Mo, 16:53 Uhr
06.03.2023
Historischer Rundwanderweg 1806
Als der Krieg nach Nordhausen kam
Donnerhall dröhnt durch die Stadt, vor den Toren Nordhausen werden die letzten Akkorde einer großen Schlacht angeschlagen und eine Epoche neigt sich ihrem Ende. Die Episode aus dem Jahr 1806 ist vielen heute unbekannt, dank einer Interessengemeinschaft aus Brandenburg könnte sich das aber bald ändern...
Es ist der 17. Oktober 1806. Auf der Nordhäuser Stadtmauer hat sich viel Volk versammelt, man erwartet einen Angriff. Gut 40.000 Mann ziehen durch die Sundhäuser Berge der Stadt entgegen. Das 4. Korps der napoleonischen Infanterie unter Marschall Soult hält auf Nordhausen zu und treibt die Reste der preußischen Armee vor sich her.
Drei Tage zuvor war die bei Jena und Auerstedt schwer geschlagen worden. Napoleon selbst hält auf Berlin zu, drei Korps verfolgen die fliehenden Preußen gen Magdeburg, versuchen sie zu stellen. Die erste Nachricht, dass die Schlacht verloren ging, geht in Nordhausen schon am 15. Oktober ein, tags darauf macht König Friedrich Wilhelm III auf seiner Flucht kurze Rast am Pferdemarkt. Die geschlagene Armee unter dem Fürsten von Hohenlohe folgt kurze Zeit später. Vor den Toren der Stadt sucht man die Franzosen aufzuhalten und zu verlangsamen.
In der Nordhäuser Chronik steht zu lesen: Gegen 3 Uhr nachmittags eröffnen unter Leitung von Blücher und Scharnhorst preußische Batterien, die am Bielentore, an der Sundhäuser- und Siechen-Brücke sowie an der Rothleimmühle und auf den Höhen bei Krimderode aufgestellt waren, das Feuer, und bald zischten die französischen Kugeln anwortend von der Helme herüber.
Rund 4000 Reiter stehen in der Ebene bereit, knapp 3.000 Mann halten die Brücken. Die Kämpfe dauern an bis die Dunkelheit anbricht. Schaulustige sind da keine mehr auf den Mauern, die im Jahre 1806 schon lange keinen Verteidigungswert mehr haben. Als die ersten Kugeln in die alten Steine einschlagen und auch einige Häuser treffen, zieht man sich in die Stadtmitte zurück und harrt der Dinge, die da kommen werden.
Eine fast vergessene Geschichte
Die kurze wie heftige Episode gehört heute nicht mehr zum wohl ohnehin eher dünnem Allgemeinwissen um die Stadtgeschichte Nordhausens aber das könnte sich bald ändern, zumindest für diejenigen, die mit offenen Augen die Stadt erwandern. Vergangenem Dienstag wurden mehrere textreiche und bebilderte Infotafeln in der Unterstadt aufgestellt, die die Geschehnisse des 17.10.1806 in und um Nordhausen beschreiben.
Aufgestellt wurde sie durch die Interessengemeinschaft Historienwanderweg 1806. Wir hatten bereits im Mai 2022 die Absicht, gemeinsam mit der Stadt Nordhausen diesen Weg zu errichten. Durch monatelange Verwaltungsakte haben wir leider erst im Februar 2023 die Aufstellgenehmigungen erhalten. So haben wir an der Zorge, an der Kreismusikschule, am Parkplatz Parkallee und auf dem Gehege jeweils eine Infotafel errichtet., schreibt uns Stefan Hückler, Sprecher der Interessengemeinschaft. Der Rundwanderweg durch die Stadt ist damit auch Teil des "Historienwanderweges 1806, der zur Zeit vom Schlachtfeld bei Auerstedt über Magdeburg bis nach Prenzlau in der Uckermark führt.
Unterstützt wurde die Aktion in Nordhausen unter anderem durch die Firma Granitbau, die Traditionsbrennerei und das Hotel Fürstenhof, an dem noch eine weitere Tafel angebracht werden soll. In Kürze wolle man zudem noch einen Gedenkstein für die Toten des Gefechts in Nordhausen errichten und eine Broschüre herausgeben, die auf 52 Seiten die Ereignisse beschreibt und auch als Wanderführer für den neuen Rundweg dienen kann.
Mit dem Aufstellen des Gedenksteins werden alle Beschilderungen des
Weges fertig sein und der Weg kann dann von allen Interessierten genutzt werden. Die gesamte Finanzierung erfolgte durch Spenden einiger regionaler Unternehmer und durch Spenden und sehr viel ehrenamtlicher Arbeit der "Interessengemeinschaft Historienwanderweg 1806". Die Stadt ist finanziell leider nicht beteiligt., teilt Hückler weiter mit. Wenn der Gedenkstein aufgestellt wird, plane man auch eine kleine, offizielle Einweihungsveranstaltung.
Was danach kam
Noch einmal zurück in die Vergangenheit. Die Schlacht vor den Toren der Stadt war kurz, den Preußen gelingt schließlich die Flucht mit wenigen Stunden Vorsprung, den man sich vor Nordhausen erkauft hat. Allein für die alten Nordhäuser ging die Sache nicht gut aus: […], die erste Nach war fürchterlich. Alle Thüren und Fenster wurden eingeschlagen, alle Häuser ausgeplündert und jeder […] der auf der Straße war, mißhandelt und beraubt. schreibt der damalige Stadtdirektor Piautaz. Und das ist erst der Anfang, Napoleons Frankreich besetzt die Stadt und wird zehn Jahre lang bleiben.
Es schadet dem städtischen Gedächtnis sicherlich nicht, Abseits von Roland, Rathaus und Bombenhagel, auch solche Episoden der eigenen Geschichte zu kennen, gerade in diesen Tagen. Wer also Interesse hat, der mag Schusters Rappen bemühen oder das Rad aus dem Winterschlaf holen und sich die neuen Tafeln selber einmal ansehen. Und wen es für den Moment eher nicht nach draußen zieht, dem sei ein Blick in Band II der Nordhäuser Chronik aus dem Jahre 2003 empfohlen, die das Geschehen in einigem Detail beschreibt und aus der auch hier zitiert wurde.
Angelo Glashagel
Autor: red
Marschall Jean-de-Dieu Soult, hier daregestellt bei der Schlacht von Porto, ließ seine Truppen 1806 vor Nordhausen aufmarschieren (Foto: Joseph Beaume, 1840)
Es ist der 17. Oktober 1806. Auf der Nordhäuser Stadtmauer hat sich viel Volk versammelt, man erwartet einen Angriff. Gut 40.000 Mann ziehen durch die Sundhäuser Berge der Stadt entgegen. Das 4. Korps der napoleonischen Infanterie unter Marschall Soult hält auf Nordhausen zu und treibt die Reste der preußischen Armee vor sich her.
Drei Tage zuvor war die bei Jena und Auerstedt schwer geschlagen worden. Napoleon selbst hält auf Berlin zu, drei Korps verfolgen die fliehenden Preußen gen Magdeburg, versuchen sie zu stellen. Die erste Nachricht, dass die Schlacht verloren ging, geht in Nordhausen schon am 15. Oktober ein, tags darauf macht König Friedrich Wilhelm III auf seiner Flucht kurze Rast am Pferdemarkt. Die geschlagene Armee unter dem Fürsten von Hohenlohe folgt kurze Zeit später. Vor den Toren der Stadt sucht man die Franzosen aufzuhalten und zu verlangsamen.
In der Nordhäuser Chronik steht zu lesen: Gegen 3 Uhr nachmittags eröffnen unter Leitung von Blücher und Scharnhorst preußische Batterien, die am Bielentore, an der Sundhäuser- und Siechen-Brücke sowie an der Rothleimmühle und auf den Höhen bei Krimderode aufgestellt waren, das Feuer, und bald zischten die französischen Kugeln anwortend von der Helme herüber.
Rund 4000 Reiter stehen in der Ebene bereit, knapp 3.000 Mann halten die Brücken. Die Kämpfe dauern an bis die Dunkelheit anbricht. Schaulustige sind da keine mehr auf den Mauern, die im Jahre 1806 schon lange keinen Verteidigungswert mehr haben. Als die ersten Kugeln in die alten Steine einschlagen und auch einige Häuser treffen, zieht man sich in die Stadtmitte zurück und harrt der Dinge, die da kommen werden.
Eine fast vergessene Geschichte
Die kurze wie heftige Episode gehört heute nicht mehr zum wohl ohnehin eher dünnem Allgemeinwissen um die Stadtgeschichte Nordhausens aber das könnte sich bald ändern, zumindest für diejenigen, die mit offenen Augen die Stadt erwandern. Vergangenem Dienstag wurden mehrere textreiche und bebilderte Infotafeln in der Unterstadt aufgestellt, die die Geschehnisse des 17.10.1806 in und um Nordhausen beschreiben.
Das erste Schild an der Zorge hat unser aufmerksamer Fotograf Peter Blei schon in der vergangenen Woche entdeckt (Foto: Peter Blei)
Aufgestellt wurde sie durch die Interessengemeinschaft Historienwanderweg 1806. Wir hatten bereits im Mai 2022 die Absicht, gemeinsam mit der Stadt Nordhausen diesen Weg zu errichten. Durch monatelange Verwaltungsakte haben wir leider erst im Februar 2023 die Aufstellgenehmigungen erhalten. So haben wir an der Zorge, an der Kreismusikschule, am Parkplatz Parkallee und auf dem Gehege jeweils eine Infotafel errichtet., schreibt uns Stefan Hückler, Sprecher der Interessengemeinschaft. Der Rundwanderweg durch die Stadt ist damit auch Teil des "Historienwanderweges 1806, der zur Zeit vom Schlachtfeld bei Auerstedt über Magdeburg bis nach Prenzlau in der Uckermark führt.
Unterstützt wurde die Aktion in Nordhausen unter anderem durch die Firma Granitbau, die Traditionsbrennerei und das Hotel Fürstenhof, an dem noch eine weitere Tafel angebracht werden soll. In Kürze wolle man zudem noch einen Gedenkstein für die Toten des Gefechts in Nordhausen errichten und eine Broschüre herausgeben, die auf 52 Seiten die Ereignisse beschreibt und auch als Wanderführer für den neuen Rundweg dienen kann.
Mit dem Aufstellen des Gedenksteins werden alle Beschilderungen des
Weges fertig sein und der Weg kann dann von allen Interessierten genutzt werden. Die gesamte Finanzierung erfolgte durch Spenden einiger regionaler Unternehmer und durch Spenden und sehr viel ehrenamtlicher Arbeit der "Interessengemeinschaft Historienwanderweg 1806". Die Stadt ist finanziell leider nicht beteiligt., teilt Hückler weiter mit. Wenn der Gedenkstein aufgestellt wird, plane man auch eine kleine, offizielle Einweihungsveranstaltung.
Was danach kam
Noch einmal zurück in die Vergangenheit. Die Schlacht vor den Toren der Stadt war kurz, den Preußen gelingt schließlich die Flucht mit wenigen Stunden Vorsprung, den man sich vor Nordhausen erkauft hat. Allein für die alten Nordhäuser ging die Sache nicht gut aus: […], die erste Nach war fürchterlich. Alle Thüren und Fenster wurden eingeschlagen, alle Häuser ausgeplündert und jeder […] der auf der Straße war, mißhandelt und beraubt. schreibt der damalige Stadtdirektor Piautaz. Und das ist erst der Anfang, Napoleons Frankreich besetzt die Stadt und wird zehn Jahre lang bleiben.
Es schadet dem städtischen Gedächtnis sicherlich nicht, Abseits von Roland, Rathaus und Bombenhagel, auch solche Episoden der eigenen Geschichte zu kennen, gerade in diesen Tagen. Wer also Interesse hat, der mag Schusters Rappen bemühen oder das Rad aus dem Winterschlaf holen und sich die neuen Tafeln selber einmal ansehen. Und wen es für den Moment eher nicht nach draußen zieht, dem sei ein Blick in Band II der Nordhäuser Chronik aus dem Jahre 2003 empfohlen, die das Geschehen in einigem Detail beschreibt und aus der auch hier zitiert wurde.
Angelo Glashagel
Kommentare
Bifiwurst
06.03.2023, 20.12 Uhr
Die Stadt ist finanziell leider nicht beteiligt
Die Gelder sind schon alle für bestehende Gedenkstätten drauf gegangen.
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G. Hebestreit
06.03.2023, 20.22 Uhr
Ein interessanter Artikel!
Ein sehr interessantes Thema, welches bisher nur schemenhaft bekannt war, wird hier beleuchtet.
Mein Kompliment für die zeitintensiven Recherchen und das Engagement für die Veröffentlichung.
Geschichtsbildung ist sehr wichtig, denn:
Nur wer seine Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft (Wilhelm von Humboldt).
Mein Kompliment für die zeitintensiven Recherchen und das Engagement für die Veröffentlichung.
Geschichtsbildung ist sehr wichtig, denn:
Nur wer seine Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft (Wilhelm von Humboldt).
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hatschibenoma
06.03.2023, 21.33 Uhr
Ich kann
mich meinem "Vorschreiber" nur anschließen.
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Leser X
06.03.2023, 21.44 Uhr
Historische Parallelen
Und heute arbeiten Politiker gerade intensiv daran, einen vorhandenen Krieg in Europa zu einem nicht mehr bezwingbaren Brandherd auszuweiten.
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Sheriff Pat
06.03.2023, 22.51 Uhr
Das Traurige ist,
das die Wenigsten heute wissen, dass die Grafschaft Hohnstein lange brandenburgisch und Nordhausen preußisch waren.
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Paulinchen
07.03.2023, 08.11 Uhr
Dieser Teil der...
.... Geschichte unserer Heimatstadt, war mir bisher nicht bekannt. Diese, für mich sehr interessante Aufarbeitung und Schließung meiner Wissenslücke, hat daher auch von mir ein großes Lob verdient.
Na ja, irgendwie musste der Bonaparte doch nach Leipzig gekommen sein. Dass die Franzosen aber solange hier als Besatzer waren, wusste ich auch nicht.
Schön, dass es die nnz-online gibt, welche mir hier etwas Neues vermittelt hat.
Danke an die Redaktion!
Na ja, irgendwie musste der Bonaparte doch nach Leipzig gekommen sein. Dass die Franzosen aber solange hier als Besatzer waren, wusste ich auch nicht.
Schön, dass es die nnz-online gibt, welche mir hier etwas Neues vermittelt hat.
Danke an die Redaktion!
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Schnapsglas
07.03.2023, 13.35 Uhr
Auch über Nordhausens Zukunftsperspektiven nachdenken
Nordhausens Geschichte ist reich und wechselvoll. Man sollte nicht vergessen, sich auch der Zukunft zuzuwenden und aus der Vergangenheit Ableitungen treffen für das Kommende.
Nordhausen war immer eine stolze und kraftvolle Stadt auch dank einer aktiven Bürgerschaft. Da muss und kann unsere schöne Stadt auch wieder hin - als starkes Zentrum im Südharz und Kraftpol in Thüringens Norden. Die Voraussetzungen sind da.
Nordhausen war immer eine stolze und kraftvolle Stadt auch dank einer aktiven Bürgerschaft. Da muss und kann unsere schöne Stadt auch wieder hin - als starkes Zentrum im Südharz und Kraftpol in Thüringens Norden. Die Voraussetzungen sind da.
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Peperoni
07.03.2023, 14.11 Uhr
Als der Krieg nach Nordhausen kam
Sehr gut recherchiert, löst ja richtige begeisterungsstürme aus, interresiert ganz bestimmt die heutige Jugend und klimaschützer. Es zählt Momentan nur das hier und jetzt! Oder will man die Leute schon mal wieder auf den Krieg vorbereiten, was man sich ganz gut vorstellen kann, bei dieser Kriegstreiber - Regierung. KRIEG BRAUCHT HIER NIEMAND, alle Unterstützer und Sponsoren sofort mit an die Front!!!
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geloescht.20230927
07.03.2023, 23.37 Uhr
Wenn wir weiter.....
dem Ami bedingungslos folgen, wird der Krieg ganz schnell nach Nordhausen zurückkehren!
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