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Mi, 14:30 Uhr
26.05.2021
Intensive Kreistagssitzung beschert dem Kreis neun Millionen Euro

Haushalt 2021 nach harten Debatten beschlossen

Lange und kontrovers wurde heute in der Wiedigsburghalle um den Kreishaushalt für das Jahr 2021 gerungen. Am Ende stand die mehrheitliche Zustimmung zu einem Kompromiss, der für einige Abgeordnete an Erpressung erinnerte …

Der Kreishaushalt für das Jahr 2021 steht seit heute Abend (Foto: nnz-Archuv) Der Kreishaushalt für das Jahr 2021 steht seit heute Abend (Foto: nnz-Archuv)


Zur Begrüßung der Kreistagssitzung gab es eine Schweigeminute für den verstorbenen Regionalpolitiker Rainer Bachmann, der nun in den Ausschüssen von Matthias Marquardt, dem eben erst gescheiterten Landratskandidaten der LINKEn, ersetzt wird.

Der wiedergewählte Landrat Matthias Jendricke legte im Anschluss vor 39 anwesenden Kreistagsmitgliedern seines Amtseid für die nächste, seine zweite Legislaturperiode ab.

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Ein Antrag der AfD zur Beendigung von Betriebsschließungen im Landkreis wurde nach mehrheitlicher Abstimmung der Abgeordneten von der Tagesordnung genommen. „Nicht zuständig“, sagt der Landrat, das würde durch Bundes- und Landesgesetze geregelt.

Der Bericht des Landrates beginnt natürlich mit dem Topthema Corona: heute erreichte der Kreis eine 85er Inzidenz, was Jendricke aber nicht beruhigt, weil es weniger Testverfahren durch die Feiertage gegeben habe. Er hofft aber auf den Sommer und denkt, dass die aktuelle Impfquote schon sichtbare Hilfe bringe. 17.209 Schnelltests sind bisher im Mai im Kreis durchgeführt worden, ganze 61 waren davon positiv. Wenn die Schule jetzt wieder losgeht, werde es wieder mehr Tests geben und man müsse abwarten, wie sich die Lage entwickelt, sagte der Verwaltungschef. Es könne noch nicht von einem Normalbetrieb in den Bildungseinrichtungen geredet werden. Eine neue Verordnung des Landes, die das weitere Vorgehen regelt, wird derzeit gerade abgestimmt, verriet der Landrat.

Anschließend warb der Kreischef für seinen Haushaltsentwurf, der heute auf der Tagesordnung stand. Knapp über 9 Millionen Euro hat der Freistaat durch das landesverwaltungsamt an Bedarfszuweisung für das nächste Jahr zugesagt. Das, so der Landrat, sei ein großer Erfolg. „Die Liquiditätslage des Kreises hat sich erfreulicherweise ebenfalls zum Guten gedreht“, resümierte Matthias Jendricke.

CDU-Fraktionschef Egon Primas trat in der Aussprache als erster und überraschend für den Landschaftspflegeverband ans Mikrofon. Der arbeitet seit 2017 in der Region und treibt Projekte voran. Jetzt aber sei ein Punkt erreicht, an dem er als Vorsitzender konstatieren müsse, die Zusammenarbeit funktioniert nicht mit der Stadt Nordhausen. Es geht dabei um einen geplanten Info-Punkt zu einem Gipskarstprojekt in einem Ortsteil der Stadt Nordhausen. „Wir haben einen Brief von der Stadt bekommen, der nur beleidigend und inhaltslos ist. Ich habe meine Mitarbeiter angewiesen, jegliche Verhandlungen mit der Stadt einzustellen.“

Nach kurzer, bedrückender Stille in der Mehrzweckhalle fragte Alexander Scharff den für die Fraktion DIE LINKE den Landrat: „Worin sehen Sie den Anstieg der Inzidenzen seit dem 10. April? Und warum hat es nichts mit der Modellregion zu tun, die ab 6. April startete?“

Landrat Matthias Jendricke antwortete darauf, dass die allgemeinen Familientreffen zu Ostern Schuld daran seien, das wäre in ganz Deutschland erkennbar gewesen. Aus den Testungen in den Schulen haben sich ebenfalls mehr Infektionen ergeben. „Wir hatten keine Bezugspunkte mehr, das Geschehen war diffus. Es waren auch die Begegnungen auf Arbeit, welche die Inzidenz nach oben trieben, weil nicht immer alle ihre Maske aufhatten. Den Bezug zur Modellregion haben wir nicht gesehen. Diese Menschen, die sich in dieser Zeit testen ließen, trugen immer eine Maske.“

Bleicherodes Bürgermeister Frank Rostek fragte nach zur Vergabe des Breitbandausbaus in der Hainleite. Dort wurde ein Vergabelos von einer unterlegenen Bieterfirma beklagt und das Verfahren ruht seit Wochen. Wie ist der Stand heute? Das Verwaltungsgericht will nach letzten Erkenntnissen kurz vor Pfingsten das Verfahren jetzt wieder abgeben, weil es sich nicht für zuständig hält, berichtete Jendricke.

Eine AfD-Anfrage zur mutmaßlichen Diskriminierung sozial schwacher deutscher Mitbürger gegenüber Migranten konnte der Landrat nicht beantworten und verwies auf eine kommende schriftliche Antwort an die Fraktion.

Die Sitzungsleiterin Carola Böck verließ ihren Platz als Versammlungsleiterin und las als Lehrerin und Schulleiterin Matthias Jendricke die Leviten wegen seiner öffentlich gemachten Kritik an den Lehrern und deren Umsetzung der digitalen Möglichkeiten in der Pandemiephase. Sie findet es „ungezogen, wenn ein Landrat sich so verhält“ und verlangte, dass er sich mehr für seine Schulen einsetzt.

Jendricke verteidigte sich und verlangte, dass Lehrer, so wie es auch seine eigenen Mitarbeiter tun, ihre private Technik mit einsetzen sollen, wenn es die angespannte Kommunikationssituation mit den Eltern erfordere. Es gäbe eben Schwierigkeiten bei der Technikbeschaffung und da müsse sich auch jeder Lehrer mit einbringen.

Kreis-Finanzchef Torsten Kaun stellte dann die verschiedenen Haushaltsansätze für den 2021er Haushalt vor, ehe es in die Diskussion darüber ging. Die Deckungslücke des Haushalts soll von der Bedarfszuweisung ausgeglichen werden. Bedingung dafür wäre aber, dass die Kreisumlage nicht gesenkt wird, weil das Land verlangt, dass der Kreis alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpft, ehe es Zuschüsse erteilt. Personalausgaben steigen im Haushalt um 8 Prozent, auch Kosten für Dienstleistungen sind um 11 Prozent höher als im letzten Jahr. Der Kämmerer geht davon aus, keine Kredite in den nächsten drei Jahren aufnehmen zu können, verspricht aber eine planmäßige Bedienung der Darlehen zu gewährleisten. Bis 2024 will die Verwaltung alle Schulden und Sollfehlbeträge beglichen haben.

Erster Redner in der Aussprache ist Rene Fullmann von der CDU, der sich beim gesamten Team um Herrn Kaun für die gewaltige Arbeit bedankt. Knackpunkt ist für ihn die Kreis- und Schulumlage. Die CDU will die Summen auf dem Niveau von 2020 einfrieren, was im Haushaltsentwurf nicht vorgesehen ist. Auch den Zuwachs im Stellenplan kritisiert die CDU und stellt Änderungsanträge.

Die Kreisumlage solle wie 2020 angesetzt werden, die Differenzen von 1,68 Millionen Euro können durch höhere Bedarfszuweisung ausgeglichen werden.
Der Vermögenshaushalt, das schlägt die CDU vor, könne durch Verschiebungen von späteren Ausgaben ausgeglichen werden.

In den aufgeblähten Stellenplan wollen die CDU-Anträge Befristungen einbauen, die Stellen für einen Sachbearbeiter Wirtschaftsförderung und eine Assistentenstelle für Vergabeangelegenheiten sind zu streichen.

Heike Umbach (LINKE) versteht nicht, wie bei all den Zuweisungen, die der Kreis erführe und den Einsparungen der letzten Jahre die Kommunen immer noch nicht entlastet werden können. Sie plädiert dafür für neue Wege. Alle ALG1-Empfänger sollen beispielsweise vor dem Eintreten in ALG 2 in Arbeit überführt werden, möglichst über Förderprogramme.
Freiwillige Aufgaben um 270 000 Euro zu kürzen, das könne nicht sein. Der hier eingerechnete Theaterzuschuss gelte inzwischen nicht mehr als freiwillige Aufgabe und müsste deshalb dort außen vor bleiben, kritisierte Umbach. Gutachter würden andererseits ja auch fast in Höhe der Kürzungen bezahlt. Der Landrat solle diese Idee zur Chefsache machen.

Zum Stellenplan stellte sie fest, dass die LINKE zustimme, dass Personal gebraucht wird, gefordert sei aber eine strategische Planung des Personals und transparente Einsicht in die Eingruppierungen der Mitarbeiter. Und wie viele Frauen eingesetzt werden, müsse im Stellenplan ersichtlich sein. Schweren Herzens werde die Fraktion dem Haushalt zustimmen, um nicht die Bedarfszuweisungen zu gefährden.

Kai Liebig von der Bürgerliste Südharz merkt an, dass es ein Novum ist, über einen mit dem Landesverwaltungsamt abgestimmten Haushalt abstimmen zu müssen, der Änderungen ausschließt und die Bedarfszuweisung des Landes als Drohkulisse benutzt. Bei Erhöhung der Kosten für den „Hexenbesen“ in Rothesütte um 700 000 Euro seien die neuen Preise für Baumaterial und -leistungen noch gar nicht berücksichtigt, stellte er fest. Und sind es wirklich 48 Stellen, die neu geschaffen werden sollen, fragte Liebig.

Matthias Erhold für die SPD sagt die uneingeschränkte Zustimmung seiner Fraktion zum Haushalt zu. Der Kreis sei nun einmal abhängig von der Landesregierung und dem Weimarer Verwaltungsamt.

Rüdiger Neitzke für die GRÜNEN nimmt wohlwollend zur Kenntnis, dass grüne Themen in den Haushalt eingeflossen sind. Grund genug für seine Fraktion die Zustimmung zu erteilen.

Jörg Prophet fasst den Haushalt als „Sozialhilfe für Kommunen“ zusammen. Zu wenig Unterstützung für Bedürftige, immer mehr Bürger würden durch die Politik von Bund und Land abgehängt. Sein Vorschlag an den Landrat geht dahin, alle Mittel für Integration von Migranten umzuwidmen in Gelder für Bildungswesen und zur Unterstützung einheimischer Familien und für nachschulische Betreuungen. Die vom Kreis mitfinanzierten Förderprojekte seien alle nicht nachhaltig, das sei nur Wahlkampf für linke Politik. Regionale Ansätze sollten besser genutzt werden. Dem Haushalt stimmt seine Fraktion nicht zu.

Claus-Peter Roßberg für die FDP sagt die Zustimmung der Liberalen zum Haushaltsentwurf zu, weil er ihn für einen wichtigen Schritt zur Konsolidierung des Landkreises hält. Schweren Herzens werden sie nicht den Änderungen der CDU zustimmen, weil sie ansonsten die Gefahr eines haushaltsfreien Jahres für den Kreis sehen.

Harztor-Bürgermeister Stephan Klante betont, dass inzwischen auch die letzten Kommunen ihre staatlichen Coronahilfen zurückgegeben haben. Nicht ein Euro der staatlichen Hilfen sei im Kreis verblieben, was ein trauriges Zeichen ist. Ein „Weiter so“ wird es aber nicht geben, jetzt erst beginnen die Probleme der Kommunen so richtig. Diese Warnung will er als Städte- und Gemeindebundvertreter des Kreises hier vorgebracht haben.

Eine Verwaltungsmitarbeiterin in Weimar kann nicht entscheiden, wie der Kreistag in Nordhausen abzustimmen habe, empört sich Nordhausens Ex-Oberbürgermeister Klaus Zeh. Dann könnten ja gleich alle hier nach Hause gehen und bräuchten nicht mehr abzustimmen. Das iwäre ein ganz schlechtes Zeichen für die Demokratie, wenn die kreistagsmitgleider keine Mitspracherecht mehr hätten.

Verständlicherweise verteidigte der Landrat das Procedere der Weimarer Behörde und auch, dass die Bewilligung der Bedarfszuweisungen unter strengen Bedingungen genau heute am Tag der Sitzung in Nordhausen eintrifft. Er bat die Kreistagsmitglieder weiterhin, nicht immer die
Mitarbeiter des Verwaltungsamtes zu kritisieren, schließlich versorgten diese ja den Kreis mit der Bedarfszuweisung.

Eine vorgeschlagene Pause lehnte die Anwesenden dann nach zwei Stunden und 45 Minuten ab und wollten lieber über die CDU-Änderungsanträge abstimmen. Mit 21 Nein-Stimmen wurde der erste Antrag knapp abgelehnt. Auch dem zweiten und dritten Antrag erging es nicht anders.

Die Haushaltssatzung des Landkreises Nordhausen für das Haushaltsjahr 2021wurde mit 22 ja-Stimmen bei 10 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen verabschiedet. Auch der Finanzplan des Kreises für die Jahre 2020 - 2024 erhielt eine Zustimmung von 23 gegen neun Stimmen bei sechs Enthaltungen. Die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes des Landkreises Nordhausen für 2021 erhielt die überwältigende Mehrheit von 37 der abgegebenen Stimmen.

Damit ist der Kreishaushalt so wie er in den letzten Tagen und Wochen in den Ausschüssen vorbereitet wurde, genehmigt und das Landesverwaltungsamt wird die neun Millionen Euro an Bedarfszuweisung frei geben. Ein finanzieller Gewinn für den Kreis, auch wenn es heute viel Zähneknirschen gab unter den Räten und die Kunst der Kompromissbereitschaft bei dem einen und der anderen arg strapaziert wurde.
Olaf Schulze
Autor: osch

Kommentare
Honsteiner
26.05.2021, 08.04 Uhr
Nordhäuser Oberbürgermeister stimmt für höhere Kreisumlage
Mit dem neuen Haushalt werden die Kommunen nicht entlastet. Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe sollte der Antrag der CDU bewirken, dass die Kommunen entlastet werden. Haben in den Vergangenheit die Nordhäuser Bürger- und Oberbürgermeister gegen eine höhere Kreisumlage gekämpft, tut dies Oberbürgermeister Buchmann nicht. Damit muss die Stadt wohl über eine Mio. Euro mehr Kreisumlage bezahlen. Ich kann diesen Mann nicht verstehen, er will die Straßenbahn an den Kreis abgeben, weil Geld fehlt und dann vergibt er kampflos Geld an den Kreis.
dicker
26.05.2021, 09.40 Uhr
@Honsteiner
Zu Ihren Aussagen:
1. Der OB war zum Kreistag entschuldigt.
2. Der ÖPNV ist qua Gesetz Aufgabe des Landkreises.
3. Im Kreistag sitzen mindestens 15 Nordhäuser Stadträte...
Und jetzt kommen Sie...
Herr Buchmann ist nicht für Alles verantwortlich.
Gudrun1974
26.05.2021, 09.47 Uhr
Der Beitrag wurde deaktiviert – Gehört nicht zum Thema des Beitrages
Herr Schröder
26.05.2021, 10.47 Uhr
dicker
Völlig Korrekt!
Außerdem bekommt der Landkreis für den ÖPNV Zuschüsse vom Land weil es deren Pflichtaufgabe ist. Die Stadt bekommt diese Zuschüsse nicht weil es für sie eine freiwillige Aufgabe ist. Somit bleibt Buchmann gar nichts anderes übrig als den ÖPNV abzugeben.
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