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Mo, 09:18 Uhr
13.08.2007

„Des Teufels Werkstatt“

Nordhausen (nnz). Der jüdische Kommunist Adolf Burger überlebte den Holocaust, weil er im KZ Falschgeld drucken musste. In dieser Woche wird Burger in Nordhausen aus seinen Erinnerungen lesen.

Auf Einladung vom Buchhaus Rose wird am 16. August 2007 um 19:00 Uhr der ehemalige KZ-Häftling Adolf Burger aus seinem autobiographischen Erinnerungen „Des Teufels Werkstatt“ im Kinosaal der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora lesen. Der Eintritt ist frei. Burger ist einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen, der in die "wahrscheinlich größte Geldfälscherwerkstatt der Geschichte", in ein Todeskommando für 144 ausschließlich jüdische Menschen gepresst worden war.

Sein Buch ist zugleich Tatsachenbericht und eine wichtige Quellensammlung über die Verbrechen der Nationalsozialisten. Neben einer kurzen Betrachtung zur Judenverfolgung in der Slowakei schilderte er auch eindrucksvoll das Lagerleben in den Konzentrationslagern, sowohl die erlittenen Qualen der Opfer wie die mörderische Vernichtungsstrategie der Täter.

Burger, 1917 in der Hohen Tatra als Sohn slowakischer Juden geboren, erzogen in der linkszionistischen Jugendorganisation Haschomer Hazair, arbeitete nach Machtantritt des faschistischen Priesters Josef Tiso für die verbotene kommunistische Partei der Slowakei. Im August 1942 wurde er gemeinsam mit seiner damaligen Frau, aus politischen Gründen verhaftet und mit anderen jüdischen Mitbürgern nach Auschwitz deportiert, wo er die Hölle des größten Vernichtungslagers der Nazis erlebte und seine Frau Gisela ermordet wurde. Er selbst überlebte die 18 Monate in Auschwitz nur, weil er dem weniger mörderischen Arbeitskommando "Kanada" zugeteilt worden war, wo er den Kofferinhalt der eingelieferten Menschen sortieren musste.

Als gelernter Buchdrucker und Setzer wurde Adolf Burger auf Befehl des Sicherheitsdienstes der SS zwei Jahre später in die Fälscherwerkstatt des KZ Sachsenhausen bei Berlin kommandiert, wo in großen Mengen ausländische Währungen, Pässe und Briefmarken als Teil der faschistischen Kriegsführung gefälscht wurden.

Mit den Flaschgeld wollte man die Wirtschaft des Feindes destabilisieren und durch Überschwemmung des Geldmarktes eine Inflation herbeiführen. Sturmbannführer Bernhard Krüger, ein ehemaliger Falschgeldfahnder, erhielt vom Reichssicherheitshauptamt den Auftrag, im KZ Sachsenhausen eine perfekt ausgestattete Fälscherwerkstatt einzurichten. Die nach ihm benannte "Operation Bernhard" startete 1942. Zur Geheimhaltung wurden in Sachsenhausen die Blocks 18 und 19 strikt vom restlichen Lager und der Außenwelt abgetrennt.

Das Personal für die Werkstatt fanden die Nazis in ihren anderen KZ’s: Drucker, Grafiker, Typografen und Bankangestellte. Für die 144 Häftlinge bedeutet diese Arbeit zwar ein paar Monate Überleben aber auch die Gewissheit, dass die Nazis sie am Ende als Zeugen ihrer geheimen Falschgeldproduktion beseitigen werden. Die Nazis hatten sie vor die Wahl gestellt: Wenn sie kooperierten, bekamen sie die Chance zu überleben. Obwohl Sabotage lebensgefährlich war, versuchten sie, möglichst viel Ausschuss zu produzieren, um Zeit zu gewinnen.

Mit Herannahen der sowjetischen Armee im Frühjahr 1945 wurde die Fälscherwerkstatt zu Kriegsende - mit sämtlichen Druckmaschinen - zuerst in das KZ Mauthausen und dann dann in das Außenlager Ebensee verlagert. Hier wurden die 135 noch überlebenden Häftlinge des Fälscherkommandos am 5. Mai 1945 durch amerikanische Truppen befreit. Die Kisten mit dem Falschgeld hatten die Nazis zuvor im Toplitz-See versenkt.

Nach Kriegsende zurückgekehrt in die slowakische Heimat, hatte Adolf Burger zwei Jahrzehnte lang geschwiegen. Doch als in den 60er Jahren die „Auschwitzlüge“ aufkam, wurde er wachgerüttelt. Er begann zu recherchieren und sammelte Aussagen von weiteren Mithäftlingen. Aus diesen Fakten und dem eigenen Erleben schrieb er schließlich den Tatsachenbericht „Des Teufels Werkstatt“, der vor zehn Jahren erstmals erschien.
Adolf Burger ist engagiert im Internationalen Sachsenhausenkomitee, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist.

Auch und gerade in Zeiten, in denen es immer wieder zu ausländerfeindlichen und antisemitischen Übergriffen kommt, fährt der 90jährige tschechische Autor, Journalist und Verleger regelmässig nach Deutschland, um in Universitäten, Schulen und Kirchen-gemeinden Jugendlichen seine Lebensgeschichte zu erzählen und sie über die Verbrechen der Nazis aufzuklären.

2006 wurde der Spielfilm „Die Fälscher" gedreht, der 2007 auf der Berlinale uraufgeführt wurde und im März in Deutschland und Österreich erschien. Das Drehbuch basiert auf den Erinnerungen Adolf Burgers an seine Zeit in Sachsenhausen.
Jörg Kulbe
Autor: nnz

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