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Mi, 12:40 Uhr
22.03.2017
Paradigmenwechsel in der Pflege

Alt werden, nicht alt sein

Im Nordhäuser Seniorenbeirat wurde heute der sprichwörtliche Finger in die Wunde gelegt. Im Pflegebereich gebe es einen "Wildwuchs" der Überkapazitäten produziere und an den eigentlichen Bedürfnissen der alternden Bevölkerung vorbei gehe. Gerade im Wahljahr will man sich für nötige Veränderungen einsetzen und auch politisch Druck aufbauen...

Wildwuchs im Pflegebereich - Seniorenbeirat besprach Pflegeheime und -dienste (Foto: Angelo Glashagel) Wildwuchs im Pflegebereich - Seniorenbeirat besprach Pflegeheime und -dienste (Foto: Angelo Glashagel)

Für viele Menschen, die in den Spätherbst ihres Lebens übertreten, weißt der Weg heutzutage in die stationäre Pflege. Dieser Realität trägt auch der Nordhäuser Seniorenbeirat Rechnung, in den nächsten Monaten will man sukkzessive alle Heime und Pflegeeinrichtungen der Stadt besuchen und sich ein eigenes Bild von den Bedingungen verschaffen.

Vollends zufrieden sind die Damen und Herren Senioren mit der Situation indes nicht. Doktor Max Schönfelder, selber Senior, zu Gast im Beirat und für die Nordhäuser SPD im Stadtrat, legte den Finger in die Wunden. Wer heute siebzig ist, sagte der Mediziner, der sei in etwa so fit wie die 60jährigen vor einigen Jahren. Die Gesellschaft werde nicht nur älter, sondern vielfach "gesund älter". Daraus ergebe sich die ambivalente Situation das zwar alle alt werden, aber nicht alt sein wollen. Konkret bedeutet das für Schönfelder: soviel Selbstbestimmung wie möglich, bis zum letztem Atemzug.

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Von diesem Ideal sei man weit entfernt, erklärte der Doktor, der Pflegebereich sei heute ein hart umkämpfter und lukrativer Markt. Der Zwang zum merkantilen Denken würde zu Personalabbau und Verdichtung der Arbeit führen wodurch man sich von den eigentlich Bedürfnissen der Menschen entferne. Mit 21 Alten- und Pflegeheimen gebe es im Landkreis einen "Wildwuchs" der Überkapazitäten produziere. Die Entwicklung habe negative Effekte, für leere Betten bezahlten am Ende aber diejenigen, für die nichts anderes als das Pflegeheim bleibt, sekundierte Christine Wagner, die im Landratsamt jahrelang Erfahrungen in diesem Bereich sammeln konnte. Von Seiten des Landes Thüringen gebe es keine Bedarfsplanungen und baue könne erst einmal jeder. Priorität müsse die ambulante Versorgung haben.

Rund 20 dieser Dienste gibt es im Landkreis, im Gegensatz zu den Heimen sei die Aufteilung zwischen Stadt und Land gut, meinte Dr. Schönfelder. Die Kapazitäten hier seien allerdings ausgeschöpft, die Situation sei ausgesprochen schwierig und bedürfe einer dringenden Erweiterung. Problematisch sei auch die Verbindung von niederschwelligen Diensten und solchen Arbeiten, die fachlich hochqualifiziertes Personal erfordern. Reine "Versorgungs- und Betreuungsdienste" gibt es nicht, erklärte Schönfelder, wer lediglich etwas Hilfe beim Einkauf oder dem Wohnungsputz braucht, der muss sich trotzdem an die kostenintensiven Pflegedienste wenden.

Veränderungen dringend nötig - Dr. Schönfelder und Dr. Fiedler (Foto: Angelo Glashagel) Veränderungen dringend nötig - Dr. Schönfelder und Dr. Fiedler (Foto: Angelo Glashagel) Das Wohlergehen der alternden Bevölkerung gehört für Dr. Schönfelder zur Daseinsvorsorge und damit eigentlich in staatliche, konkreter in kommunale, Hand. Hier könne nicht nur auf das Geschäft geachtet werden. Mehr Unterstützung von staatlicher Seite würde er sich auch für altergerechte Anpassungen im Wohnraum wünschen, wie Treppenlifte, den Austausch von Badewanne durch Dusche und ähnliches. Senioren sollten so lange in ihrem Zuhause verbleiben können, wie es geht. Das wäre für die Gesellschaft als ganzes auch ökonomisch tragbarer.

Die Seniorenschaft sei "keine geringe Kraft", sagte der Stadtrat, gerade im Wahljahr müsse man deswegen weiter Druck aufbauen. In Bleicherode ist die Volksolidarität gerade dabei, einen eigenen Seniorenbeirat auf die Beine zu stellen. Es gebe zwar viele fitte Senioren, aber noch zu wenige Beteiligungsmöglichkeiten und Gremien. Hier müsse ein Umdenken einsetzen, sagte Dr. Fiedler von der Volksolidarität. 80 Einladungen lägen derzeit auf seinem Tisch, am 26. April will man zum 3. Seniorendialog konkreter werden. Der Rat müsse von unten wachsen und mit Menschen besetzt werden, die Sachverhalte differenziert und breit betrachten könnten, aber auch in der Lage sein sollen zu vermitteln, das nicht alles geht was man sich wünsche. Der soziale Kitt müsse auch für die Zukunft gesichert und der Mensch in den Vordergrund gerückt werden. Die Gesellschaft müsse daran arbeiten das nicht nur Geld Gewinn ist, sondern auch die Wahrung des sozialen Zusammenhalts.

Im Alleingang wird man Veränderungen nicht durchsetzen können. Manfred König, Bürgermeister in Leimbach und ebenfalls Stadtratsmitglied, weiß das es mit der Mobilisierung indes gar nicht so einfach wird. Die jung gebliebenen Alten von heute hätten auch mehr Interessen. Anders ausgedrückt: manchem Seniorengremium fehlt der "Nachwuchs". Man brauche die Erfahrung der Alten und den Elan der Jungen, bekräftigte König, "wir müssen zusammen, wir gehören zusammen."
Angelo Glashagel
Autor: red

Kommentare
Liane Enzinger
22.03.2017, 18.32 Uhr
Altenheimemitarbeiter oft bewundernswert
Beide meine Eltern waren bzw. sind in Altenpflegeeinrichtungen. Ich hatte große Angst vor diesem Tag, die Eltern in eine Pflegeeinrichtung zu geben und auch Gewissensbisse, weil ich immer gedacht habe, wie schlimm es einmal sein muss, wenn man eines Tages nicht mehr in den gewohnten Wände zurückdarf, wo doch ein ganzes Leben mit den vielen kleinen Erinnerungen verbracht wurde.

Doch ich muss sagen, dass beide Heime in Sachsen Anhalt und hier in Thüringen nicht nur die Eltern sondern auch uns als Kinder sehr sensibel und mit viel Empathie betreut und beraten haben. Trotz unheimlichen Druck der Alltagsarbeit für das Personal blieb immer genug Zeit für die ganz persönliche Note eines jeden Heimbewohners mit den Eigenheiten und Vorlieben. Es war auch schön, dass sogar wir als Angehörigen in kritischen Situationen von den Betreuern “aufgefangen“ und vor allem beruhigt wurden, und dass man uns durch das Labyrint der Anträge geführt hat. Es ist sogar im Heim gelungen einen unserer Eltern wieder in den Rhythmus des Alltags zu integrieren.

Ich habe große Hochachtung vor dieser Arbeit und habe nebenbei auch das so oft gescholtene deutsche Sozial und Krankenversicherungssystem zu schätzen gelernt. Es gibt allen Unkenrufen zum trotz auch für Senioren mit unterdurchschnittlicher Rente eine ausreichende Absicherung für ein würdiges Altern, das über “satt“ und “sauber“ hinausreicht.

Liane Enzinger, M.A.
Real Human
23.03.2017, 11.22 Uhr
Der Beitrag wurde gespeichert und die Freigabe beantragt.
Real Human
24.03.2017, 08.24 Uhr
Alt werden, ohne alt zu sein?
Zunächst einmal finde ich es sehr angemessen, dass nach dem „Baby-Wahlrecht“ (http://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=208905), das eigentlich ein verfassungsrechtlich sehr fragwürdiges „Stellvertreterwahlrecht“ wäre, auch die Probleme von „Senioren“ in den Nordthüringer Online-Zeitungen vor der anstehenden Bundestagswahl thematisiert werden.

Wieso aber von einem „Paradigmenwechsel in der Pflege“ (ganz oben) geschrieben wird, erschließt sich mir nicht. Das klingt für mich ähnlich narzisstisch-schwülstig wie das Wort „Firmenphilosophie“.

Ein Paradigmenwechsel ist etwas ganz anderes: „In der Umgangssprache wird von ‚Paradigmenwechsel‘ häufiger in unspezifischerem Sinne gesprochen; dann sind entweder für besonders wichtig gehaltene wissenschaftliche Entwicklungen gemeint oder beispielsweise ein Wechsel der Lebenseinstellung (etwa grundlegende Werte betreffend) oder auch Umbrüche in anderen lebensweltlichen oder fachlichen Zusammenhängen.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Paradigmenwechsel)

Von einem „Wechsel der Lebenseinstellung“ in der Altenpflege kann meiner Meinung nach bis jetzt nicht gesprochen werden. Weil es in Wirklichkeit mal wieder aktuell nur um Wählerstimmen geht, diesbezüglich hier noch ein Vergleich:

„ALT SEIN IST MIST!“, ...

… gilt mindestens genauso wie "Opposition ist Mist. Lasst das die anderen machen - wir wollen regieren." von Franz Müntefering (SPD).

Nein, (fast) jeder will alt werden, aber niemand will alt sein! Wer diesen Widerspruch auflösen will, muss über ganz andere Perspektiven nachdenken. Am Anfang sollte dabei die Einsicht stehen, dass die Gattung Mensch ein Ergebnis der biologischen Evolution ist. Niemals stand dabei das Wohlergehen der Evolutionsprodukte im Mittelpunkt, sondern lediglich Sein oder Nichtsein.

Erst Menschen stellten und stellen sich die Frage nach einem guten Leben. Die gegenwärtig weltweit herrschende Krankheitsmafia ist daran aber überhaupt nicht interessiert, denn sie lebt vom biologisch bedingten Elend des Kulturwesens Mensch.

So ist es auch kein Wunder, dass windige Geschäftemacher auch den Pflegebereich für sich als lukrativen Markt entdeckt haben und „merkantiles Denken“ immer mehr um sich greift. Altenheime sind so zu Wartezimmern auf den Tod verkommen. Manchmal mit etwas Unterhaltung. Die Krankheitsmafiosi haben ein „merkantiles“ Interesse daran, möglichst viele alte Menschen möglichst lange in ihren Vorhöllen festzuhalten. Deshalb wurde von deren gekauften Politikern (Lobby) die „kommerzielle Sterbehilfe“ am 6. November 2015 verboten. Religionsführer, die bis heute das Leiden von Jesus verherrlichen und innerlich vor den Qualen des Betrogenen in Verzückung zu geraten scheinen, stimmen freudig mit in diesen Chor ein.

„Was bringt den Doktor um sein Brot?
a) Die Gesundheit, b) der Tod.
Drum hält der Arzt, auf daß er lebe,
uns zwischen beiden in der Schwebe.“

(http://gutezitate.com/autor/eugen-roth)

Bevor mich wieder mal jemand falsch einordnet: Keine der großen Weltanschauungen hat bis jetzt ernsthaft versucht, eine konstruktive, zukünftig realisierbare Lösung für die Sterblichkeit des Homo „sapiens“ aufzuzeigen. Religionen waren und sind von ihren unwissenschaftlichen Quellen her nur irre machende Quacksalberei. Eine Ausnahme aber gibt es – den Transhumanismus, denn er versucht WISSENSCHAFTLICH fundierte Lösungen aufzuzeigen! So sähe ein neuer Denkansatz aus, der dem Anspruch, ein PARADIGMENWECHSEL zu sein, gerecht werden würde.

Ich gelegentlich der Serverstörung ergänze ich: Viele werden meine Kommentare oft als ziemlich „befremdlich“ empfinden. Das liegt daran, dass ich die Evolutionstheorie verinnerlicht habe und sie als wahr betrachte. Daraus leite ich folgerichtig mein Welt- und Menschenbild ab und ziehe daraus auch die angemessenen Konsequenzen.

MfG, Jörg Birkefeld
kein
24.03.2017, 09.36 Uhr
Pflegemafia
Genau so ist es. Auf Kosten der Alten und des Pflegepersonals wird hier Geld gemacht . Das Wohlergehen steht hier an letzter Stelle .
Herr Taft
24.03.2017, 09.57 Uhr
@Jörg B. Ja, sicher....aber
...nüchtern betrachtet muss jeder Ihnen Recht geben. Jedoch blenden Sie insbesondere aus, dass der Mensch neben seiner Physis auch ein Gefühlsleben hat - jedenfalls die meisten von uns. Und hier helfen Pflegeeinrichtungen, Hospize und der gleichen. Ich hatte selbst einen Pflegefall in der Familie und muss Frau Enzinger da Recht geben. Es ist nicht nur die Unterstützung bei der rein körperlichen Pflege sondern auch die emotionale Stütze die dem Betroffenen und den Angehörigen geboten wird.
Die Preise dafür sind allerdings immens und ich bin sicher, dass hier viel Geld verdient wird.
Real Human
25.03.2017, 09.59 Uhr
Die Verteufelung des Todes, …
… das scheint mir der Hauptirrtum des Mainstreams der Gesellschaft zu sein. Einflussreiche Leute ohne philosophischen Durchblick (Ich provoziere mal!) haben am 6. November 2015 dieses menschenfeindliche Gesetz beschlossen. Mehrheitlich philosophische Einfaltspinsel haben unter dem Einfluss der Krankheitslobby einen Gesetzesentwurf ausgesucht, der praktisch eine Suizidverhinderung für hilflose Menschen bedeutet.

Ein tief implementiertes abrahamitisches Weltbild, das schon der religiösen Verblödung von Schulkindern geschuldet ist, hat dieser praktischen Sanktionierung von teils passiver Folter in Altenheimen Vorschub geleistet. Was so alles in Pflegeheimen tagtäglich passieren kann, weiß jeder, der nicht mit Verdrängungs-Scheuklappen durch die Medien zappt. Dabei kommt aber immer nur die „Spitze des Eisbergs“ auf den Monitor.

Der Tod verträgt sich auch nicht mit der calvinistisch geprägten kapitalismusbejahenden Grundhaltung des gesellschaftlichen Mainstreams. (Mit den staatssozialistischen Ideologien übrigens auch nicht – siehe z.B. Nordkorea!) „Immer nur vorwärts zu einer lichten Zukunft!“ ist inkompatibel mit der Akzeptanz des Todes.

Es ist jetzt vielleicht angebracht, sich knapp 50 Minuten Zeit für das folgende YouTube-Video zu nehmen: https://www.youtube.com/watch?v=tS3Cr5TV6fQ (Die Sehnsucht nach dem ewigen Leben [Doku HD]) Ohne diese Vertiefung wird mein Kommentar wahrscheinlich missverstanden!

Es beschäftigt sich ganz wesentlich auch mit der Frage, „Was wäre eigentlich, wenn es den Tod nicht gäbe, sondern uns ein ewiges Leben erwarten würde?“ Schon bei 23:50 bis etwa 27:11 wird die Frage aufgeworfen, ob wir uns dann nicht langweilen würden. Der Unterhaltungsmensch hätte mit christlichen Visionen schon seine Probleme, wie es in dem alten Video „Ein Muenchner im Himmel“ von Ludwig Thoma gezeigt wird. Das ist selbstverständlich nur eine „Vulgärtheologie“ mit ewigem Hofbräuhaus!? Aber, meine lieben Pfarrer, fragt doch mal Eure Schäfchen, wie sie sich das Ewige Leben vorstellen! Klar, „Du sollst dir kein Bild von Gott machen!“ (Da ist selbst Amazon schon weiter, dort gibt es sogar Rezensionen und Kundenanfragen zu den „unverzichtbaren“ Produkten!)

Auch die Betreiber der Wartesäle zum Himmel bzw. zur Hölle;–) lassen sich nur von Angehörigen mehr oder weniger gern besuchen. Nichts fürchten sie so sehr wie Beschwerden bei der Heimaufsicht.

GANZ WICHTIG:
Ich unterscheide hier ähnlich wie @ „kein“ strikt zwischen dem Pflege-“personal“ und den Betreibern der Altenheime sowie deren kommerziellem und politischem Hintergrund. Altenheime sind wichtig in einer Gesellschaft, in der Familien nur noch die ausgelagerte (wenig geförderte) Funktion von Aufzuchtstationen für spätere nützliche Biobots (biologische Maschinen) haben bzw. Menschen nur noch als nützliches „Humankapital“ gewertschätzt werden. So stehen bei Bewerbungen die Leistungen in den „MINT“-Fächern ganz im Vordergrund. Anwendungsbereite Kenntnisse in Psychologie, Ethik, Religion und Geschichte sind nur noch als „Soft Skills“ (vielleicht im Verkaufsbereich zur Übertölpelung von Kunden;–) interessant.

Übrigens geht es bald wieder los mit den freundlichen politischen Kaffeekränzchen. Dass danach den mehr oder weniger dementen Heimbewohnern das Händchen an die richtige Stelle auf dem Wahlzettel geführt wird, behaupte ich ausdrücklich nicht – schließe es „in Einzelfällen“(!) aber auch nicht aus.

Fazit:
Wenn ich das reale LEBEN der meisten Biobots so Revue passieren lasse, verliert der TOD für mich jeglichen Schrecken.

„Kommen Sie gut durchs Leben!“

Jörg Birkefeld
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