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Sa, 11:17 Uhr
29.09.2007

Überzeugender Auftakt

Nordhausen (nnz). Erste Premiere der Jubiläumsspielzeit am Theater Nordhausen und schon muss ein Leitungsmitglied in der Pause vor den Vorhang. Warum und wie das Premierenpublikum den Nordhäuser „Fidelio“ aufnahm, erfahren Sie hier.

Gelungener Auftakt (Foto: TN) Gelungener Auftakt (Foto: TN)

Der künstlerischen Betriebsdirektorin Angela Kalms war es vorbehalten in der Pause um Verständnis für die angeschlagene Stimme des Sängers Ralf Willershäuser zu bitten, der in der Inszenierung von Kerstin Weiß die Partie des Florestan übernahm.
Kein Wunder, dass seine Stimme gelitten hatte, sitzt der arme Kerl doch im feuchten, kalten Kerker und schmachtet dort schon zwei Jahre.

Überhaupt dreht sich alles in Beethovens einziger Oper um diesen Gefangenen. Die besorgte Gattin vermutet ihren Geliebten im Kerker. Um ihm nahe zu kommen verkleidet sie sich als Mann, nennt sich Fidelio und heuert beim Kerkermeister Rocco (Matthias Ehm) an. Schließlich findet sie Florestan und kann den mordlustigen Gouverneur (Wolfgang Lamberz) mit der Pistole in der Hand überzeugen, ihrem Gemahl das Leben zu lassen. Vorher wäre sie fast der Schwiegersohn des Kerkermeisters geworden und hätte dessen Tochter Marzelline (Brigitte Roth) ehelichen müssen. Die geht am Ende an den Pförtner Jaquino (Marcos Liesenberg), der naturgemäß auch viel männlicher ist als Fidelio.

Die Besetzung der Leonore/Fidelio mit der Neuseeländerin Lucy MacFarlane kann nur als ein ausgesprochener Glücksgriff bezeichnet werden. Auch wenn alle anderen Rollen schlecht besetzt gewesen wären (was nicht der Fall war), wenn das Loh-Orchester unter der souveränen Leitung seines GMD Hiroaki Masuda gestern Abend nicht so brillant die anspruchsvollen Kompositionen des berühmtesten deutschen Sinfonikers gespielt hätte, wäre die Aufführung dennoch ein Erlebnis gewesen.

Wie die MacFarlane spielte, wie sie litt, wie sie kämpfte, vor allem aber wie großartig sie sang, nötigt allerhöchsten Respekt ab. Diese Frau lebt ihre Rolle und während der vielen Vorhänge vor dem begeisterten Publikum am Ende des Abends konnte man sehen, wie erst ganz allmählich die Anspannung von ihr abfiel.

Meisterleistung: Der Operchor (Foto: TN) Meisterleistung: Der Operchor (Foto: TN)

Kerstin Weiß setzt in ihrer Inszenierung der nicht eben verspielten Oper auf starke Bilder, ein einfaches, aber sehr wirkungsvolles Bühnenbild (Tilo Steffens), zeitlose und ansprechende Kostüme (Katrin Kammann) und ein hervorragendes, inspiriertes Ensemble, das durchweg überzeugen konnte. Wie auch der sehr gute Chor (von Friedemann Schulz perfekt vorbereitet), der völlig zu Recht Sonderapplaus bekam.

Am Ende wird alles gut, der Minister (Thomas Kohl) begnadigt den Delinquenten und bestraft den bösen Gouverneur, nur die Eheleute sinken sich irgendwie nicht so richtig in die Arme. Der Held Florestan hält sich mehr an der Engelserscheinung (Stephanie Mertens-Brandao) fest als an seiner kämpferischen Frau, aber das tut dem Gesamteindruck keinen wirklichen Abbruch.

Und die angeschlagene Stimme Florestans? Ich will es mal so ausdrücken: mir ist es nicht aufgefallen und wenn der Herr Willershäuser noch viel besser kann als gestern Abend, dann Hut ab vor einer großen Stimme.

Alles in allem ein sehr gelungener Einstand in die neue Spielzeit, die ganz im Zeichen des 90. Jahrestages der Eröffnung des Nordhäuser Stadttheaters steht. So kann es weiter gehen.
Olaf Schulze
Autor: osch

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