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Mi, 15:00 Uhr
20.09.2017
Ahmadiyya Muslime werben für friedlichen Islam

"Wir sind alle Deutschland"

Frieden für Alle, Hass für niemanden - unter diesem Motto schickt sich die Ahmadiyya Gemeinde an ihre friedliche Interpretation des Islam der Öffentlichkeit vorzustellen. Heute war man in Nordhausen zu Gast und sprach über die eigenen Gemeinde, das Verhältnis zu Deutschland und die Auseinandersetzung mit Radikalen auf verschiedenen Seiten...

Ahmadiyya Gemeinde in Nordhausen zu Gast (Foto: Angelo Glashagel) Ahmadiyya Gemeinde in Nordhausen zu Gast (Foto: Angelo Glashagel)

Ein kleiner Teil der Muslime habe für das schlechte Bild des Islam in den westlichen Gesellschaften gesorgt, dem entgegen zu treten und sich für einen friedlichen, toleranten und pluralistischen Islam einzusetzen, das sei die Aufgabe der Ahmadiyya-Muslime, sagte Iftekhar Ahmed, Imam und Theologe der Gemeinde aus Leipzig am Vormittag in Nordhausen.

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Rund 45.000 Mitglieder vertritt die Gemeinde in Deutschland, weltweit sind es ein paar Hundertausend. Gegründet wurde die Strömung des sunnitischen Islam 1889 auf dem damals von Großbritannien beherrschten indischen Subkontinent. Bis heute versteht man sich als eine Reformgemeinde. Apostasie, der Abfall von der eigenen Religion, stünde nicht unter Strafe und auch Blasphemie sollte nicht bestraft werden, so die Einstellung der Ahmadiyya, erklärte der Imam. In Ländern wie Pakistan und Saudi-Arabien werde die Glaubensgemeinschaft für ihre Ansichten verfolgt, zum Teil gar nicht erst als Muslime anerkannt und ihnen der Zugang zu heiligen Stätten wie Mekka verwährt.

In Deutschland sieht das anders aus, seit 1923 ist man hierzulande aktiv, die ersten Moscheen konnte man nach dem zweiten Weltkrieg errichten, insgesamt sind es heute 53. Seit drei Jahren betreibe man verstärkt Öffentlichkeitsarbeit, erklärte Suleman Malik, aus der Erfurter Gemeinde. In den große Städten des Freistaats ist man schon länger präsent, hier leben die meisten Mitglieder, nun will man die eigene Botschaft aber auch weiter in den ländlichen Raum tragen. Man wolle den Dialog fördern und aufklären, sagte Imam Ahmed, Gewalt lehne man ab. Die Konflikte, die man im Nahen Osten sehe, seien vor allem politisch geschürt, die Religion nur ein Vorwand der Auseinandersetzungen. Der Islam werde heute nicht physisch angegriffen, wohl aber intellektuell und dem gelte es sich auch intellektuell entgegenzustellen. Politische oder gar militärische Flügel gebe es bei den Ahmadiyya nicht, man halte sich von der Politik so weit als möglich fern und sehe vor allem die spirituelle Arbeit als eigentliche Aufgabe.

v.l.: Suleman Malik und Iftekhar Ahmed vertreten die Ahmadiyya Gemeinde in Thüringen und Sachsen (Foto: Angelo Glashagel) v.l.: Suleman Malik und Iftekhar Ahmed vertreten die Ahmadiyya Gemeinde in Thüringen und Sachsen (Foto: Angelo Glashagel)

Dennoch gelte es "Scharfmachern" und "geistigen Brandstiftern" wie der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen, die bewusst Ängste schüre und polarisieren wolle. Die Partei verbreite wider besseren Wissens Vorurteile gegen Muslime, die Vorwürfe würden von fehlender Sach- und Fachkenntnis zeugen. Auch diese Auseinandersetzung habe im Dialog zu geschehen, erklärte der Imam, Gesprächsangebote seitens der Ahmadiyya würden aber zumeist außer Acht gelassen.

Die weitere Bevölkerung wolle man auch im Nordhäuser Kreis mit der Fortführung der Informationskampagne über derlei Vorwürfe aufklären, Flyer sollen verteilt und Diskussionsangebote geschaffen werden. Außerdem plane man zwei "Friedensbäume" als Symbol der Gemeinsamkeit zu pflanzen. "Bis in jeden Haushalt" wolle man die Botschaft bringen, so der Imam. Sorgen um das eigene Wohl mache man sich keine, Situationen in denen man polizeilichen Schutz gebraucht habe seien selten gewesen, meinte Iftekhar Ahmed, "wir vertrauen auf die Sicherheit die wir in Deutschland gewohnt sind".

Integration beginne für die Ahmadiyya mit der "Liebe zum Land", im weitesten Sinne der Heimat, zu der man Deutschland zähle. Imam Ifthekar Ahmed selber ist gebürtiger Deutscher, Suleman Malik Eltern flohen Ende der 80er Jahre aus Pakistan. Auch wenn man eine unpolitische Organisation sei halte man die eigenen Mitglieder an wählen zu gehen, die demokratische Grundordnung zu erhalten und zu nutzen sei in der Auffassung der Ahmadiyya auch eine "eigene Treuhandschaft". Die Loyalität zum Staatswesen ordne sowohl der Koran wie auch die Vorschriften des eigenen Gemeindegründers Mirza Ghulam Ahmad. "Wir sind alle Deutschland", sagte Suleman Malik, seit bald 100 Jahren leben man hier integriert. Debatten ob der Islam zum Deutschland gehöre oder nicht würden dem Land eher schaden als nützen. Die Forderungen, die die Politik heute an die Muslime stelle, habe man selber schon lange weitestgehend erfüllt. Es werde auf Deutsch gepredigt und die eigenen Theologen auch vor Ort ausgebildet. Radikale in den eigenen Reihen gibt es seines Wissens nach nicht, meinte Imam Ahmed, "wir achten sehr genau darauf wer bei uns ein und aus geht".

Islamistische Radikale, Wahabiten und anderen Extremisten, lade man aber ebenso zum Dialog ein und setze deren Thesen die eigene theologische Beweisführung entgegen, was auch schon bei Einzelnen zu einem Umdenken geführt habe, meinte der Imam.

Gruppen wie Isis, die Quaida oder die Taliban wollten nicht die Restauration eines einstigen Islam, sondern würden sich im Gegenteil tatsächlich gegen die Traditionalisten stellen, so der Imam weiter, diese Form des politischen Islam sei erst aus der Erfahrung des Kolonialismus in den letzten 250 Jahren entstanden. Unfriede entstehe immer aus Ungerechtigkeit und hier seien auch die westlichen Länder in der Pflicht. Wer es mit dem Frieden im nahen Osten ernst meine, der müsse auch der eigenen Verantwortung nachkommen und etwa Waffenlieferungen an extremistische Staaten wie Saudi-Arabien und andere Regime oder Gruppen unterbinden. "Man sollte nicht nur Forderungen an die Muslime sondern auch an den Rest der Welt stellen", sagte Herr Malik.

Angesichts von rund vier Millionen Muslimen in Deutschland spricht die Ahmadiyyad Gemeinde mit 45.000 Mitgliedern allerdings nur für einen Teil des islamischen Glaubens hierzulande. Rund 70 Unterströmungen gibt es weltweit allein im sunnitischen Islam, erklärte der Imam aus Leipzig, rund 50 weitere bei den Schiiten. Reformbewegungen ähnlich der eigenen gebe es aber in Abstufungen vielerorts in Deutschland. Auch wenn man nicht immer mit Teilaspekten anderer Auslegungen übereinstimme: die Entwicklung in Deutschland gehe aus Sicht der Ahmadiyya in die richtige Richtung.
Angelo Glashagel
Autor: red

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