eic kyf msh nnz uhz tv nt
Fr, 09:00 Uhr
29.05.2020
Lichtblick zum Wochenende

Erinnerungen an Taizé

Das Pfingstfest wird in diesem Jahr ohne große Menschenansammlungen und große Gottesdienste gefeiert werden müssen Pfarrerin Viktoria Bärwinkel schwelgt in Erinnerungen an andere Zeiten und einen Pfingstbesuch in französischen Taizé...


Im Sommer vor 10 Jahren war ich das letzte Mal dort. Es war an einem Samstag gegen 21:00 Uhr. Ich saß ich in einem Gottesdienst in einer französischen Kirche. Nichts Besonderes für mich, denn ich war in den letzten Tagen und Sommern oft an diesem Ort.

Anzeige symplr
Ich höre noch die singenden Stimmen, der anderen 4500 Menschen, die um mich herumsitzen. Rieche den Weihrauch, der den Raum erfüllt. Sehe die vielen Kerzen im Altarraum, die die Kirche in ein warmes Licht tauchen. Eine ganze Weile saß ich dort. Nicht auf der Bank, wie hier üblich, sondern auf dem Fußboden. Ich sog die Atmosphäre in mich auf, um sie für zu Hause zu konservieren. Immer wieder dieselbe Frage in mir: Was macht diesen Ort so besonders - für mich und für alle anderen hier?

So richtig kann ich keine Antwort finden. Es ist nicht komfortabel. Vor den Mahlzeiten stehen wir in endlos langen Schlangen. Wir schlafen auf dem harten Boden Burgunds in einem Zelt.

Die Toiletten werden außer von mir, noch von 4499 anderen Menschen täglich genutzt. Und wir alle übernehmen kleinen Aufgaben, in den 10 Tagen, die wir hier sind.

Kaum jemand würde unter diesen Bedingungen an einem anderen Ort Urlaub machen. Ein leises kaum hörbares Geräusch holt mich zurück aus meinen Gedanken. Schnell ist der Raum erfüllt von einem wundervollen Klang. 4500 Menschen singen gemeinsam: Veni Spirito creatore (Komm, Schöpfergeist)

Auch die Freunde Jesu saßen in einem Raum zusammen. Nach seinem Tod und seiner Himmelfahrt waren sie beieinander, um sich gemeinsam zu erinnern. Dort war gut sein.

Aber draußen?!
Draußen waren die anderen, die Fremden. Da herrschten andere Regeln, da herrschte ein anderer Geist. Zusammen in einem kleinen Haus, um vieles kleiner als die französische Kirche, in der ich saß. Eine kleine Gemeinschaft, in dreifacher Weise verbunden:
Durch das, was sie gemeinsam erlebt hatten. Durch die Angst, aufzufallen, und verfolgt zu werden. Durch den Glauben an den Auferstandenen.

Dort im Haus fühlten sie sich sicher. Dort hatten sie das Gefühl, dass die Sache Jesu doch weitergehen kann. In ihrer Gemeinschaft war er anwesend.
„Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen.“, so erzählt es uns die Bibel.
Das gemütliche Miteinander, das Gefühl der Geborgenheit war plötzlich vorbei.

Von außen kommt etwas nach innen, dringt in ihre Runde ein. Aber was war das? Ein Wind ist zu hören, ein unheimliches Brausen. Auch zu sehen ist, was herein kommt in ihre Runde und sie verändert: es sind Feuerzungen, hellglänzend und lodernd. „Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen.“ Brausen wie von einem gewaltigen Wind, Zungen wie von Feuer, was hier von außen in die Gemeinschaft der Freunde Jesu kommt, ist nichts Harmloses oder Unbedeutendes. Es ist ein mächtiger, kräftiger Geist, der Furcht einflößt, der alles verändert. Dieser Geist breitet sich im Haus aus und verändert das Miteinander.

Genauso fühlt es sich auch in dieser Kirche in Taizé an. Dicht an dicht drängen sich die Menschen jedem Abend. Die Rolltore werden geöffnet, damit alle Platz finden. Beim Singen der Choräle vermischen sich nicht nur die Stimmen. Auch die Sprachen mischen sich. Dann bist du plötzlich mittendrin im Pfingsterlebnis. Nur die Zeit und der Ort sind andere. Doch Gottes Geist ist der gleiche – damals wie heute.
Viktoria Bärwinkel
Pfarrerin in und um Sondershausen
Autor: red

Kommentare

Bisher gibt es keine Kommentare.

Kommentare sind zu diesem Artikel nicht möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr