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Sa, 11:16 Uhr
19.06.2021
Magie im Zirkuszelt

Die Zauberlehrlinge

Tricksen, täuschen, hinters Licht führen und „ehrlich betrügen“ - darum ging es gestern Abend im Zappelini-Zelt am Altentor. Nach langer Zwangspause startete man mit Alfonso Rituerto und Yann Yuro „magisch“ durch. Uns haben die beiden auch erzählt, wie man Magier wird und wem ein Zauberer seine Tricks verrät…

Alfonso Rituerto verrät die Tricks der Magier. Oder doch nicht? (Foto: agl) Alfonso Rituerto verrät die Tricks der Magier. Oder doch nicht? (Foto: agl)

Dem Publikum wird in jedem Fall nichts verraten, auch wenn die Show des spanischen „Mikro“ oder „Close-Up“ Magiers Alfonso Rituerto mit der Aussicht auf eine Lernstunde im „ehrlichen Betrügen“ lockte. Die Karte in der hohlen Hand, die bekommt der Zuschauer zu sehen, nur allzu deutlich, wie sie dann aber im Luftballon landet, wie der Geldschein in die Limette gelangt oder wie ein ganzes Sammelsurium an Gegenständen unter einem Becher Platz hat, der nicht weiter bewegt wurde und vorher offenbar leer war, dass verrät der Magier nicht.

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Die Phrase vom Zauberer der seine Tricks nicht verrät, sie stimmt also noch, auch nach einem erheiterndem Abend mit ein paar vermeintlichen Einblicken. Wie aber wird man „Magier“, wenn niemand die Geheimnisse Preis gibt? Alfonso Rituerto und Yann Yuro müssen es wissen. Letzterer “zaubert“ schon seit seiner Kindheit, hat nach der Schauspielschule die Magie wieder für sich entdeckt und wurde als „Mentalist“, der auf der Bühne die Gedanken seines Publikums errät, zum Vizeweltmeister gekürt. Alfonso kam erst mit 18 Jahren zur „Mikromagie“ und suchte in seiner Heimat Spanien nach Mentoren und Lehrmeistern. Beiden war die Unterstützung aus der Familie gewiss, auch wenn dem „Berufswunsch Magier“ erst einmal mit „liebevoller Besorgnis“ begegnet wurde, erzählt Yann. Ähnlich sah es bei Alfonso aus, deren Eltern heute aber, wie er versichert, seine größten Fans sind.

Ein Zauberkasten, den man in Kindertagen bekommen hat, der reicht, bei aller Liebe, in jedem Fall nicht, um ein guter Illusionist zu werden, da sind sich die beiden einig. Was man braucht, ist ein anderer Magier. Man muss „Zauberlehrling“ werden. „Der Trick ist, dass man jemanden findet der sich auskennt und davon überzeugt, dass man selber mit dem Herzen bei der Sache ist“, erzählt Alfonso, dann wird man in die richtige Richtung gewiesen, findet eher die guten Bücher, bekommt die Tipps und lernt die grundlegenden Tricks.

Spontan mit im Zelt: Yann Yuro, Vizeweltmeister unter den "Mentalisten" (Foto: agl) Spontan mit im Zelt: Yann Yuro, Vizeweltmeister unter den "Mentalisten" (Foto: agl)

Von da an heißt es vor allem: üben, üben, üben. Vor dem Spiegel oder auf Video wird die Täuschung geprobt, um jeden Blickwinkel des Publikums bedenken zu können. Und dann, wenn man ein paar Kunststücke gemeistert hat, dann tut man, was ein Zauberer so tut. Man trickst und täuscht auf Betriebsfeiern, Hochzeiten, bei Geburtstagen oder eben auch auf der Bühne. „Am Anfang war ich da skeptisch, ich dachte ich verkaufe meine Kunst aber tatsächlich ist das großartig. Niemand schreibt dir vor welche Kunststücke du machen sollst, man ist völlig frei“, erzählt Alfonso. In Leipzig bespielt das Duo außerdem einmal im Monat die Kleinbühne „Die Nato“, aber eher aus Freude und um neues auszuprobieren, als aus monetärem Gewinn. Allein von öffentlichen Auftritten zu leben, das schaffen die wenigsten, sagt Mentalist Yann.

Soweit zu kommen wie ein David Copperfield, der in Las Vegas bis heute zwei Shows am Tag gibt, oder die Berühmtheit eines Harry Houdini zu erlangen, das sind eher ferne Träume. Klarer ist das schon der Wunsch, von der Zauberei bis zur Rente leben zu können und keinen „richtigen Job“ machen zu müssen, erzählt Yann weiter. Wobei die Magier freilich mit den gleichen Fallstricken und Hürden zu kämpfen haben, wie jeder Selbstständige.

Und manchmal klopft das Glück unverhofft an die Tür. Alfonso stand schon in Vegas auf der Bühne, ebenda wo auch Copperfield spielt und selbst bis nach China haben ihn seine Tricks schon gebracht. Die Chance kann man auch nutzen, den Vorbildern einmal genauer auf die Finger zu schauen. „Wenn man selber weiß was man tut, bekommt man mit ein bisschen nachdenken in 80 bis 90 Prozent der Fälle heraus wie ein Trick funktioniert. Die anderen 10 bis 20, die sind ganz besondere Höhepunkte. Vor allem dann wenn es das eigene Kunststück war, dass andere Zauberer getäuscht hat“, erzählt Alfonso. „Anfang des 20. Jahrhunderts da wurde viel mit Spiegeln, Hebebühnen, Seilen und aufwendiger Bühnentechnik gemacht. Heute ist das anders. Der Aufwand ist in der Vorbereitung zwar ähnlich, aber es ist am Ende nicht so kompliziert. Auch nicht bei jemanden wie Copperfield.“ Man muss nur wissen wie.

Wie funktioniert das eigentlich mit dem Hütchenspiel? Die Antwort: natürlich mit Zauberei. Zumindest bei einem echten Magier (Foto: agl) Wie funktioniert das eigentlich mit dem Hütchenspiel? Die Antwort: natürlich mit Zauberei. Zumindest bei einem echten Magier (Foto: agl)

Das „wie“ kennen die Zappelinis nicht und wissen den Auftritt des Duos umso mehr zu schätzen. Wo man sonst viele Monate Zeit hatte, Künstler für die Zeltsaison zu buchen, musste man jetzt alles innerhalb weniger Wochen eine ganze Saison planen. „Wir haben uns darauf konzentriert in diesem Jahr nur Künstler zu holen, die in Deutschland leben. Das macht die Planung mit Blick auf die pandemischen Eventualitäten und Vorgaben leichter, gestaltet sich in der Praxis aber schwieriger“, erzählt Steffi Böttcher. Artisten, Pantomimen, Jongleure und Zauberer sind in der Regel eine von Haus aus international zusammengewürfelte Gemeinschaft, die sich den Quarantänemaßnahmen der Pandemie zu unterwerfen hat.

Fündig geworden ist man trotzdem und ein paar Kracher sind auch in diesem Jahr dabei. Am 25. Juni freut man sich das „Duo Mimikry“ wieder im Zelt begrüßen zu dürfen. Die leicht chaotische Pantomime-Show hatte in der letzten Saison für ein begeistertes Publikum gesorgt. Das Programm für die nächsten Wochen findet sich auf der Website der Zappelinis. Gute Aussichten gibt es auch schon für das nächste Jahr, meint Steffi Böttcher: viele Künstler, die man jetzt nicht einladen konnte, haben für die nächste Saison, hoffentlich gänzlich ohne Corona, schon zugesagt. Vom blauen Zappelini-Zelt am Altentor zeigten sich am Ende auch Alfonso und Yann begeistert. Denn das hat seine ganz eigene Magie.
Angelo Glashagel
Autor: red

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