nnz-Leser Tim Schäfer hat uns einen Beitrag zu den ungewöhnlich dicht beieinander stehenden Rolandsfiguren in Nordhauen und Neustadt zugesandt, den wir Ihnen hier präsentieren wollen...

Die Rolande in Nordhausen und Neustadt/Südharz sind eng beieinander, Tourismusikonen und zeugen von einer Historie und dem Stolz, eine „Rolandstadt“ zu sein. Die Nähe und sprichwörtliche Ähnlichkeit der Figuren, aber auch andere Aspekte sollen mit diesem Beitrag zur Diskussion gestellt werden. Denn seltener sind Rolande so eng beieinander wie im Falle von Nordhausen und Neustadt.

Dies kann sich wohl in der besonderen Lage und der Entwicklung begründen, aber eben auch bestimmten historischen Ereignissen geschuldet sein. Konkret gibt es Hinweise (vgl. Bremen oder Zerbst), die einen Zusammenhang zu einer Unterwerfung oder einem anderen Erfolg im Kontext damaliger Entwicklung sehen sollen. Das wäre für Nordhausen und Neustadt nicht von der Hand zu weisen. Ein konkreter Bezug ist jedoch nicht belegbar, wobei es in Neustadt um die Grafschaft Hohnstein oder die Ritter gegangen sein dürfte. Oft wird in der Literatur gesagt, die Roland-Figuren von Nordhausen und Neustadt sind sich sehr ähnlich, heute trifft das wohl zu.

Aber ist das immer so gewesen? Wohl eher nicht! Heute gibt es Quellen, die die Rolandfigur in Neustadt/Harztor, seinerzeit „unterm Hohnstein“ auf das Jahr 1372 datieren, der Roland von Nordhausen wird etwas später in einer Quelle, auf das Jahr 1411, belegt 1). Der Roland in Nordhausen gehörte zu den 7 Nordhäuser Wundern, das Ortsbild von Neustadt wird besonders von dem alten Stadttor (1412) mit Heimatstube, der imposanten Rolandfigur am Ratskeller (1730-erneuert), zahlreichen Fachwerkhäusern und der St. Georg Kirche geprägt. Beide Rolande waren dem Zahn der Zeit oder auch bspw. Bränden oder Vandalismus ausgesetzt. So gab es bspw. ein Großfeuer am 10. Sept. 1678 in Neustadt, das quasi zur vollständigen Zerstörung des historischen Neustadt unterm Hohnstein geführt hat. B. Melissantes in seiner "Geographia novissima" (1708, Nordhausen)) beschreibt den damaligen Nordhäuser Roland als: „Auf dem Markt steht der große Roland wohl auspoliert, geharnischt und hat ein Schwert und Helm angethan". 2)

Nun, es mag so sein, dass beide Roland-Figuren nicht mit den Originalen überein oder dass die Quellen fehlerhaft sind. Der Nordhäuser Roland hat ein Schwert, aber keinen Helm, sondern eine Krone, der Harnisch kann dahingestellt bleiben. Der Neustädter Roland wirkt prima facie superschlank, während der Nordhäuser Roland eher korpulent-kräftig ist. Man könnte annehmen, dass in einer vermeintlichen Replik des Nordhäuser Roland der Künstler damals bestimmte Unzulänglichkeiten der Neustädter Figur überwinden wollte? Wie auch immer. Eine Rolandsfigur galt als Verkörperung bestimmter Privilegien, eines Standes und auch von Rechten oder Traditionen. Oft wird heute die Eigenständigkeit einer Stadt mit Marktrecht und eigener Gerichtsbarkeit und damit der Freiheit genannt, vieles ist in die einzelnen Figuren jedoch auch hineininterpretiert worden. Aber auch Neustadt unterm Hohnstein war Standort einer Verwaltung, von Märkten und einer Gerichtsbarkeit. Nordhausens Streben nach Freiheit bildet sich auch in der Adlerfigur auf dem Schild ab. Heute stehen die Rolande nicht mehr so im Vordergrund, diese werden aber in Ihren Heimatorten von Jung und Alt geliebt und verehrt, sogar gefeiert. Viele Besucher von Neustadt oder Nordhausen haben auf dem Plan, diese Figuren aus alter Zeit zu besichtigen und für Facebook, Twitter und Co., damit ein Paar-Selfie zu posten.

Dietlinde Munzel-Everling, Kaiserrecht und Rolandfiguren (12. September 1997), in forum historiae iuris, fhi.rg.mpg.de
Vgl. Nordhausen- Wiki „Roland“