Do, 22:00 Uhr
14.11.2019
Angemerkt
Konzepte, Strategien - und dann?
Rund eine halbe Million Euro habe der Tourismusverband Südharz Kyffhäuser in den fünf Jahren seines Bestehens im Bereich Marketing "bewegt", wie es Vorstand Matthias Deichstetter heute Abend im Ratssaal des Nordhäuser Bürgerhauses bezeichnete. Die touristischen Zahlen, die das Landesamt für Statistik liefert, sprechen seit Jahren eine andere Sprache...
Kristine Honig bei der Vorstellung (Foto: nnz)
... aber von denen solle man sich nicht irritieren lassen, meinte der Mann aus dem Kyffhäuserkreis gleichermaßen. Denn, die Übernachtungs- und Ankunftszahlen würden ja nur die touristischen Unternehmen mit mehr als zehn Betten liefern. Mit Verlaub, Herr Deichstetter, die liefern Unternehmen aus anderen Regionen dieses Freistaates auch. Insofern sind das schon vergleichbare Zahlen, nur das meist unterschiedliche Trends auszumachen sind. Aber das nur nebenbei.
Heute nun wurde mit fast 50 Folien die neue Strategie Südharz Kyffhäuser den Mitgliedern des Tourismusverbandes vorgestellt. Ich weiß nicht, die wie vielte Strategie oder das wie vielte Konzept ich in meinen 27 Dienstjahren in Nordhausen miterleben durfte, aber in die Zweistelligkeit kommt das schon.
Kristine Honig von der Agentur "Tourismuszukunft" war es denn auch, die die erstellte und in mehrfachen Workshops erarbeitete und diskutierte Strategie vorstellte. Das erste Mal murrte es im Auditorium, als Frau Honig einige Destinationen und Sehenswürdigkeiten erwähnte und aus Nordhausen mal gerade der Korn dabei war. Vermutlich sehr zur Freude des Chefs der Echter Nordhäuser Traditionsbrennerei.
Jedenfalls, diese "Erlebnisse" sollten mehr bekannt gemacht werden, so die Strategie. Warum die nach fast drei Jahrzehnten des ungehinderten Reisens in Deutschland noch nicht bekannt sind, sollte mindestens nachfragenswert sein. Denn: wie oben erwähnt mangelte es an bisherigen Strategien und Konzepten nun wahrlich nicht.
Aber Dank der heute vorgestellten Strategie wissen die Touristiker der Region endlich, welche Zielgruppe die interessante für Nordthüringen sein könnte. Es ist einerseits die "Sozialökologische", die Natur mag, viel mit dem Rad unterwegs ist, vorzugsweise in Pensionen und Ferienwohnungen logiert und gern auch vegetarische oder vegane Küche bevorzugt. Andererseits sei auch die "Bürgerlich-Liberale-Intellektuelle" Gruppe nicht zu verachten. Die übernachtet gern in 3- bis 4-Sterne-Hotels, fährt dafür aber deutlich weniger mit dem Rad. Was beide Gruppen auszeichnet ist ihr Interesse an Geschichte und Kultur.
Die dritte Zielgruppe, die so am Rande beobachtet werden sollte, ist die des "Konservativen Milieus". Gut, dass deren personelle Inhalte, die mindestens Vier-Sterne-Etablissements bevorzugen, nicht vollends in den Fokus der Strategen rückte. Vier Sterne gibt es zumindest im Landkreis Nordhausen nicht.
Aus dem Auditorium gab es nach der Präsentation denn vorwiegend Kritik. Zu wenig Praxistauglichkeit, kaum Handlungsempfehlungen oder das Fehlen des Wortes "Kinder" sowie das nur einmalige Auftauchen des Wortes "Gipskarst". Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke sah das anders und verteidigte die Heransgehensweise der Agentur und lobte denn auch die Arbeit von Jessica Piper und Matthias Deichstetter als ehrenamtliche Vorstände. Keine Frage - die beiden haben das Lob und die Anerkennung verdient. Aber auch hier zeigt sich eine gewisse Halbherzigkeit, die seit der Wende zu beobachten ist. Beide - Piper und Deichstetter - arbeiten in Verwaltungen und haben nicht die Fähigkeit sich zu klonen. Wenn in Sachen Tourismus nach fast drei Jahrzehnten endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden sollen, dann muss hier hauptamtlich gearbeitet werden, auch und vor allem an der Spitze eines solchen Verbandes, der vor fünf Jahren aus der Not heraus geboren wurde.
Nun gut, die Regionen des Südharzes und des Kyffhäusers haben eine neue Strategie, wie künftig noch mehr Menschen unsere (keine Ironie) wunderschöne Natur mit all ihren Sehenswürdigkeiten bereisen und vor allem hier verweilen könnten. Nur reicht heutzutage eine wunderschöne Natur nicht mehr aus, die Urlauber wollen zum Beispiel etwas erleben. Das Erlebbare muss in seiner Bandbreite reichen von den Möglichkeiten völliger Abschaltung bis hin zur Möglichkeit des vollständigen Auspowerns. Das sind die Bedürfnisse der heutigen Zeit. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red
... aber von denen solle man sich nicht irritieren lassen, meinte der Mann aus dem Kyffhäuserkreis gleichermaßen. Denn, die Übernachtungs- und Ankunftszahlen würden ja nur die touristischen Unternehmen mit mehr als zehn Betten liefern. Mit Verlaub, Herr Deichstetter, die liefern Unternehmen aus anderen Regionen dieses Freistaates auch. Insofern sind das schon vergleichbare Zahlen, nur das meist unterschiedliche Trends auszumachen sind. Aber das nur nebenbei.
Heute nun wurde mit fast 50 Folien die neue Strategie Südharz Kyffhäuser den Mitgliedern des Tourismusverbandes vorgestellt. Ich weiß nicht, die wie vielte Strategie oder das wie vielte Konzept ich in meinen 27 Dienstjahren in Nordhausen miterleben durfte, aber in die Zweistelligkeit kommt das schon.
Kristine Honig von der Agentur "Tourismuszukunft" war es denn auch, die die erstellte und in mehrfachen Workshops erarbeitete und diskutierte Strategie vorstellte. Das erste Mal murrte es im Auditorium, als Frau Honig einige Destinationen und Sehenswürdigkeiten erwähnte und aus Nordhausen mal gerade der Korn dabei war. Vermutlich sehr zur Freude des Chefs der Echter Nordhäuser Traditionsbrennerei.
Jedenfalls, diese "Erlebnisse" sollten mehr bekannt gemacht werden, so die Strategie. Warum die nach fast drei Jahrzehnten des ungehinderten Reisens in Deutschland noch nicht bekannt sind, sollte mindestens nachfragenswert sein. Denn: wie oben erwähnt mangelte es an bisherigen Strategien und Konzepten nun wahrlich nicht.
Aber Dank der heute vorgestellten Strategie wissen die Touristiker der Region endlich, welche Zielgruppe die interessante für Nordthüringen sein könnte. Es ist einerseits die "Sozialökologische", die Natur mag, viel mit dem Rad unterwegs ist, vorzugsweise in Pensionen und Ferienwohnungen logiert und gern auch vegetarische oder vegane Küche bevorzugt. Andererseits sei auch die "Bürgerlich-Liberale-Intellektuelle" Gruppe nicht zu verachten. Die übernachtet gern in 3- bis 4-Sterne-Hotels, fährt dafür aber deutlich weniger mit dem Rad. Was beide Gruppen auszeichnet ist ihr Interesse an Geschichte und Kultur.
Die dritte Zielgruppe, die so am Rande beobachtet werden sollte, ist die des "Konservativen Milieus". Gut, dass deren personelle Inhalte, die mindestens Vier-Sterne-Etablissements bevorzugen, nicht vollends in den Fokus der Strategen rückte. Vier Sterne gibt es zumindest im Landkreis Nordhausen nicht.
Aus dem Auditorium gab es nach der Präsentation denn vorwiegend Kritik. Zu wenig Praxistauglichkeit, kaum Handlungsempfehlungen oder das Fehlen des Wortes "Kinder" sowie das nur einmalige Auftauchen des Wortes "Gipskarst". Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke sah das anders und verteidigte die Heransgehensweise der Agentur und lobte denn auch die Arbeit von Jessica Piper und Matthias Deichstetter als ehrenamtliche Vorstände. Keine Frage - die beiden haben das Lob und die Anerkennung verdient. Aber auch hier zeigt sich eine gewisse Halbherzigkeit, die seit der Wende zu beobachten ist. Beide - Piper und Deichstetter - arbeiten in Verwaltungen und haben nicht die Fähigkeit sich zu klonen. Wenn in Sachen Tourismus nach fast drei Jahrzehnten endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden sollen, dann muss hier hauptamtlich gearbeitet werden, auch und vor allem an der Spitze eines solchen Verbandes, der vor fünf Jahren aus der Not heraus geboren wurde.
Nun gut, die Regionen des Südharzes und des Kyffhäusers haben eine neue Strategie, wie künftig noch mehr Menschen unsere (keine Ironie) wunderschöne Natur mit all ihren Sehenswürdigkeiten bereisen und vor allem hier verweilen könnten. Nur reicht heutzutage eine wunderschöne Natur nicht mehr aus, die Urlauber wollen zum Beispiel etwas erleben. Das Erlebbare muss in seiner Bandbreite reichen von den Möglichkeiten völliger Abschaltung bis hin zur Möglichkeit des vollständigen Auspowerns. Das sind die Bedürfnisse der heutigen Zeit. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Peter-Stefan Greiner
Kommentare
Frankledig
14.11.2019, 22.16 Uhr
Konzepte...ohne Ende und Erfolg.
Wie war das mit dem Sack Reis in China? Immer nur Konzepte, nix greifbares....
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Fönix
15.11.2019, 09.57 Uhr
Mein Fazit:
Nach so vielen Jahren und fast genauso vielen Anläufen wird es immer offenkundiger: Mehr können sie nicht!
Ein großes Trauerspiel für eine Region, die im Vergleich zu anderen Mitbewerbern mit touristischen Higlights geradezu gespickt ist und nicht wenige wie z.B. Kyffhäuser, Besucherbergwerk, Bilzungsleben, Goldene Aue/Stausee Kelbra, Traditionsbrennerei, Grünes Band, Heringer Schloss und IFA-Museum haben überregionale Strahlkraft! Es gibt gerade in Ostdeutschland einige Landstriche mit deutlich weniger prominenten Angeboten aber deutlich besseren touristischen Bilanzen.
Woran oder besser an wem das wohl liegt?
PS. Kleiner Tipp für alle Uneingeweihten:
Wie lange hat sich nach der Wende Nordhausen mit den anderen Südharzgemeinden in Bezug auf touristische Vermarktung lieber gezofft und gestritten? Dass damit quasi nebenbei eine zielführende Zusammenarbeit mit der Goldenen Aue, mit dem südlichen und südwestlichen Landkreis und mit dem Kyffhäuserkreis ausgeschlossen war, hat man ja über viele Jahre erlebt. Jeder ist für sich allein gestorben. Die dabei entstandenen Defizite und Zeitverluste lassen sich jetzt eben nicht im Handstreich zurückgewinnen, zumal viele aufgeworfene tiefe Gräben erst zugeschüttet werden müssen. Die derzeitige traurige Situation ist für mich ein offenkundiger Beleg für das ganzheitliche Versagen von Stadt- und Landkreisverwaltung, übrigens nicht nur in der Frage der Tourismusentwicklung.
Trotzdem ist nach meiner Meinung der jetzt eingeschlagene Weg einer gemeinsamen Vermarktung der einzige gangbare Weg. Erfolgreich Gestalten können ihn nach meiner Überzeugung aber nur frische Kräfte, die mit der destruktiven neidgeführten Tourismuspolitik der vergangenen Jahrzehnte keinerlei (auch keine parteipolitischen !!!) Berührungspunkte hatten.
Ich befürchte nur, dass das ein Wunschtraum bleiben wird!
Ein großes Trauerspiel für eine Region, die im Vergleich zu anderen Mitbewerbern mit touristischen Higlights geradezu gespickt ist und nicht wenige wie z.B. Kyffhäuser, Besucherbergwerk, Bilzungsleben, Goldene Aue/Stausee Kelbra, Traditionsbrennerei, Grünes Band, Heringer Schloss und IFA-Museum haben überregionale Strahlkraft! Es gibt gerade in Ostdeutschland einige Landstriche mit deutlich weniger prominenten Angeboten aber deutlich besseren touristischen Bilanzen.
Woran oder besser an wem das wohl liegt?
PS. Kleiner Tipp für alle Uneingeweihten:
Wie lange hat sich nach der Wende Nordhausen mit den anderen Südharzgemeinden in Bezug auf touristische Vermarktung lieber gezofft und gestritten? Dass damit quasi nebenbei eine zielführende Zusammenarbeit mit der Goldenen Aue, mit dem südlichen und südwestlichen Landkreis und mit dem Kyffhäuserkreis ausgeschlossen war, hat man ja über viele Jahre erlebt. Jeder ist für sich allein gestorben. Die dabei entstandenen Defizite und Zeitverluste lassen sich jetzt eben nicht im Handstreich zurückgewinnen, zumal viele aufgeworfene tiefe Gräben erst zugeschüttet werden müssen. Die derzeitige traurige Situation ist für mich ein offenkundiger Beleg für das ganzheitliche Versagen von Stadt- und Landkreisverwaltung, übrigens nicht nur in der Frage der Tourismusentwicklung.
Trotzdem ist nach meiner Meinung der jetzt eingeschlagene Weg einer gemeinsamen Vermarktung der einzige gangbare Weg. Erfolgreich Gestalten können ihn nach meiner Überzeugung aber nur frische Kräfte, die mit der destruktiven neidgeführten Tourismuspolitik der vergangenen Jahrzehnte keinerlei (auch keine parteipolitischen !!!) Berührungspunkte hatten.
Ich befürchte nur, dass das ein Wunschtraum bleiben wird!
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Thüringen-Mann
15.11.2019, 10.04 Uhr
Konzepte, Strategien
In Deutschland wird immer nur alles (sehr) schön geredet,aber die Wirklichkeit sieht viel anderes aus leider.
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Einen schönen Tag noch :-)
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Einen schönen Tag noch :-)
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harzwj
15.11.2019, 17.53 Uhr
Als "Aussenstehender" kann man nur...
bedingt zum Thema eine Meinung äussern. Aber der Einsatz/ Verbrauch von einer halben Million Euro für "Marketing" bewegt, in den letzten 5 Jahren sollte doch Annlass sein, die guten und sachlich-kritischen Gedanken zu ergänzen. Da gab es, ich erinnere, einen Qualitätsmanager, der sich gezielt um die inhaltliche Ausgestaltung des Tourismus in der Region kümmern wollte. Da gab es unzählige Besprechungen und Vorschläge aus der Region, was praxisnah zu unternehmen sei, um den Tourismus aufzuwerten und interessanter zu machen. Hier einige, auch in der nnz-online veröffentlichten Gedanken: Verbesserung des Radwegenetzes, Verbesserung der Beschilderung der Hauptwanderwege und deren durchgängigen Pflege (Das Ehrenamt des Harzclubverein und des Wegewartes ist hier ausdrücklich zu loben), Unterstützung des Gedankens eines 4 Sternehotels im Park v. Hohenrode, Tourismusbahn durch Nordhausen mit der "Verbindung" aller touristischen Sehenswürdigkeiten in der Stadt unter Einbeziehung der vorhandenen Gastronomie, usw., usw.. Aber so lange die kleine Brücke in Nähe der Eisfelder Thalmühle -Haltepunkt HSB- immer noch nicht saniert ist, die Schlaglöcher zum Bergwerg am Haltepunkt HSB-Netztkater, oder der Fußweg vom Bushaltepunkt Netzkater zum HSB-Haltepunkt Netzkater immer noch "in den Sternen steht" und Umsteiger den gefährlichen Weg auf der B81 benutzen müssen, auch Schulklassen!!!, sind Konzepte, Strategien gut, aber wie die Praxis zeigt und belegt, nur Schall und Rauch. Schade um die Steuergelder, die hätten möglicherweise auch für die Beseitigung der noch offenen und hier genannten, unbefriedigenden Zustände eingesetzt werden können. Trotzdem sei den Verantwortungsträgern viel Erfolg bei der Umsetzung der Konzepte und Strtegien gewünscht. Was sich bewegen wird, sollte man im Interesse der Sache kritisch, auch in der öffentlichen Meinung, verfolgen.
W. Jörgens
W. Jörgens
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Andreas Dittmar
15.11.2019, 19.12 Uhr
Schmalband
Herr Jörgens, hier sind doch echte Profis am Werk. Ich werfe mal mein Lieblingsthema in den Ring. Ohne Breitbandanbindung können Sie heute jedes Gewerbe an den Nagel hängen. Machen Sie mal einen Speedtest oder versenden Sie mal aus Sophienhof eine E-Mail. Das gilt auch für viele andere touristisch reizvollen Orte im Südharz. Rodishain ist ein weiteres Beispiel. Diese Orte mit Breitband zu versorgen, kostet ein Bruchteil im Vergleich zu den versemmelten Millionen für BER, S21, dem gigantischen Siegenstaudamm der da wohl irgendwann Rodishain vor den reißenden Fluten des Ronnebachs schützt, dem BiR oder halt diesem toten Pferd Tourismusverband. Ihr könnt es einfach nicht.
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