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Mi, 17:36 Uhr
20.09.2023
Die Leipziger Elitendatenbank

Es hat sich quasi nichts geändert

Heute wurde der aktuelle Eliten-Monitor der Universität Leipzig, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Hochschule Zittau/Görlitz vorgestellt. Und der hat zwar neue Zahlen, doch eine Trendumkehr ist auch drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit nicht erkennbar...


Die Leipziger Elitendatenbank sammelt öffentlich frei zugängliche Informationen über die Inhaberinnen und Inhaber von Elitepositionen in Deutschland. In dem Vorgängerprojekt „Soziale Integration ohne Eliten“ wurden in den Jahren 2018/2019 bereits über 3000 Elitepositionen erhoben. Die aktuelle Erhebung nimmt das aktualisierte Sample aus dieser Erhebung als Grundlage. Die genaue Auswahl der Elitepositionen können Sie hier nachlesen. Dabei werden Eigenschaften der Positionen und deren Inhaber kodiert.

Definition Ostdeutsch
Die Antwort auf die Frage, wie viele der Inhaberinnen und Inhaber von Elitenpositionen Ostdeutsche sind, hängt auch davon ab, wer als ostdeutsch gilt. Es gibt dabei eine Reihe von Möglichkeiten, wie den Geburtsort, Wohnort, Selbstidentifikation oder den Ort des Aufwachsens. Dabei ist weiterhin eine klare Trennung in ost- und westdeutsch schwierig, da viele Menschen verschieden lange in Ost- oder Westdeutschland wohnen. Gilt jemand mit westdeutschen Eltern als westdeutsch, der seit dem 14. Lebensjahr in Erfurt wohnt? Dennoch verwenden wir hier den Geburtsort, da für den allergrößten Teil der Eliten und auch der Bevölkerung Geburtsregion, Sozialisation und Wohnregion kongruent nach Ost- oder Westdeutschland bzw. DDR und BRD verortet werden können.[1]

Entwicklung im zeitlichen Verlauf
Unter den 2.788 Personen, die in den Jahren 2022/23 Elitenpositionen innehaben, finden sich nur zwölf Prozent gebürtige Ostdeutsche. Dieser Anteil variiert deutlich zwischen den gesellschaftlichen Bereichen. Wie bereits frühere Untersuchungen ergaben, sind die Ostdeutschen allein im politischen Bereich nicht unterrepräsentiert – allerdings nur, wenn die Landesebene einbezogen wird. In den politischen Positionen auf Bundesebene allein liegt der Anteil der Ostdeutschen bei nur 13,3 Prozent.

In den übrigen Bereichen außerhalb der Politik sind Ostdeutsche ebenfalls seltener, zum Teil deutlich seltener, vertreten. In Spitzenpositionen der öffentlichen Verwaltung, bei Arbeitnehmervertretungen und zivilgesellschaftlichen Gruppen und im Bereich Sicherheit ist ihr Anteil immerhin noch zweistellig. In den Bereichen Wirtschaft, Justiz und Militär liegt er jedoch sogar unter fünf Prozent.

Erstmals kann die Entwicklung der Unterrepräsentation auf breiter empirischer Basis im Zeitverlauf beobachtet werden. Der Vergleich der Spitzenpositionen zwischen 2018 und 2022 insgesamt zeigt einen leichten Anstieg des Anteils an Ostdeutschen von 10,9 auf 12,3 Prozent. Ostdeutsche wurden vor allem in Spitzenpositionen der Wissenschaft und der öffentlichen Verwaltung präsenter. Zudem gibt es keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem ein deutlicher Rückgang verzeichnet wurde.

Findet ein Generationenwechsel statt?
Ein Erklärungsansatz für die Unterrepräsentation Ostdeutscher in den Positionseliten sind die Langzeitwirkungen des DDR-Systems, des Systemwechsels und des Beitritts. Dies ist nun über 30 Jahre her und es könnte angenommen werden, dass im Zuge der Wiedervereinigung von Westdeutschen bezogene Elitenpositionen frei werden und genug qualifizierte ostdeutsche Kandidatinnen und Kandidaten existieren, um diese zu besetzen.

Bei der Wiedervereinigung wurden Gesetze, Abschlüsse und auch informelle Qualifikationen für die Führung von Betrieben fast gesamt aus der BRD übernommen. DDR-Juristen, höhere Angehörige der Nationalen Volksarmee und Leiter von Volkseigenen Betrieben hatten zu dieser Zeit nicht die (formale) Qualifikation oder wurden als politisch zu belastet eingeschätzt, um höhere Posten zu bekleiden, sodass viele der freiwerdenden und neu geschaffenen Führungs- und Elitenpositionen durch Westdeutsche übernommen wurden.

Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sollten genug Ostdeutsche Qualifikationen erworben und Laufbahnen abgeschlossen haben, um in Elitenpositionen aufzusteigen. Gleichzeitig sollten die Westdeutschen, die damals diese Stellen angetreten haben, nun in den Ruhestand gehen. Demnach wäre ein Generationenwechsel erwartbar, durch den sich die Unterrepräsentation Ostdeutscher in Elitenpositionen verringern sollte.

Findet ein solcher Generationenwechsel tatsächlich statt, sollte sich zeigen, dass viele von Westdeutschen besetzten Elitepositionen nun von Ostdeutschen besetzt werden, während Ostdeutsche eher auf den Positionen bleiben oder eher von Ostdeutschen gefolgt werden.

Betrachtet man (nur) die Positionen, deren Inhaberinnen oder Inhaber seit 2018 wechselten und bei denen bekannt ist, ob sie aus Ost- oder Westdeutschland stammen, werden sowohl von West- als auch von Ostdeutschen besetzte Positionen eher von Westdeutschen besetzt. Von den 128 von Ostdeutschen besetzten Positionen, deren Inhaber seit 2018 wechselten wurden 59 (46,1 Prozent) wieder mit Ostdeutschen besetzt, von den 839 von Westdeutschen eingenommenen Positionen, deren Inhaber seit 2018 wechselten, wurden hingegen 91,9 Prozent) wieder von Westdeutschen übernommen. Insgesamt nahm die Zahl der Ostdeutschen jedoch leicht zu. Ostdeutsche machen einen Anteil von 13.3 Prozent der Neubesetzungen aus. Dies bleibt jedoch wieder deutlich unter dem Anteil an Ostdeutschen in der Gesamtbevölkerung.

Ein Generationenwechsel, bei dem Ostdeutsche vermehrt auf bisher von Westdeutschen eingenommene Elitenpositionen folgen, lässt sich folglich bisher nicht erkennen.

Zu dieser Problematik kann die Redaktion der nnz das in diesem Jahr erschienene Buch "Der Osten: eine westdeutsche Erfindung" von Prof. Dirk Oschmann wärmstens empfehlen.
Autor: psg

Kommentare
P.Burkhardt
20.09.2023, 18.37 Uhr
ich weiß nicht...
...ob diese Betrachtungsweise so richtig ist. Ich bin in NDH geboren, war dort Kind und bin dort groß geworden - auch nach der Wende hab ich dort noch gearbeitet, hab dort meinen Hauptwohnsitz und arbeite nun seit Jahrzehnten in verantwortlicher Position im "wilden Westen". Bin ich nun Ossi oder Wessi ? Ich finde diese ganze Debatte um Ost und West absolut falsch und kontraproduktiv. Wir hatten eine ostdeutsche Bundeskanzlerin, die Ihre Uckermark niemals vergessen hat... egal, was man ihr andichtet. Was genau ist "der Osten" überhaupt ? Ist das eine geographische, oder doch eine soziale oder politische Beschreibung ?

Ich weigere mich einfach zu verallgemeinern und die Dinge undifferenziert zu betrachten. Das gilt für Ossis, Besserwessis, Ausländer und Teufelsanbeter gleichermaßen - es zählt das Individuum, mit all seinen Fähigkeiten und Fehlern.
Kobold2
20.09.2023, 19.39 Uhr
Nach über 30 Jahren
Mit solchen Schranken zu argumentieren hilft manchen nur noch für die Opferrolle....
Wenn ich unterwegs nach meiner Herkunft gefragt werde, sage ich, aus Thüringen.
Ich kann mich nicht erinnern, das mir mal jemand entgegnet hat, ach so aus dem Osten....Das war mal in den 90igern.
Diese Differenzierung hat für mich was stehen gebliebenes....
Leser X
20.09.2023, 20.23 Uhr
Ganz so einfach wie meine Vorkommentatoren...
... sehe ich das nicht. Ich kenne durchaus auch ein paar Exemplare, die zwar ostgeboren sind. Da sie aber in ihrem Erwerbsleben einen besonderen Posten erwarben, gerieren sie sich in vorauseilenden Gehorsam mitunter besonders systemkonform. Eigentlich so, wie es in der DDR auch üblich war. Hauptsache oben schwimmen...

Sie verloren irgendwann das Gespür für hiesige Befindlichkeiten und übersehen großzügig die immense soziale Spaltung der Gesellschaft. Das können sie sich ja auch leisten. Ihnen drohen keine Brüche in der Erwerbstätigkeit, kein hangeln von einem zum anderen Billigjobs, keine Armutsrente... Kurzum: es kann ihnen egal sein, wie es ihren Landsleuten so geht. Aber - wie gesagt, ich spreche nicht verallgemeinern, sondern nur von Exemplaren...
Strandläufer
20.09.2023, 21.35 Uhr
Ost/West/Nord/Süd
Ich glaube schon, dass es Unterschiede macht wo man aufwuchs, sozialisiert wurde.
Einstellungen, Ansichten, Erfahrungen...sie sind schon unterschiedlich. Aber eben nicht nur zwischen Ost und West sondern auch zwischen Nord und Süd. Traditionen, Werte, Umfeld: all das prägen die Menschen.
Daran finde ich aber auch nichts verwerfliches.

Man sollte nur beachten, dass gerade die Ostbürger einiges durchgemacht haben, das Biografien und Ausbildungen nach der Wende zerschmettert wurden und auch so bei vielen das Gefühl der "2te Klassen Gesellschaft" hängen blieb. Die Lebensleistung wurde entwertet.
"Drüben war alles besser". Der gr.Honk der im Westen nichts taugte wurde mit großzügiger Buschzulage in den Osten gekarrt.

Wenn ich aber durch Deutschland reise (beruflich komme ich in alle Himmelsrichtungen) ist es ansich gefühlt kein Thema mehr.
Bürger 0815
21.09.2023, 06.53 Uhr
Strandläufer
genau das ist es. Die Lebensleistung wurde entwertet.
HisMastersVoise
21.09.2023, 09.12 Uhr
Wiedervereinigung !
Es wird die all zu oft beschriebene Wiedervereinigung erst dann wirklich geben, wenn niemand mehr etwas mit dem Begriff Ossi oder Wessi anfangen kann. Und es wird sie erst wirklich geben, wenn es keine Unterschiede mehr im Lohnsektor gibt. Und es wird sie erst wirklich geben, wenn das allzu gern bediente Thema des Unrechtsstaates DDR einmal ein Ende hat. Denn über die NS-Vergangenheit der jungen Bundesrepublik Deutschland wird ja auch nicht ständig hergezogen. Wenn also jeder Mensch unabhängig von Herkunft, Konfession oder wirtschaftlichem Stand die gleichen Rechte geniessen kann, dann haben wir die Wiedervereinigung. Und dann ist auch diese lästige Diskussion eindlich vorbei. Man verstolpert seine Zukunft, wenn man ständig nach hinten schaut !
diskobolos
21.09.2023, 10.15 Uhr
Gute Kommentare
Was hier bisher geschrieben wurde ist erfreulich sachlich. Vielem kann ich zustimmen. Noch vorhandenen Unterschiede haben z. T. auch objektive Ursachen. In der Zukunft wächst sich manches noch aus und das ist gut so. Jammern hilft uns nicht, besser die Ärmel hochkrempeln.
A-H-S
21.09.2023, 13.04 Uhr
Unrechtsstaat
Zitat HisMastersVoice: "...wenn das allzu gern bediente Thema des Unrechtsstaates DDR einmal ein Ende hat. "
-> Die DDR war ein Unrechtsstaat. Da sollte es keine 2 Meinungen geben (siehe Stasi- und Grenzkomplex). Dass man auch in einem Unrechtsstaat eine glückliche Kindheit / ein glückliches Leben haben kann, gilt trotzdem.

Ich finde die Ossi-Wessi-Debatte generell auch nicht zielführend. Es ist jetzt Aufgabe derjenigen, die in Verantwortung sind, auch mitteldeutsche Biografien zu fördern.
Leser X
21.09.2023, 14.19 Uhr
Wenn die DDR ein Unrechtsstaat war...
... und das jetzige Deutschland auch, warum verleugnet man das bei letzterem, AHS? Es ist genau dieses messen mit zweierlei Maß, was die Leute auf die Palme bringt.

Oder wollen Sie ernsthaft behaupten, in dieser Bundesrepublik geht es gerecht zu? Arbeiten bis zur Erschöpfung, gerne für wenig Geld? Eine Steuerlast, die vom Euro-Spielgeld immer weniger übrig lässt? Versteuertes Geld als Rentner nochmal versteuern, wenn man nicht das "Glück" einer besonders dürftigen Rente hat? Vergiftung internationaler Beziehungen auf Geheiß des neuen großen Bruders. Mitfinanzierung daraus erwachsender Kriege? Damit im Zusammenhang stehende Inflation, die uns alle täglich ärmer macht?

Ich will es dabei belassen, die Krisenhaftigkeit des Systems, in das dieses Land eingebunden ist, kann man nur als linientreuer und vorauseilend gehorsamer Bundesbürger übersehen.

Dieses Land ist natürlich auch ein Unrechtsstaat. Nur eben auf seine Weise.
reiner3000
21.09.2023, 15.01 Uhr
Alles in allem leben wir gut !
Osten - Westen ist für mich längst kein Thema mehr. Ich arbeite mit Leuten aus Hamburg oder Dresden. Ich habe ganz prima Leute aus Niedersachsen kennen gelernt und auch das Gegenteil.
Wir leben besser als alle Generationen vor uns und was jeder draus macht - hängt von einem selbst ab und nicht von der Herkunft aus dem Osten oder Westen.
Leser X
21.09.2023, 15.24 Uhr
Reiner
Es geht doch auch nicht um "nett" oder nicht " nett". Es geht darum, dass das übrig gebliebene System das ehemalige schlechter macht als es war, weil es selbst so viele Ungerechtigkeiten hat.
A-H-S
21.09.2023, 16.05 Uhr
Gerechtigkeit vs. Recht(sstaat).
@Leser X

Gerechtigkeit ist mehr oder weniger subjektiv. Was Sie als gerecht empfinden wird regelmässig nicht mit dem übereinstimmen, was ich als gerecht empfinden mag.
Und nein, in der Bundesrepublik geht es häufig nicht gerecht zu - aber das ist auch wegen der Subjektivität von Gerechtigkeit nicht möglich.

Wesentlich problematisch ist es aber, wenn sich UnRecht breit macht, d.h. dass sich weite Teile nicht mehr an die in Gesetzen und Ordnungen verschriftlichten Normen halten. Oder wenn die Justiz die zweifelsohne vorhandenen Spielräume permanent einseitig anwendet. Oder wenn es in den Normen reihenweise Abschnitte gibt, die bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminieren.

Sicherlich wird der ein oder andere Tendenzen entdecken - aber wir sind ein ganzes Stück davon entfernt die BRD als Unrechtsstaat bezeichnen zu können. Eine Systematik, die dafür erforderlich ist, ist nicht erkennbar.
HisMastersVoise
21.09.2023, 16.57 Uhr
Teile und herrsche !
Aber es steht doch geschrieben " Deutschland einig Vaterland ". Und hier liegt das Problem. Uns wird so unglaublich viel Kraft geraubt mit Themen, welche bei präziser Bearbeitung gar keine mehr wären. Unsere Schulen sind marode und schuld sind die Ausländer. Unsere Krankenhäuser sind stehend KO und schuld ist Lauterbach. Wir haben ein Heer von Nichtarbeitenden uund schuld ist die Ampel. Und mit diesen und ähnlichen Themen wird die eigentliche Problematik vertuscht. Hier geht es nur um Profit. Und solange die Deutschen sich mit Brot und Spielen zufrieden geben, wird das so weiter gehen. Die gerechte Umverteilung von Vermögen und die Wiedererweckung des Leistungsprinzips sollten endlich in die Köpfe zurück. Aber das Niveau, auf dem wir jammern, ist auch Weltspitze. Solange jedoch viel zu viele Gelder aus dem BIP ohne Sinn und Rechenschaft und Verantwortung verschleudert werden, wird der Fortschritt auf sich warten lassen. Mich würde nur so zum Beispiel mal interessieren, wie viel Geld prozentual zu den Gesamtsummen für nordhäuser Projekte an irgend welche Berater und Planungsbüros gewichtelt wurde. Die All-You-Can-Eat und Ist doch nicht mein Geld -Problematik ist unser Problem und nicht die Frage, welches Sythem DDR oder BRD am unrechtesten gewesen ist. Nicht die Ampel trägt die Schuld am unserer Misere sondern die Jahrzehnte, in denen man sich in Deutschland für den Nabel der Welt hielt. Ich rede von Trägheit in Kopf und Körper. Psst ..aufwachen..da draußen hat die Zukunft begonnen.!!!
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