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Fr, 07:00 Uhr
22.02.2019
Lichtblick

Endlich Ruhe - etwas Paradiesische

Im Judentum erzählt man sich: „Als die Menschen aus dem Paradies vertrieben wurden, konnten sie zwei Dinge mit in diese Welt retten: die Ehe und den Sabbat.“ Adam und Eva wurden zu Mann und Frau, und Gott ruhte am 7. Tag. Der Sabbat, der wöchentliche Ruhetag, ist also etwas Paradiesisches...


Der 7. Tag ist die Vollendung der Schöpfung. Es ist das Genießen der Schönheit, die Freude über die Schöpfung. Ohne diese Ruhe am siebenten Tag wäre die Schöpfung nicht komplett. Schöpfung ohne siebenten Tag wäre wie Arbeit ohne Lohn, wie Laufen ohne Ziel. Siehe, es war alles sehr gut, heißt es am Ende der Schöpfungsgeschichte. Und so soll sich auch der Mensch Ruhe gönnen, durchatmen.

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Schon die Römer in der Antike hatten kein Verständnis dafür, dass die Juden den Sabbat hielten. „Ein Siebentel ihrer Arbeitskraft verplempern sie“, spottete Sueton, ein Römischer Geschichtsschreiber. „Was in dieser Zeit alles erledigt sein könnte?“

Der Sonntag in Gefahr
„Was in dieser Zeit alles erledigt sein könnte?“ Kommt ihnen solch eine Argumentation bekannt vor? Was könnte man an diesem Tag alles tun, alles besorgen, bauen, verkaufen, kaufen...

Wir Christen haben den Sonntag als unseren Ruhetag. Doch dieser Tag ist in Gefahr. In vielen Städten öffnen nun Einkaufzentren, Waschanlagen oder Autohäuser am auch Sonntag. Auch heute ist wieder einer der Sonntage, die man nun „verkaufsoffene Sonntage nennt“ – in Nordhausen kann man nach Herzenslust shoppen gehen.

Die Argumentation der Unternehmer ist nachvollziehbar. Sie sagen: „Wir können einen kompletten Tag mehr Umsatz machen. Die Konkurrenz macht das auf jeden Fall.

Und ich verstehe auch die Argumentation der Kunden: Endlich mal ein Tag, an dem wir mal als ganze Familie, oder zumindest meine Frau und ich, zusammen durch die Geschäfte bummeln.

Doch ich befürchte, diese Überlegungen gehen nicht auf. Das Stückchen Freiheit ist viel zu teuer erkauft. Eines ist klar: Je mehr Geschäfte am Sonntag geöffnet haben, desto mehr Menschen müssen auch arbeiten. Und das betrifft nicht nur die Angestellten hinter der Kasse. Ein Geschäft funktioniert nicht ohne die ganze Logistik, also die Zulieferer mit ihren LKWs. Man braucht die Lager und Großmärkte, Dienstleistungsunternehmen wie Reinigungsfirmen, Hausmeister- und Reparaturbetriebe. Und sicher kommt noch viel mehr dazu. Alle diese Menschen werden diese zusätzlichen Öffnungszeiten nicht selbst nutzen können, weil sie arbeiten müssen.

Aber nicht nur die Wirtschaft trägt dazu bei, dass der Sonntag, so wie er über Jahrhunderte begangen wurde, ausgehöhlt wird. Auch wir meinen, dass wir so viel zu tun haben, dass wir es uns nicht leisten können, einen ganzen Tag pro Woche frei zu machen.

Die Frage ist, ob man wirklich weniger schafft, wenn man den Sonntag nicht für Arbeit nutzt. Oder andersherum gefragt: Kommt wirklich mehr dabei heraus, wenn man auch am Sonntag arbeitet?
Ich habe vor ein paar Jahren eine schöne kleine Geschichte gehört, die ich ihnen gern erzählen möchte: Zwei Kanu-Mannschaften sollten vor langer Zeit, als es noch keine motorbetriebenen Boote gab, einen der langen Flüsse Kanadas entlang paddeln.

Mehrere Monate würden sie dafür brauchen. Die Leute im ersten Boot wollten so schnell wie möglich am Ziel sein und beschlossen daher, jeden Tag der Woche zu paddeln. Das andere Boot, war der Überzeugung, dass es wichtig sei, den Sonntag zu beachten, Gottesdienst zu feiern und Ruhe zu halten.
Was meinen Sie, welches Boot schneller vorankam? Natürlich war das Boot, dass jeden Tag paddelte, schneller, schon nach der ersten Woche, nach ihrem ersten zusätzlichen Tag, hatten sie einen großen Vorsprung. Der wuchs auch noch in der darauffolgenden Woche. Es schien klar, dass sie gewinnen werden.

Doch allmählich wurden ihre Kräfte geringer und sie schafften immer weniger Kilometer pro Tag. Anders dagegen das zweite Boot. Erholt vom Tag Pause, konnten sie in der zweiten, der dritten und auch den folgenden Wochen ihr tägliches Pensum aufrechterhalten. Und es kam, wie es kommen musste. Die Menschen in dem zweiten Boot, dass jede Woche einen Ruhetag einlegte, holten auf und überholten schließlich das erste Boot. Am Ende gewannen sie mit einem großen Vorsprung. Ob die Geschichte sich tatsächlich so zugetragen hat, dass weiß ich nicht, aber sie macht etwas vom Prinzip des Sonntags deutlich.

Hilfen für die Gestaltung des Sonntags
  • Den Sonntag am Abend vorher anfangen lassen. Nach dem Verständnis des Alten Orients beginnt der Tag mit Sonnenuntergang. In manchen unserer Kirchen ist es immer noch üblich, dass sonnabends um 18 Uhr die Glocken den Sonntag einläuten. Und in manchen Orten gibt es oft Gottesdienst oder eine Andacht zu dieser Zeit.
  • Wer aber am Sonnabend bis tief in die Nacht hinein arbeitet, wird am Sonntag zu müde sein, um richtig genießen zu können. Er wird mit seinen Gedanken noch bei der Arbeit hängen. Vielleicht kann man am Sonnabendabend – so wie es im Judentum üblich ist – eine Kerze für den Feiertag anzünden. Dann weiß jeder, jetzt hat der Sonntag angefangen.
  • Am Sonntag alle Arbeit wirklich sein lassen, auch nicht an Arbeit denken. Ich weiß, wie schwer das ist. Vielleicht müssen wir uns manchmal auch etwas überwinden.
  • Gottesdienst besuchen: Am besten als ganze Familie. Der Gottesdienst ist das Herz des Sonntags. Wie kann dieser so gestaltet werden, dass sich auch die ganze Familie darin wohl fühlt?
  • Etwas anders gestalten: Es muss einen Unterschied geben zwischen dem normalen Alltag und dem Festtag, zwischen dem Werktag und dem Sonntag. Im jüdischen Talmud heißt es: „Eure Sabbatkleidung sei nicht wie eure Werktagskleidung. Die Art, wie du am Sabbat gehst, sei nicht wie die Art, wie du am Werktag gehst. Dein Reden am Sabbat sei nicht wie dein Reden am Werktag.“ Vielleicht die Schimpfwörter noch bewusster weglassen? Oder:
  • Am Sonntag an Kritik sparen. Das mag seltsam klingen: Kritik vermeiden am Sonntag. In der Woche mit all den Aufgaben und den Verantwortungen, die wir übernehmen, da hat Kritik ihren berechtigten Platz. Dem Glanz des Sonntages aber entspricht es nicht, das Negative, das Ungute, das Mangelhafte festzustellen und zu betonen. Einen Tag nicht zu kritisieren, es kann ein großer Gewinn sein.
  • Und schließlich: Genießen und dankbar sein. Vielleicht das Dankgebet wiederentdecken?
Der Sonntag ist ein Geschenk. Es lohnt sich, ihn neu zu entdecken. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen gesegneten Sonntag.
Pfarrer Frank Freudenberg, Schlotheim
Autor: red

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