Kirche Hauptauftraggeber für Baumeister und Künstler und nahm somit Einfluss auf Malerei, Musik und Architektur.

Erst die Reformation brachte ab 1520 eine Stilwandlung hervor. Es begann der Umbau nach evangelischen Regeln. Madonnen- und Heiligenfiguren verschwanden von den Altären. Themen wie Abendmahl, Kreuzigung und Auferstehung standen fortan obenan. Die Zeit der Bilderstürmer tat ihr übriges: Kunstschätze verschwanden aus den Kirchen oder wurden gar vernichtet. Manches konnte gerettet und in Depots eingelagert oder an die Stifter zurück gegeben werden. So kann heute vieles davon wieder in Kirchen oder Museen bewundert werden. Doch wiesen auch Landesherren den Verbleib von alter (katholischer) Kirchenkunst – und hier betraf es in erster Linie Flügelaltäre – in den Gotteshäusern an. Jedoch wollte man auch in der Kirche modern sein und passte sich dem Zeitgeist an.

Doch Dorfkirchen dienten im Mittelalter auch als Schutzräume und fielen aus diesem Grund oft der Plünderung oder Zerstörung anheim. Vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten zahlreiche Neu- oder Ergänzungsbauten vorgenommen werden. Dies hatte zur Folge, dass ursprüngliche Baustile kaum oder gar nicht mehr erkennbar waren, gehören aber trotz baulicher Veränderungen zu den Zeitzeugen der Kulturlandschaft unserer Region.

Zum vorreformatorischen Kulturgut gehören aus Sicht des Referenten der Kirchenbau mit seinem Baustil und die Ausstattung der Kirchen aus vorreformatorischer Zeit, die sich auszeichnet durch entsprechende Wandmalerei, Skulpturen und Plastiken, Taufsteine und Altäre. Erst nach der Reformation kamen Kanzeln, Epitaphen, Gestühl und Orgel in die Kirchen.

Dietrich Kuczera gelangt es mit seinem Vortrag, einen neuen Blick auf vorreformatorische Kirchen und deren Kunstschätze zu bekommen. Er animierte die Geschichtsfreunde und Gäste zum Besuch dieser Dorfkirchen in der Harz- bzw. Kyffhäuserregion.
Hans-Georg Backhaus
Autor: red

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