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Mi, 12:00 Uhr
10.04.2019
Öffentlichkeitstag der Suchtberatung

Mensch, Methode, Heilung

Alkohol und anderen Suchtmitteln zu verfallen ist alles andere als schwer, der Weg aus der Sucht hinaus hingegen hält viele Hürden bereit. Zu ihrem Öffentlichkeitstag ging die Suchthilfe der Diakonie heute der Frage nach, wo der Mensch und wo die Methode helfen kann...

Die "Klasse 2000" der evangelischen Grundschule (Foto: Angelo Glashagel) Die "Klasse 2000" der evangelischen Grundschule (Foto: Angelo Glashagel)

Symboldbild. Foto: jarmoluk/pixabay.com

Der Beste Umgang mit Suchtmitteln ist einfach: Finger weg. Einfach gesagt. Selbst vor 1.600 Jahren mangelte es nicht an guten Ratschlägen, schon der "Papyrus Ebers", ein altägyptischer Text, warnt vor den Folgen exzessiven Trinkens in einigem Detail.

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Als Krankheit ist Alkoholsucht hingegen kaum länger als 50 Jahre anerkannt, erzählt Dr. Göran Michaelsen, Chefarzt der Soteria-Klinik in Leipzig zum heutigen Öffentlichkeitstag des Nordhäuser Suchthilfezentrums. Wer von Alkohol und Drogen loskommen will, der braucht in den meisten Fällen mehr als reine Charakterstärke, um sich zu befreien, auch diese Erkenntniss ist relativ jung.

Wie aber vorgehen? Welche Methodik ist wann wirksam? Darüber sollte heute diskutiert werden. Michaelsen, selber Psychotherapeut, legte dem Publikum die Grundlagen deutscher Suchtpolitik und die üblichen Schritte auf dem Weg zur Absitnenz dar.

Die tatsächliche Therapie ist dabei nur eine von vier Säulen. An erster Stelle steht die Prävention, auch für die Nordhäuser Suchthilfe. Im Projekt "Klasse 2000" betreut das Suchthilfezentrum seit vielen Jahren rund 20 Grundschulklassen der Region. "Wir geben vor allem die inhaltlichen Impulse, die Schulen setzen das dann im Unterricht um", erläutert Dirk Rzepus, Leiter der Diakonie-Suchthilfe, um harte Fragen der Suchtbekämpfung geht es dabei noch nicht, vielmehr werden gesunde Lebensführung, soziale Kompetenz, Gewaltprävention und Stressbewältigung in den Vordergrund gestellt.

Dr. Göran Michaelsen referierte zur Wirksamkeit therapeuthischer Maßnahmen (Foto: Angelo Glashagel) Dr. Göran Michaelsen referierte zur Wirksamkeit therapeuthischer Maßnahmen (Foto: Angelo Glashagel)

Die "Klasse 2000" der evangelischen Grundschule

Der Vorteil des Projektes bestehe in seiner langlebigkeit, erklärte Rezpus, Schülerinnen und Schüler werden nicht über ein paar vereinzelte Aktionen angesprochen, sondern über ihre gesamte Grundschullaufbahn begleitet.

Ist das sprichwörtliche Kind doch in den Brunnen gefallen, folgt Stufe zwei, die Therapie. Die müsse man deutlich von Säule Nummer drei, den Überlebenshilfen abgrenzen, erklärte Dr. Michaelsen, Säule Nummer vier schließlich ist die Repression, also die Verknappung der Verfügbarkeit von Suchtmitteln.

Im St. Jakob-Haus sollte es heute vor allem um Säule Nummer zwei, die Therapie gehen. Auch die folgt bestimmten Schritten:
  • an erster Stelle steht das Überleben des Patienten
  • ist das sicher gestellt wird man sich auf die Behandlung von Folgeerkrankungen konzentrieren
  • ist der Klient stabilisiert, beginnt der eigentliche Weg aus der Sucht, insofern Einsicht und Motivation des Patienten vorhanden sind
  • nächstes Ziel ist die Verlängerung der Abstinenz-Zeiten
  • damit einhergehen sollte eine Verbesserung der psycho-sozialen Situation des Betroffenen
  • schließlich soll die vollständige Abstinenz folgen
  • die Behandlung ist hier noch nicht am Ende, viele Betroffene bedürfen der Nachsorge bevor sie tatsächlich auch "zufrieden" Abstinent sein können

Wenn die Abstinenz keine positiven Folgen habe, bestehe auch keine Motivation dem Suchtverhalten zu entkommen, erklärte der Leipziger Chefarzt, "negative Konsequenzen halten niemanden vom Konsum ab". Und eine gänzliche Heilung "manifester Abhängigkeit" sei zudem schlicht nicht möglich, ein "normaler" Umgang mit seinem Suchtmittel ist dem ehemaligen Abhängigen nicht möglich.


Viele Suchtkranke schaffen es kaum über den dritten Schritt hinaus und bleiben in der Kontakt- und Motivationsphase hängen. Hier kommt schließlich die Frage nach der Methodik ins Spiel? Was eignet sich besser? Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, Psychotherapie oder ganz andere Herangehensweisen? Oder ist es weniger die Methode als vielmehr die menschlichen Qualitäten der Therapeuten, die für eine erfolgreiche Behandlung bedeutsam sind?

Für Dirk Rzepus ist die Anwort eine Mischung aus beiden Aspekten. "Sie können im Studium die besten Methoden erlernt haben, wenn Sie es nicht schaffen, das der Klient ihnen vertraut und sich öffnet, werden Sie auch nicht an den ursächlichen Problemen arbeiten können", erzählt der Leiter der Nordhäuser Einrichtung. Zudem passen verschiedene Ansätze auf die meist komplexen Probleme des Individuums. Den Königsweg gibt es nicht. Im Suchthilfezentrum setzt man deswegen nicht auf eine Methode allein, sondern hat eine ganze Reihe Experten in den eigenen Reihen, von Verhaltenstherapeuten über Psychoanalystiker bis zu Psychodramatikern.

Welche Erfolge man damit erzielt und wo die Herausforderungen der Gegenwart liegen, das hatte das Suchthilfenzentrum bereits vor kurzem vorgestellt.
Angelo Glashagel
Autor: red

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