Was ist Kunst? Eine Frage, die sich objektiv nicht beantworten lässt. Das nicht allein Skulpturen und Gemälde, nicht reine Ästhetik, Kunst ausmachen, da ist sich Lukas Fullmann sicher. Der Schüler zeigte heute sein Verständnis von Kunst buchstäblich mit Feuer und Flamme...

Er ist gerade einmal zarte 16, Schüler der Realschule G.E. Lessing und hat, von sich aus, aus reinem Interesse "Das Kapital" von Marx gelesen. Mit entsprechender Sekundärliteratur. Eine Aufgabe, die sich die meisten Erwachsenen nicht freiwillig stellen würden. Lukas Fullmann heißt der junge Mann, der nicht nur im stillen Kämmerlein über Büchern brüten wollte, sondern heute eine eindrucksvolle Kunstaktion durchgeführt hat.

Zu einer Mauer aufgestapelte Pappkartons, so die Idee des Jugendlichen, werden mit Brandbeschleuniger getränkt. Alsdann nehme man flammende Pfeile und schieße sie auf die Mauer ab. Die Mauer fällt. Vergeht im zucken und brüllen der Flammen, brennt nieder. Was bleibt, ist ein Häufchen qualmender Asche.

Nun kann man sich Fragen: Ist das Kunst? Die Antwort des Schülers wäre ein deutliches: Ja. Allein der Umstand, dass man sich der Frage nach dem Wesen der Kunst stellt, gibt ihm Recht. Denn das war eines seiner Ziele. Die Demontage ist kein reiner Akt der Zerstörung und bei aller menschlichen Faszination für das Feuer nicht allein Unterhaltung. Seine eigenen Gedankengänge zu Dynamik und Veränderung in unserer Gesellschaft und der Überwindung ihrer Barrieren hat Lukas Fullmann in dem Text Überall Mauern niedergeschrieben.


Möglich wurde das Projekt dank Kathleen Hahnemann und dem "Kunstgeld". Hahnemann ist "Kulturagentin" der Lessing Schule und hat die Idee eingebracht, Kunstprojekte finanziell zu fördern. Einer ausgewählten Jury, bestehend aus kunstinteressierten Schülen der Lessing Schule, der Kulturagentin und Martina Degenhart als Vertreterin der Jugendkunstschule, wurden Vorschläge für künstlerische Projekte vorgetragen. Hier stellten die angehenden Künstlerinnen und Künstler ihre Ideen, inklusive einer Kalkulation für Materialaufwendungen vor. Anschließend wurde abgestimmt und Patenschaften übernommen. Knapp 2500 Euro stehen zur Verfügung.

Lukas Fullmann will später Philosophie studieren (Foto: Angelo Glashagel) Neben dem Feuerprojekt können so noch andere Aktionen und Kunstformen an der Lessingschule durchgeführt werden. Eine Schülerin mit Glockenklarer Stimme kann mit ein paar Mitschülern eine CD aufnehmen und es wird ein Vulkan gebaut, der auch tatsächlich ausbrechen kann. Bereits im Januar entwarf eine Gruppe Schüler selber Kleidung und konnte diese dann zusammennähen.

Das Feuerprojekt, das auch von der Jugendkunstschule und der freiwilligen Feuerwehr mit Freude und Begeisterung unterstützt wurde, war eine erfrischende Abwechslung im Nordhäuser Kulturalltag. Leider waren neben der Kunstschule, der Feuerwehrjugend und Freunden und Verwandten kaum Besucher gekommen, was sicher auch an der Abgeschiedenheit des Aktionsortes gelegen haben mag.

Eine drei Meter hohe Mauer aus Pappkartons kann man nun einmal schlecht auf dem Rathausplatz abfackeln. Aktionskunst lebt aber auch von Öffentlichkeit und die war heute auf dem Katastophenschutzgelände am Rande Salzas eben nur bedingt gegeben. Sei's drum, diese Zeilen sollen auch Öffentlichkeit schaffen. Und wer die flammende Dekonstruktion nicht live sehen konnte, der kann sich das Spektakel in bewegten Bildern demnächst auf nnz-TV ansehen.
Angelo Glashagel