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Fr, 18:24 Uhr
12.09.2014

Ein Stück Identität kehrt zurück - Teil 2

Heute bekam die historische Amtskette der Nordhäuser Bürgermeister in der Flohburg einen angemessenen Platz. Die Geschichte hinter der Kette und wie sie ihren Weg zurück nach Nordhausen fand, hat die nnz erfahren. Hier der zweite Teil, Rückkehr und Ursprung...

Im ersten Teil waren wir auf die Umstände des Verschwindens und die durch das Glück gefügte Wiederentdeckung eingegangen. Nun also zur nicht ganz unproblematischen Rückkehr, der Frage ob es denn auch die echte Kette ist und natürlich wo ihr Ursprung liegt.

Teil 2 - Die Welt ist voller Hürden


Fälschungen von Artefakten, und dabei muss es sich nicht um uralte Goldschätze handeln, sind auch heute noch ein einträgliches Geschäft. Für die Nordhäuser war also Vorsicht geboten. Steffen Iffland, Dr. Manfred Schröter und der Stadtarchivar Dr. Theilemann gingen zunächst Spuren nach, suchten im Archiv nach Dokumenten, Akten, Erwähnungen und Fotos. In einem Zeitungsartikel aus den 30er Jahren wurden sie schließlich fündig: der amtierende Bürgermeister war samt Amtskette auf einem Foto abgebildet, die charakteristischen Zinnen auf dem Medaillon gut zu erkennen. Dieser erste Hinweis ließ die Nordhäuser hoffen.

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Der städtische Haushalt unterliegt nach wie vor einer Sperre. Von dieser Seite war also keine finanzielle Hilfe zu erwarten. Während Dr. Theilemann Verhandlungen mit dem Besitzer der Kette führte, suchte Dr. Schröter in seinem Bekanntenkreis nach willigen Spendern und wurde auch fündig. Ein paar Spender hatten bereits zugesagt, als Schröter auch das Ehepaar Sourell ansprach. Sourells haben das achtzigste Lebensjahr schon überschritten. "Das Schicksal hat es gut mit uns gemeint", sagte Sourell bei der Übergabe der Kette, "und wir sind unserer Heimatstadt sehr verbunden". Als "Ausdruck der Dankbarkeit" versprachen sie Dr. Schröter, nicht für die Kette zu spenden, sondern als volle Sponsoren aufzutreten und den gesamten Betrag für den Erwerb der Kette bereitzustellen.

Steffen Iffland sah sich indessen ganz anderen Herausforderungen gegenüber. Hatte der Ahnenforscher zu Anfang noch gedacht, er könnte gute Kontakte in die USA nutzen um die Kette sicher nach Nordhausen zu bringen, so stellte sich bald heraus, das diesem Unterfangen ein Wald an Bestimmungen, Verträgen und bürokratischen Hürden in Bezug auf Raub- und Beutekunst entgegenstand. Hier schaltete sich nun auch die Stadtverwaltung ein. Seine Mitarbeiter hätten sich den Kopf darüber zerbrochen, wie man das gute Stück nach Nordhausen bekommen könne, sagte Oberbürgermeister Zeh.

Herr Sourell übergibt die Kette an die Stadt (Foto: Angelo Glashagel) Herr Sourell übergibt die Kette an die Stadt (Foto: Angelo Glashagel)

Herr Sourell überreicht Oberbürgermeister Zeh die Amtskette

Am Ende kamen zu den vereinbarten 3500 Euro für die Kette noch einmal gut 1000 Euro an Gebühren hinzu. Wieder schaltete sich Schröter ein und gewann die EVN und weitere Nordhäuser Bürger als Unterstützer.

Doch damit nicht genug. War sie denn nun echt, die Amtskette der alten Bürgermeister? Man zog den Numismatiker Paul Lauerwald und den Goldschmied Hans-Jürgen Nüßle hinzu. Nüßle konnte die Echtheit des Materials schnell überprüfen. Die Kettenglieder selbst bestehen aus Gold, das Medaillon aus vergoldetem Kupfer oder Bronze. Die Kette ist kleiner und leichter als ihr modernes Pendant und konnte somit wohl auch länger getragen werden, als andere, wuchtigere Ketten.

Paul Lauerwald machte sich indes daran, die Ursprünge der Kette zu erforschen. Auf dem Medaillon sind drei Zahlen vermerkt: 1808, 1833 und 1844. Die Amtskette ist preußischen Ursprungs. Nachdem Napoleon die Preußen 1806 besiegt, beginnt man die berühmten preußischen Reformen umzusetzen, darunter auch das "Reformpaket" von Hardenberg und Stein. Teil dieser Reformen ist auch die Städteordnung von 1808. Die erlangte aber nur für die Ostprovinzen Preußens Gültigkeit. Also nicht für die Rolandsstadt, denn Nordhausen war seit 1806 Teil des Königreichs Westphalen, einem von Napoleon geschaffenen Satelittenstaat.

1833 wird die Städteordnung revidiert und 1840 werden vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV klare Richtlinien zur Gestaltung der Amtsketten ausgegeben. Es gibt verschiedene Ausführungen in Kupfer, Bronze, Silber und Gold, wobei letztere nur größeren Städten vorbehalten war. Aber eine Amtskette bekam nicht jeder. Nur auf die persönliche Gunst des Königs hin durften sich Stadtväter damit schmücken. Könnte die Kette also aus dieser Zeit stammen?

Das vordere Motiv des Medaillons spricht dagegen. Sie wurde nach einer Vorlage gefertigt, die 1844 eingeführt und bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 im gesamten Reich genutzt wurde. Die drei Zahlen auf dem Medaillon boten also bisher nur Anhaltspunkte.

Nur wer die Gunst des Königs genoss, durfte eine Kette anfertigen lassen (Foto: Angelo Glashagel) Nur wer die Gunst des Königs genoss, durfte eine Kette anfertigen lassen (Foto: Angelo Glashagel)

Nur wer die Gunst des Königs genoss, durfte sich mit einer Amtskette schmücken

Ein weiterer Entstehungszeitraum konnte durch die Geschehnisse in Nordhausen während der Revolution von 1848 ausgeschlossen werden. Nordhausen hatte sich früh und Eindeutig auf die Seite der bürgerlichen Kräfte gestellt. Nach dem Scheitern der Revolution war es deswegen um das Verhältniss von Nordhausen und König Friedrich Wilhelm IV nicht sonderlich gut bestellt, was den Erhalt einer Amtskette auf Grund "der persönlichen Gunst" des Königs verhinderte. Belegt werden kann das angekratze Verhältnis von Monarch und Stadt unter anderem durch die Reaktion Friedrichs auf die Feierlichkeiten in Nordhausen zur 50jährigen Zugehörigkeit zu Preußen, die alles andere als königlich ausgefallen sein soll, wie verschiedene Nordhäuser Historiker berichteten.

Bis 1861 währte die Regentschaft Friedrich Wilhelms IV. Danach hätte also wieder eine Chance bestanden, eine Kette zu bekommen. In der Literatur wurden die Forscher nicht mehr fündig, bis man im Archiv schließlich auf einen Magistratsbeschluss stieß. Der Rat fasst darin die Entscheidung, die Kettenglieder anfertigen zu lassen, sodass zumindest diese relativ genau auf 1898/99 datiert werden konnten.

Bezüglich des Medaillons können allerdings keine so genauen Aussagen getroffen werden, denn wie auch viele historische Kleinodien und Schätze im Krieg verschwanden, so überstanden auch große Teile des Archivbestandes die Wirren des Krieges nicht. Wer weiß welche Artefakte der Nordhäuser Geschichte in Zukunft noch zu Tage treten? Das Meyenburg Epitaph des jüngeren Lucas Cranach zum Beispiel, wäre eine Wiederentdeckung, die Nordhausen nicht allein kulturell bereichern würde.

Die Amtskette der Nordhäuser Bürgermeister (Oberbürgermeister sind eine Errungenschaft späterer Generationen) hat im Obergeschoss der Flohburg einen angemessenen Platz gefunden. Hoffen wir, das in den Museen der Stadt noch oft Platz geschaffen werden muss, um verloren geglaubtem eine würdige Heimstatt zu bieten.
Angelo Glashagel
Autor: red

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