Di, 15:35 Uhr
10.01.2012
Hagelstange-Lesebuch (4)
Am 14. November 2011 wurde im Tabakspeicher in Nordhausen die von der Stadt herausgegebene Publikation Rudolf Hagelstange, der Schriftsteller und Dichter aus Nordhausen am Harz - Ein Lesebuch vorgestellt. Hagelstange wurde am 14. Januar 1912 in Nordhausen geboren. In lockerer Folge soll in der nnz Rudolf Hagelstange den Lesern nahe gebracht werden...
Am 14. Januar 2012 erinnert man in der Geburtsstadt Rudolf Hagelstanges mit zwei Veranstaltungen an den 100. Geburtstag des Schriftstellers und Dichters. Um 15.00 Uhr wird an seinem Geburtshaus, Oskar-Cohn-Str. 4, eine Gedenktafel enthüllt und um 18.00 Uhr die Ausstellung Rudolf Hagelstange – Literatur und Kunst im Kunsthaus Meyenburg eröffnet. Gleich am Anfang der Ausstellung wird im unteren Flur an Hagelstanges Zeiten in Nordhausen erinnert, denn der Geburtsort mit seiner vom Harzraum und Kyffhäusergebirge geprägten Umgebung ist ihm zeitlebens präsent. Ich war im Kriege und in den Jahren davor weit herumgekommen in Europa. Aber hier lag mein Wurzelgrund. Er besucht das Gymnasium an der Morgenröte, veröffentlicht schon als Schüler in der Lokalpresse Gedichte und wird ein talentierter Stabhochspringer.
Nach dem Krieg kehrt er im Herbst 1945 für ein Jahr nach Nordhausen zurück und zieht mit seiner Frau Carola, geb. Dittel, einer Ausdrucks-Tänzerin, und den beiden kleinen Töchtern in das Schulte-Haus Vor dem Hagentor 2 an der Promenade, dem jetzigen Käthe-Kollwitz-Haus.
In Nordhausen wird er Mitbegründer und erster Vorsitzender des Kulturbundes, rezensiert mehrere Theateraufführungen, liest aus seinen bis dahin veröffentlichten Werken. Er ist befreundet mit der jungen Künstlerin Margret Böning und deren Bruder, dem Juristen Dr. Karl Schultes jun., dem ersten Nachkriegslandrat und Oberbürgermeister von Nordhausen.
Auf diese Verbindung und andere wird übrigens auch im Hagelstange-Lesebuch der Stadt, das Mitte November erschienen ist, verwiesen.
Am 21. Januar 1946 veröffentlicht Hagelstange in der Thüringer Volkszeitung den Beitrag Käthe Kollwitz und Nordhausen ..., denn im Haus Vor dem Hagentor 2 hatte sich die greise Künstlerin ein knappes Jahr aufgehalten. Davon erfährt Hagelstange durch Margret Böning, die diesen Aufenthalt initiiert hatte, da Berlin bereits unter Bombenhagel lag.
Kollwitz (Foto: privat) Folgendes liest man in Hagelstanges Aufsatz: Und so wie alles gedacht war, vollzog es sich auch. Mutter Kollwitz – so nannte sie bald jedermann im Hause – bekam ein schönes Zimmer und wurde rührend umsorgt ... und zwischen der jungen Gastgeberin und Mutter Kollwitz bildete sich rasch eine schöne Harmonie in künstlerischen Dingen, deren Früchte nicht ausblieben. Mit ihrer leicht lispelnden aber noch volltönenden Stimme wußte sie Lob und Hinweis mit solcher Wärme zu vergeben, daß die Schülerin zusehends an ihrer Aufgabe wuchs …
In diesem Nordhäuser Sommer saß sie viel allein in ihrem Zimmer. Manchmal schrieb sie mit noch sicherer Hand und schönen klaren Schriftzügen an eine alte Freundin oder einen ihrer Verwandten. Meist saß sie jedoch still in ihrem Lehnstuhl und sprach vielleicht mit dem, den sie kommen fühlte ... Sie war lieber für sich auf der von Weinlaub umrankten Terrasse mit dem Blick auf die alte Stadtmauer, die den Garten an der einen Seite abgrenzte, und dann konnte man zu ihr treten und mit ihr sprechen, über etwas, das sie gelesen oder gehört oder was alle Welt bewegte.
Relief (Foto: privat) In der Ausstellung werden zwei plastische Werke der Böning gezeigt. Sie schuf 1946 eine Porträtbüste der Kollwitz, die weltweit bekannt wurde. Jahre später entstand nach ihren Skizzen ein anrührendes Relief. Diese Erinnerungsplastik für mein Elternhaus in Nordhausen schenkte sie 1971 der Stadt. Der greise Kopf der Käthe Kollwitz, eingehüllt in ein schützendes Tuch, ist vom Schriftzug 1943-44 lebte Käthe Kollwitz hier umgeben.
Dieses Kupfer-Relief hing seit 1971 am Haus Vor dem Hagentor 2, wurde dann entfernt, lag auf dem Rathausboden, wurde am 2. Februar 1992, dem 10. Todestag des ersten Nachkriegsbürgermeister und Landrates Dr. Karl Schultes wieder am Haus angebracht, von dort 1996 entwendet, jedoch bald danach vor der Tür des damaligen Kultur-Dezernenten Klaus Wahlbuhl abgelegt. Seit dem befindet es sich im Depot des Kunsthauses.
Grabplastik (Foto: privat) Die Böning schuf nach dem Tod ihrer Mutter Anna Schultes, geborene Uffrecht, aus Stein eine Grabplastik des Kopfes. Das Leben dieser Frau begann am 14. 5. 1881 in Haldesleben und endete auch dort am 2. 6. 1941.
Das Kunstwerk ist in Nordhausen im Besitz von Herrn Kappler, dessen Familie mit den Schultes bekannt war. Die Steinplastik wurde vom Alten Friedhof an der Leimbacher Straße in Nordhausen vor der Entfernung der Grabmale geborgen.
Die Uffrechts stellten in Haldesleben Steingut her. In Nordhausen, wohin die Anna geheiratet hatte, lebte sie mit ihrem Mann, dem Arzt Dr. Karl Schultes und ihren vier Kindern in dem von der Familie 1908/09 erbauten Haus Vor dem Hagentor 2. In einem Doppelroman hat Rudolf Hagelstange das Schicksal dieser Familie eines sozialdemokratischen Arztes dichterisch festgehalten.
Heidelore Kneffel
Autor: nnzRudolf Hagelstanges und Nordhausen, aufgezeigt im Kunsthaus der Stadt
Am 14. Januar 2012 erinnert man in der Geburtsstadt Rudolf Hagelstanges mit zwei Veranstaltungen an den 100. Geburtstag des Schriftstellers und Dichters. Um 15.00 Uhr wird an seinem Geburtshaus, Oskar-Cohn-Str. 4, eine Gedenktafel enthüllt und um 18.00 Uhr die Ausstellung Rudolf Hagelstange – Literatur und Kunst im Kunsthaus Meyenburg eröffnet. Gleich am Anfang der Ausstellung wird im unteren Flur an Hagelstanges Zeiten in Nordhausen erinnert, denn der Geburtsort mit seiner vom Harzraum und Kyffhäusergebirge geprägten Umgebung ist ihm zeitlebens präsent. Ich war im Kriege und in den Jahren davor weit herumgekommen in Europa. Aber hier lag mein Wurzelgrund. Er besucht das Gymnasium an der Morgenröte, veröffentlicht schon als Schüler in der Lokalpresse Gedichte und wird ein talentierter Stabhochspringer.
Nach dem Krieg kehrt er im Herbst 1945 für ein Jahr nach Nordhausen zurück und zieht mit seiner Frau Carola, geb. Dittel, einer Ausdrucks-Tänzerin, und den beiden kleinen Töchtern in das Schulte-Haus Vor dem Hagentor 2 an der Promenade, dem jetzigen Käthe-Kollwitz-Haus.
In Nordhausen wird er Mitbegründer und erster Vorsitzender des Kulturbundes, rezensiert mehrere Theateraufführungen, liest aus seinen bis dahin veröffentlichten Werken. Er ist befreundet mit der jungen Künstlerin Margret Böning und deren Bruder, dem Juristen Dr. Karl Schultes jun., dem ersten Nachkriegslandrat und Oberbürgermeister von Nordhausen.
Auf diese Verbindung und andere wird übrigens auch im Hagelstange-Lesebuch der Stadt, das Mitte November erschienen ist, verwiesen.
Am 21. Januar 1946 veröffentlicht Hagelstange in der Thüringer Volkszeitung den Beitrag Käthe Kollwitz und Nordhausen ..., denn im Haus Vor dem Hagentor 2 hatte sich die greise Künstlerin ein knappes Jahr aufgehalten. Davon erfährt Hagelstange durch Margret Böning, die diesen Aufenthalt initiiert hatte, da Berlin bereits unter Bombenhagel lag.
Kollwitz (Foto: privat) Folgendes liest man in Hagelstanges Aufsatz: Und so wie alles gedacht war, vollzog es sich auch. Mutter Kollwitz – so nannte sie bald jedermann im Hause – bekam ein schönes Zimmer und wurde rührend umsorgt ... und zwischen der jungen Gastgeberin und Mutter Kollwitz bildete sich rasch eine schöne Harmonie in künstlerischen Dingen, deren Früchte nicht ausblieben. Mit ihrer leicht lispelnden aber noch volltönenden Stimme wußte sie Lob und Hinweis mit solcher Wärme zu vergeben, daß die Schülerin zusehends an ihrer Aufgabe wuchs …
In diesem Nordhäuser Sommer saß sie viel allein in ihrem Zimmer. Manchmal schrieb sie mit noch sicherer Hand und schönen klaren Schriftzügen an eine alte Freundin oder einen ihrer Verwandten. Meist saß sie jedoch still in ihrem Lehnstuhl und sprach vielleicht mit dem, den sie kommen fühlte ... Sie war lieber für sich auf der von Weinlaub umrankten Terrasse mit dem Blick auf die alte Stadtmauer, die den Garten an der einen Seite abgrenzte, und dann konnte man zu ihr treten und mit ihr sprechen, über etwas, das sie gelesen oder gehört oder was alle Welt bewegte.
Relief (Foto: privat) In der Ausstellung werden zwei plastische Werke der Böning gezeigt. Sie schuf 1946 eine Porträtbüste der Kollwitz, die weltweit bekannt wurde. Jahre später entstand nach ihren Skizzen ein anrührendes Relief. Diese Erinnerungsplastik für mein Elternhaus in Nordhausen schenkte sie 1971 der Stadt. Der greise Kopf der Käthe Kollwitz, eingehüllt in ein schützendes Tuch, ist vom Schriftzug 1943-44 lebte Käthe Kollwitz hier umgeben.
Dieses Kupfer-Relief hing seit 1971 am Haus Vor dem Hagentor 2, wurde dann entfernt, lag auf dem Rathausboden, wurde am 2. Februar 1992, dem 10. Todestag des ersten Nachkriegsbürgermeister und Landrates Dr. Karl Schultes wieder am Haus angebracht, von dort 1996 entwendet, jedoch bald danach vor der Tür des damaligen Kultur-Dezernenten Klaus Wahlbuhl abgelegt. Seit dem befindet es sich im Depot des Kunsthauses.
Grabplastik (Foto: privat) Die Böning schuf nach dem Tod ihrer Mutter Anna Schultes, geborene Uffrecht, aus Stein eine Grabplastik des Kopfes. Das Leben dieser Frau begann am 14. 5. 1881 in Haldesleben und endete auch dort am 2. 6. 1941.
Das Kunstwerk ist in Nordhausen im Besitz von Herrn Kappler, dessen Familie mit den Schultes bekannt war. Die Steinplastik wurde vom Alten Friedhof an der Leimbacher Straße in Nordhausen vor der Entfernung der Grabmale geborgen.
Die Uffrechts stellten in Haldesleben Steingut her. In Nordhausen, wohin die Anna geheiratet hatte, lebte sie mit ihrem Mann, dem Arzt Dr. Karl Schultes und ihren vier Kindern in dem von der Familie 1908/09 erbauten Haus Vor dem Hagentor 2. In einem Doppelroman hat Rudolf Hagelstange das Schicksal dieser Familie eines sozialdemokratischen Arztes dichterisch festgehalten.
Heidelore Kneffel
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