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Do, 17:07 Uhr
07.08.2014

nnz-Forum: Verkehrsdisziplin

„Der Tod und das Motorrad“ war ein Forum-Beitrag in der nnz am 8. Juni diesesn Jahres überschrieben, dem man weitestgehend zustimmen kann. Der Tod im Straßenverkehr lauert aber überall. Ist ein Allheilmittel in Sicht?, fragt Jürgen Wiethoff...


Wer sich in den Straßenverkehr begibt, riskiert das Leben seiner Mitbürger und das eigene. Dabei ist die Teilnahmeart (Fußgänger, Radfahrer, Kraftfahrer) vollkommen egal. Selbstverständlich schützt man sich durch das eigene Auto am besten vor eigenen schweren körperlichen Schäden dank moderner Technik und Béla Barényi, dem Erfinder der Knautschzone.

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Weitaus mehr schützen würde jedoch etwas, was es für Geld nicht zu kaufen gibt, was man nicht als „Grundausrüstung“ zum Bestehen der Führerscheinprüfung vorschreiben kann: Gesunder Menschenverstand.

Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung regelt im Grund alles. Zur Erinnerung hier die ersten 2 Absätze:
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Die Diskussion um die Mithaftung einer Radfahrerin, weil sie keinen Helm trug, wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) erfreulicherweise beendet. Diese hatte sich durch das alleinige Fehlverhalten einer Autofahrerin eine schwere Kopfverletzung zugezogen und war in erster Instanz zu 20 % Mithaftung verurteilt worden. Was für ein Schwachsinn. Wer nicht sportlich Fahrrad fährt, sondern nur etwas schneller als zu Fuß von A nach B kommen will und sich selbst 100 % an die Regeln hält, kann doch nicht dafür haften, dass ein anderer die einfachsten Regeln nicht einhält.

Gern wird auch darüber in allen Medien und mehr oder minder häufig diskutiert, ob Blitzer die Verkehrssicherheit erhöhen oder reine Abzocke sind. Schade um die Diskussionszeit. Geschwindigkeitsbeschränkungen und Blitzer lenken die Aufmerksamkeit der FahrerInnen vom eigentlich Verkehrsgeschehen ab und sind für die Verkehrssicherheit eher kontraproduktiv. Die Worte des Beifahrers „Pass auf, da vorne hat´s geblitzt.“ veranlassen fast jeden FahrerIn, zunächst auf den Tacho zu sehen. Wenigstens dieser Augenblick, möglicherweise aber auch weiteres Bremsen mit Beachtung des nachfolgenden Verkehrs, lenken von dem ab, worauf man eigentlich an dieser Stelle achten soll.

Denken Sie mal darüber nach, ob es einen Unterschied macht, ob ein Kindergarten- oder Grundschulkind mit 30 oder 35 km/h an- oder gar überfahren wird. Zum Beispiel vor diesen Einrichtungen darf nur § 1 gelten. Schöne große Warnschilder sollten auf solche Einrichtungen hinweisen. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h dient eher als Ausrede für solche Verkehrsteilnehmer, die auch dann noch 30,000 fahren, wenn unsicher wirkende, spielende oder vom Handy (pardon, natürlich vom Smartphone) abgelenkte Kinder in Fahrbahnnähe erscheinen.

Blitzer an diesen Stellen führen nur zur Bestrafung der Verkehrsteilnehmer, die die zugelassene Geschwindigkeit überschreiten, nicht aber zur Bestrafung bei Verstößen gegen § 1. Besonders „clevere“ Zeitgenossen sollen an solchen Stellen auch schon mit Navigationsgerät die Ansprechschwelle der Blitzer getestet haben und sich dann mit vielerlei Rechtsgelehrten über Messfehler und – ungenauigkeiten gestritten haben. Aber das war vielleicht auch nur ein Griff ins Sommerloch der Berichterstattung einiger Medien, oder?

Hin und wieder schlüpft auch einem ansonsten cleveren Politiker ähnliche Sprüche wie „Die Kommunen (der Bund, die Länder) brauchen einfach das Geld, was die Blitzer einspielen, für die Sanierung der Infrastruktur......“ durch die Lippen und in die wartenden Mikrofone. Damit haben sie zwar endlich mal wieder was Wahres gesagt, der Verkehrsdisziplin aber einen Bärendienst erwiesen.

Solange Verkehrsdelikte auch als "Verkehrssünden" bezeichnet und de jure so behandelt werden, wird es diesen modernen Ablasshandel geben, der für "bezahlbares" dreistufiges Verkehrsrecht sorgt.
Erste Stufe: Der Fahrer muss jeden Cent umdrehen und deshalb so diszipliniert wie möglich fahren.
Zweite Stufe: „20 km/h mehr und ein lockeres Stündchen im Halteverbot kann ich mir immer leisten!“
Dritte Stufe: „Mein Chef bezahlt alles. Hauptsache, ich bin pünktlich vor Ort und dann auch schnell wieder in der Firma.“

Wer wirklich Verkehrssicherheit will, schafft Geldstrafen weitestgehend ab. Ein gut durchdachtes Punktsystem mit Fahrverboten ab 1 Woche (Da geht dann einfach nur ein bisschen was vom Jahresurlaub bei drauf.) bis lebenslänglich brächte wirklich mehr Sicherheit auf unsere Straßen.

Ich fürchte aber, um diese Konsequenzen wird sich die Politik herum drücken. Lobbyisten fahren mindestens in 2. Stufe und verhandeln meistens mit Personen der 3. Stufe. Und Versicherungen, die ebenfalls von mehr Verkehrsdisziplin profitieren würden, erhöhen bei Bedarf eben weiter die Beiträge.

Bei Fußballspielen gibt es auch nur gelbe und rote Karten, weil manche Spieler Geldstrafen aus der Portokasse bezahlen würden. Oder doch nur, weil noch kein FIFA-Verantwortlicher auf diese "geniale" Idee gekommen ist??

Um Diskussionen auf den Kern dieses Beitrages zu beschränken: Der Autor hat mehr als 50 Jahre
und etwa 2,3 Mio km Fahrpraxis, keinen selbstverschuldeten Unfall, null Punkte in Flensburg und insgesamt etwa, hochgerechnet auf den Euro, 110 davon „gelöhnt“. Das heißt aber nicht, dass er behauptet, fehlerfrei zu sein oder gar für immer und alle Zeiten zu bleiben. Ein bisschen Glück gehört auch dazu.
Jürgen Wiethoff
Autor: red

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