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Mi, 12:30 Uhr
21.04.2021
Gedanken zur Jugendarbeit im Landkreis Nordhausen

"Kindern und Jugendlichen eine Perspektive geben!"

In einem sehr emotionalen Brief wendet sich der Nordhäuser Kreisjugendring mit seinen vielfältigen Angeboten der Jugendverbandsarbeit an die Öffentlichkeit, um über die Probleme und Sorgen der Mitarbeiter in der Corona-Zeiten zu berichten...

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Hier der komplette Wortlaut des Schreibens:
Seit mehr als einem Jahr bestimmt Corona unser Leben und wir sind alle davon betroffen - das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, die Einhaltung der Abstandsregeln, Lockdown eins und zwei, Homeoffice, Homeschooling, ein (teilweise) stillgelegtes öffentliches Leben, Quarantäne und vor allem die Kontaktbeschränkungen. 2 Gramm Virus haben die Welt im Griff.

Wir als Erwachsene können uns, mehr oder weniger, damit bewusst, arrangieren. Aber was bedeutet das für unsere Kinder? Was für die Jugend? Diese können oft nicht nachvollziehen, warum sie im Kindergarten oder in der Schule mit ihren Freunden spielen dürfen, unter pädagogischer Aufsicht und unter Einhaltung der Hygienevorschriften freizeitpädagogische Angebote in Anspruch nehmen können, aber im privaten Kontext beschränkt sich ihr Kontakt auf nur eine weitere Person.

Ebenso dürfen sie den Sportunterricht gemeinsam bestreiten, der Freizeitsport und der organisierte Sportbetrieb auf und in Sportanlagen sowie unter freiem Himmel sind jedoch untersagt. Wiederum sehen sie im Fernsehen, das Profisportvereine und Kaderathleten von diesen Einschränkungen nicht betroffen sind und sich beim Torjubel in den Armen liegen. Schwer zu erklären und für Kinder/Jugendliche kaum nachvollziehbar.

In unserer täglichen pädagogischen Arbeit sind alle Jugendorganisationen im Landkreis Nordhausen auch mit solchen Fragen und Unverständnis bzgl. der Corona-Regelungen konfrontiert. Neben Aufklärungsarbeit versuchen wir den kleinen und großen Besuchern ein wenig „Normalität“ zu vermitteln.

Die kreative Umsetzung von Freizeitangeboten reicht von regelmäßig stattfindenden Spielaktionen, über E-Sports-Wettkämpfe und kreative Angebote. Oder die jungen Menschen treffen sich in den Jugendeinrichtungen der Verbände und Organisationen einfach nur zum Quatschen und Chillen. Nach anfänglicher Zurückhaltung wird dies immer aktiver genutzt und in Anspruch genommen, nachdem zwischenzeitlich die Zugänge weggebrochen sind. Jugendliche erzählen immer häufiger davon, dass ihnen zu Hause die „Decke auf den Kopf fällt“, berichten von Streitigkeiten im elterlichen Haushalt, dass sie sich ausgelaugt fühlen oder Überforderungstendenzen im Homeschooling entwickeln.

Dass die Pandemie sich auf das physische und psychische Wohlbefinden negativ auswirkt, wurde bereits in einigen Studien analysiert und erhoben. Wir als Mitarbeiter der örtlichen Kinder- und Jugendhilfe sind für die Kinder und jungen Menschen Ansprechpartner, Bezugsperson, Vermittler in Konfliktsituationen, „Kummerkasten“, Lebensbegleiter, Nachhilfelehrer, Problemlöser, Trainer, Vertrauter, Bespaßer und Wegbegleiter. Unsere Sorgen über die tiefgreifenden Einschnitte in die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen sind sehr groß, wie unsere Bemühungen als Jugendverbände hier im Landkreis Nordhausen den jungen Generationen Hoffnung und Halt zu geben.

Viktor Krieger von der Adventjugend organisiert für und mit der geschlossenen Pfadpfindergruppe verschiedene gruppenpädagogische Angebote wie bspw. Waldspiele oder eine Stadtrallye. Und letzten Sonntag engagierten sich die Kinder bei einer Müllsammelaktion am Zorgeufer. Gemeindepädagoge Frank Tuschy vom KILA erfindet jede Woche eine neue Aufgabe, die Kinder und Eltern am Wochenende oder in ihrer Freizeit gemeinsam bewältigen können oder ruft zur „KILA Corona Spezialaktion“ auf. Der Kreativität und dem Ideenreichtum der Mitgliedsorganisationen sind keine Grenzen gesetzt und das Schöne ist, alle anderen Jugendeinrichtungen profitieren von diesen Ideen, nutzen diese für sich mit. Auch die Sportjugend Nordhausen war kreativ und hält in der Jugendverbandsarbeit nun auch außersportliche Jugendarbeit bzw. Angebote vor.

Wenn ein persönlicher Austausch jedoch gar nicht möglich ist, besteht die Option, das Online-Tool „ZOOM“ zu nutzen, welches wir als Dachverband bei Bedarf kostenfrei zur Verfügung stellen. So wurde in den letzten zwölf Monaten der so wichtige persönliche Kontakt zu den jungen Menschen in über 100 digitalen Treffen gehalten.

Mit 763 Teilnehmern und 842 Stunden Austausch eine Möglichkeit, die immer mehr an Wirkung verliert. Die Kinder und Jugendlichen sind müde! Sie brauchen persönlichen Raum und eine klare Perspektive, die ihnen auch und gerade die Politik geben muss.
Jedoch nicht alle Einrichtungen der Kinder- Jugendarbeit im Landkreis haben geöffnet. Träger und Institutionen, die die Jugendarbeit selbst finanzieren, auf Ehrenamt basieren und nicht durch die Örtliche Jugendförderung finanziert werden, wie bspw. die Jugendverbandsarbeit der Johanniter-Unfall-Hilfe sowie die Jugendarbeit der kirchlichen Träger und insbesondere der Sport, bleiben gänzlich geschlossen. Die einen aus selbst gewählter Verantwortung, um die Infektionsketten zu durchbrechen und die anderen, weil sie einfach nicht dürfen.

Aber es gibt viele Einrichtungen, die geöffnet haben, aber teilweise nur schwach frequentiert sind. War früher der niedrigschwellige Zugang das Aushängeschild der offenen Türarbeit, erfolgen heute Angebote in festen Gruppen, die persönlichen Daten müssen zur Kontaktnachverfolgung hinterlegt werden, die Symptomfreiheit bestätigt und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutz ist verpflichtend. Aufwendig umzusetzende Hygieneschutzkonzepte brauchen Zeit, Ressourcen und verlangen allen viel ab. Zu viel für den ein oder anderen Clubbesucher und er bleibt fern. Was wird aus der Jugendarbeit nach Corona? Was wird mit unseren jungen Menschen, für die diese Pandemie noch mehr Sorgen und Ängste bereithält?

Diese Krise betrifft Kinder und Jugendliche massiv und hat soziale, emotionale und kognitive Auswirkungen, die wir heute noch nicht kennen, sondern nur erahnen können. Studien zeigen schon jetzt, dass die psychotherapeutischen Bedarfe und Behandlungen stetig steigen. Auch die Krankenkassen berichten über die Zunahme von krankhaftem Medienkonsum, Übergewicht und Essstörungen! Zudem schlagen auch Experten Alarm - "Brauchen Marschallplan für den Kinderschutz", denn auch die Zahl misshandelter Kinder steigt derzeit dramatisch, da bei vielen Familien die Nerven im Shutdown blank liegen. Welche Hinweise brauchen wir noch, um zu erkennen das gerade hier auch der Sport im Verein eine wichtige Funktion hat?

Wir brauchen den Sport und die Kinder und Jugendlichen noch mehr. Deshalb fordern wir: Organisierten Sport für Kinder und Jugendliche unter freien Himmel ermöglichen! Ohne Wenn und Aber. Punkt.

Für die Besucher in unseren Einrichtungen gilt aktuell keine Testpflicht, während die Mitarbeiter der Kinder- & Jugendarbeit (Jugendsozialarbeit/Jugendverbandsarbeit) sich an der Testfrequenz der jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben orientieren sollen. Jedoch sind diese nicht existent! Aus diesem Grund bedienen sich die Träger und Vereine den Vorgaben für Lehrer*und Schulsoziarbeiter (Bildungsbereich im Land Thüringen) und organisieren selbstständig Termine zum Schutz der Jugendarbeiter im Schnelltest-Zentrum des Landkreises Nordhausen. Andere Träger haben eigens ausgebildetes Personal, welches Tests realisieren. Eine Durchführung der Tests in den eigenen Reihen ist mit enormen Unkosten verbunden, welche über die Sachkosten der ÖJF nur marginal und nicht auf Dauer getragen werden können. Kleineren Trägern und Initiativen steht dieses Budget gar nicht erst zur Verfügung.

Bleibt die Frage nach den vielen ehrenamtlichen Unterstützern der Jugendarbeit? Hier erfolgt keine Berücksichtigung in den Verordnungen! Wie kann es sein, dass die Kinder- und Jugendarbeit im Stufenplan des Landes Thüringen nicht berücksichtigt wurde?! Hier ist es zwingend erforderlich, Vorgaben und Orientierung zu schaffen. Die Gesunderhaltung an der Basis ist unersetzlich. Auch beim Thema Impfungen gibt es für uns keine Entwicklungen oder einen absehbaren Trend, dass wir in den Prioritätenkatalog aufgenommen werden und dies trotz Empfehlungen des Bundes.

Es ist wichtig, dass die jüngsten und jungen Menschen in der Kinder- und Jugendarbeit aufgefangen werden. Wir erfüllen einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag zum Schutz unserer zukünftigen Generationen. Dafür braucht es unsere Arbeit hier vor Ort und eine Perspektive für die Jugend. Daher muss die tägliche Arbeit der Jugendverbände mehr gestärkt und berücksichtigt werden! Hier ist die Politik mehr gefordert. Testkonzepte innerhalb kurzer Zeit abzuverlangen ist das Eine, aber ohne die nötigen Schlussfolgerungen, Tests und eine in Aussichtstellung von Impfangeboten, bleibt es eben nur Papier. Wir glauben, dass die Träger und Jugendorganisationen im Landkreis Nordhausen mehr Wertschätzung verdient haben, weil alle zusammen eine tolle, wichtige und unersetzliche Arbeit leisten. Und dies gilt es auch gesund zu erhalten!

Und abschließend möchten wir noch einen riesigen Dank an alle Jugendarbeiter und Ehrenamtler senden. Ihr leistet unter schwierigen Bedingungen großartiges! Haltet durch und verliert nicht diesen Spirit. Wir wissen, dass es um unsere Kinder geht und damit um unsere Zukunft hier im Landkreis Nordhausen.
Jugendverbandsarbeit – Kreisjugendring Nordhausen
Autor: red

Kommentare
adele
21.04.2021, 13.05 Uhr
Absolut Top Artikel...
und alles gesagt was unsere Kinder betrifft! Genauso ist es, das Unverständnis für die Profis und die Einschränkungen der Freizeit für unsere Kinder!
Haltet durch, Ihr leistet super Arbeit auch unter erschwerten Bedingungen!!!!
Ben_NDH
21.04.2021, 13.44 Uhr
Endlich werden die Missstände auf den Punkt gebracht...
ich finde es gut das der Kreisjugendring sich mit diesem Thema an die Öffentlichkeit wendet. Solche Themen werden leider viel zu wenig in der Öffentlichkeit wahrgenommen und behandelt. Viel zu viel Zeit ist leider schon verstrichen - hier ist JETZT die Politik gefragt!
N. Baxter
21.04.2021, 15.28 Uhr
Prioritäten und Abwägung der Risiken
Kinder und Frauen zuerst, analog zur Seenotrettung.

Demzufolge sollte man auch mal überdenken, was man der nächsten Generation für ein Chaos hinterlässt!

Kinder sollten stets an ersten Stelle stehen...
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