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Do, 19:14 Uhr
03.06.2010

Bereit machen zum Ändern!

Das Cafe Linux in der Altstadt war gestern Treffpunkt für echte und angehende Piraten. Gemeint sind natürlich nicht Entermesser schwingende Freibeuter, sondern Mitglieder und Interessenten der Piraten Partei. Die nnz hat die Gelegenheit genutzt, um der Frage nachzugehen, wer die modernen Piraten eigentlich sind.


infoveranstaltung der Piratenpartei (Foto: Angelo Glashagel) infoveranstaltung der Piratenpartei (Foto: Angelo Glashagel)

Die Piraten Partei dürfte, zumindest seit den Bundestagswahlen im letzten Herbst, einigen ein Begriff sein. Die junge Partei war damals zum ersten Mal angetreten, und hatte mit 2,2 % der Stimmen auf Anhieb einen Achtungserfolg erzielt. Vor allem jüngere Wähler setzten ihr Kreuz bei den Piraten.

Die Idee zur Piratenpartei stammt ursprünglich aus Schweden und hat sich in den letzten Jahren international verbreitet. Neben der deutschen Entsprechung des schwedischen Modells, die es seit dem Herbst 2006 gibt, haben sich Piratenparteien in Österreich, Frankreich, Spanien, Großbritannien, den USA, Brasilien und vielen weiteren Ländern gegründet.

Der Grund für das Phänomen liegt wohl in den technischen Entwicklungen der letzten Jahre, allen voran der des Internets, und ihren gefühlten wie realen gesellschaftlichen Implikationen. Mit Facebook, Twitter, Online-Streams, Blogs, Vlogs, Filesharing, Wikis, Community Websites, oder auch nur der inzwischen etablierten E-Mail, ist unser alltägliches Leben, unsere Kommunikationsweise, unser Konsumverhalten und unsere Informationsaufnahme im Wandel begriffen.

Gleichzeitig häufen sich Skandale um Datenverlust, Datendiebstahl und Internetkriminalität. Und ein Überwachungsstaat wie ihn George Orwell in "1984" beschrieb, ist im Internetzeitalter mehr als bloße Dystopie. Die technischen Möglichkeiten, wie auch die Sorge das sie eines nicht allzu fernen Tages auch eingesetzt werden, sind jedenfalls vorhanden, befeuert von geplanten, oder auch umgesetzten, Initiativen seitens der Regierungen verschiedener Länder, einschließlich Deutschlands.

Da diese, andauernden, Entwicklungen, grob umrissen, in den letzten zwei Jahrzehnten stattfanden, liegt es in der Natur der Sache das die jüngere Generation oft besser mit der Thematik vertraut ist als die ältere. Da wäre zum Beispiel der Begriff "Internetausdrucker". Gemeint sind vor allem Politiker die "das Internet" nur als auf Papier gebannten Ausdruck kennen, sich aber dennoch gesetzgeberisch mit der Thematik befassen (müssen).

Der Mangel an Verständnis und Kompetenz, den viele jüngere bei gerade den Personen wahrnehmen, die die Geschicke unseres Landes und unserer Gesellschaft lenken, hat zur Gründung von verschieden Organisationen, wie etwa dem ChaosComputerClub geführt. Den NGO's, also den Nicht-Regierungs-Organisationen, folgte die Gründung der Piratenparteien. Das weltweite Phänomen könnte man als demokratische Reaktion auf die neuen Verhältnisse deuten.

Das spiegelt sich auch im Altersdurchschnitt der Mitglieder wider. Der liegt in Deutschland mit etwa 30 Jahren noch unter dem einiger Jugendorganisationen der etablierten Parteien. Bei dem gestrigen Treffen in Nordhausen bestätigte sich das bedingt. Die meisten der etwa zehn Teilnehmer waren vergleichsweise jung.

Martin Brink-Abeler (Foto: Angelo Glashagel) Martin Brink-Abeler (Foto: Angelo Glashagel)

So auch Martin Brink-Abeler, der das Treffen initiiert und geleitet hat. Er ist zwar erst seit knapp zwei Monaten in Nordhausen um hier Innovations- und Changemanagement zu studieren, hat aber bereits in der Studentenstadt Freiburg Erfahrungen mit der Piratenpartei sammeln können. "Der Eindruck, den scheinbar 12.000 Mitglieder der Piratenpartei haben, ist wohl eher das der Wandel den Technologie und den die Entwicklung unserer Gesellschaft genommen hat, von der Politik nicht ernsthaft wahrgenommen wird und auch offenbar nicht mit den richtigen Lösungen bedacht wird."

Die Kernthemen der Piraten sind Patent- und Urheberrecht, Datenschutz, Transparenz, Bildung und die freie Wissensgesellschaft, also vor allem Themen bei denen sich durch die erwähnten Entwicklungen neue Probleme oder auch Lösungsansätze ergeben haben.

Der Fokus auf das recht enge Themenfeld hat der Partei den Ruf einer Ein-Themen-Partei eingebracht. Da nun im Moment vor allem die Wirtschafts- und Finanzkrise, und die daraus resultierende Ebbe in den öffentlichen Kassen, in aller Munde ist, konnten die Piraten bei den Landtagswahlen in NRW Anfang Mai nicht so recht auf sich aufmerksam machen, und verloren Prozentpunkte.

Von sich reden machte die Partei zuletzt vor allem wegen des Skandals um das Parteimitglied Jörg Tauss. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete soll Kinderpornographie besessen haben, und wurde letzte Woche zu einer Bewährungsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Das hat der Partei, die sich ohnehin mit vielen Vorurteilen auseinandersetzen muss, zusätzlich geschadet. An den Infoständen ging es mehr um die Causa Tauss als um das eigentliche Programm. Tauss hat die Piraten Partei inzwischen verlassen, um den Debatten ein Ende zu setzen.

Die Partei hatte ihn bis dato immer unterstützt, und auf die geltende Unschuldsvermutung in laufenden Verfahren, und das Recht auf Parteizugehörigkeit hingewiesen. Deswegen steht auch Martin Brink Abeler hinter der Entscheidung der Partei, unabhängig von dem was Jörg Tauss getan hat, habe man schließlich in erster Linie Prinzipientreue bewiesen.

Und auch die fehlende Kompetenz in den brennenden Fragen der Tagesaktuellen Themen wie Wirtschaft und Finanzen sieht er weniger als Problem sondern vielmehr als Qualitätsmerkmal der Piraten Partei: es ist Parteilinie sich nicht zu Themen zu äußern, in denen man nicht kompetent besetzt ist.

In Thüringen ist sind die Piraten mit 227 Mitgliedern, laut Brink Abeler, noch etwas unterrepräsentiert. Regelmäßige Stammtische gibt es vor allem in den größeren Städten des Freistaates, und vielleicht auch bald in Nordhausen. Mit Initiativen wie ELENA, ACTA oder dem Biometrischen Ausweis mit RFID-Chip, dürften der jungen Partei die Themen in der näheren Zukunft auch nicht ausgehen.
Autor: agl

Kommentare
Alex Gösel
03.06.2010, 21.00 Uhr
Schade...
das dieses Treffen nicht durch öffentliche Bekanntmachung bekannt gegeben wurde. Da muss man sich doch fragen, ob die Piratenpartei nicht doch etwas zu verheimlichen hat oder ob es ihnen mit der Politik ernst ist...

Allerdings muss ich sagen, auch wenn in Deutschland die Unschuldsvermutung gilt, sich die Piratenpartei mit der Aufnahme von Jörg Tauss für mich ins politische "Aus geschossen" hat...
CHR
04.06.2010, 08.23 Uhr
Traurig
Diese (grundlose) Meckerei hier nimmt in den letzten Monaten immer groteskere Züge an. Natürlich Hat die Piratenpartei das Treffen öffentlich auf allen verfügbaren Kanälen angekündigt, auch die NNZ wusste Bescheid hat aber leider nichts im Vorfeld dazu geschrieben.

In der TA stand es aber zb schon mehrere Tage vorher. Daher Frage ich sie wie die Öffentliche Bekanntmachung denn ausfallen soll? Persönliche Anrufe bei jedem Bürger des Landkreises?

Ausserdem mag man von Tauss halten was man will aber im Gegensatz zu (EX) Bundestagsmitgliedern von CDU und SPD hat er bei der Sache noch immer kein Rechtsgültiges Urteil. Auch bei der NPD gab es schon so einen Fall, ich weiss ja nicht was sie wählen aber ihre Auswahl ist mittlerweile sehr klein geworden wenn sie von einzelnen Personen auf eine ganze Partei schliessen.
Martin
04.06.2010, 17.31 Uhr
Kleinere Richtigstellungen
Hallo,

Ich hätte da noch ein paar Kleinigkeiten zu korrigieren, aber zunächst kurz zu den Kommentaren:

@c.b.: Das Treffen wurde per eMail allen Lokalzeitungen bekannt gegeben, die ich finden konnte - und einige haben es wohl auch gedruckt :) Zudem wurde an der FH NDH das Treffen angekündigt, ähnlich dem der Jusos. Des weiteren gab es auf piratenpartei-thueringen und im StudiVZ Ankündigungen.

Wie man sich durch die Befolgung des Gesetzes in Sachen Menschen- und Personenschutzrechte ins "politische Aus schießen" kann, kann ich nicht nachvollziehen und sehe daher von einer Diskussion ab. Meine Meinung zum Thema steht in meinem Blog, hier: http://is.gd/cCtO9

Zum Artikel:
Piratenpartei ist ein Wort und mein Nachname schreibt sich mit einem Bindestrich in der Mitte, das sollte vielleicht kurz erwähnt werden ;)

Der CCC ist leider das falsche Beispiel für die genannte Gruppe von NGOs, die sich aus Politik-Verfehlungen gegründet haben, er ist wesentlich älter und entstand aus anderen Gründen. Der AK Vorrat und der MOGIS e.V. wären passende Beispiele.


Ansonsten danke ich für die Berichterstattung und bis bald... ;)
Der Roland
04.06.2010, 17.55 Uhr
An den Bindestrich-Pirat...
... nun aber ganz schnell zurück auf die Bounty. Da wartet schon William Bligh auf Euch...
Alex Gösel
04.06.2010, 23.21 Uhr
Erstmal...
"danke" an den Roland für solch ein qualifizierten Kommentar...

Mag sein, das einige Lokalzeitungen das abgedruckt haben, ich habe es zumindest nicht gelesen. Und auch der von dir, lieber Martin, erhobene Vorwurf, das es im VZ bekannt gegeben wurde stimmt zwar, doch:

1. muss man sich im VZ registriert haben,

2. muss man das "politische Profil" der Piratenpartei gut finden

3. muss man regelmäßig ins VZ rein schauen.

Bei mindestens einem dieser Punkte habe ich "versagt"...

Ihr als Sympathisanten / Mitglieder der Piratenpartei hättet doch nicht nur an der FH NDH das Treffen ankündigen können, sondern auch mit Infoständen vor oder in der Südharzgalerie oder per Flyer , Plakataktionen,...

Gut, über den Menschen Jörg Tauss kann und will ich nicht urteilen, aber schon allein das es zu mindestens einem Prozess gegen ihn wegen Kinderpornografie gekommen ist, zeigt doch schon, das zumindest "etwas an der Sache" dran ist / sein könnte. Ich habe nicht behauptet, das Ihr, als Partei, euch mit der Befolgung des Gesetzes in Sachen Menschen- und Personenschutzrechte ins "politische Aus" geschossen habt, sondern das die Piraten sich mit der sofortigen (!) Aufnahme Jörg Tauss aus meiner (!) Sicht ins "Aus geschossen" haben!

Ich hoffe aber, das euer nächstes Treffen besser organisiert und angekündigt wird als das erste Treffen! Bis dahin
Martin
05.06.2010, 08.51 Uhr
Zukünftiges
Ich kann deinen Ansprüchen an eine Bekanntmachung für einen Infoabend leider nicht gerecht werden. Ansonsten wurde das Treffen in den VZ-Netzwerken auch über Nordhausen-Gruppen beworben, nicht über das politische Profil der Datei.

Das nächste Treffen (nach derzeitigem Stand wird das die konstituierende Sitzung des Stammtisches Nordhausen) wird vermutlich wieder über die gleichen Wege angekündigt - ausgenommen VZ-Netzwerke, da hat es nämlich offenbar niemanden erreicht.
Ich werde mal (auf der für jeden zugänglichen) Mailingliste deinen Vorschlag für eine Flyeraktion und einen Infostand posten. Auf der Wikiseite findet man zeitnah alle nötigen Informationen: http://wiki.piraten-thueringen.de/TH:Nordhausen

Deine Ausführung zur Sache Tauss zeigt genau, wofür die Unschuldsvermutung existiert und nötig ist.
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