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So, 13:00 Uhr
02.08.2020
Ost Klassiker Klub Wolkramshausen

Meister des Hobels mit einem „Schuß“ Benzin im Blut

Es ist eine der besten Adressen Deutschlands für Besitzer historischer Vorkriegsmobile, die Stellmacherei- und Holzkarosseriebau Firma des Zimmermeisters, Uwe Thiede. Hubert Rein vom Ost Klassiker Klub Wolkramshausen hat ihn besucht...


In der Gemeinde Burgtonna, wenige Kilometer entfernt von der Kurstadt Bad Langensalza, befindet sich in einer der Seitenstraßen, etwas unauffällig, das Wohn- und Firmengrundstück des heute 60 jährigen sympathischen Thüringers. Doch in diese beschauliche, fast dörfliche Idylle, kommen heute Menschen, zum Teil aus weit entfernten Orten. Der Grund dafür ist ihre Leidenschaft zu historischen Fahrzeugen, die in den meisten Fällen schon sehr betagt sind und an denen der sog. Zahn der Zeit genagt hat.

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Auch einige Mitglieder des Ost Klassiker Klub Wolkramshausen haben in der Vergangenheit ihr wertvolles technisches Kulturgut gern in die Hände des erfahrenen Restaurators gegeben und Wartezeiten von ca. 2 Jahren auch gern in Kauf genommen. Der Beruf des Stellmachers oder auch Wagner genannt, dürfte mit Sicherheit zu den ältesten handwerklichen Berufen in der Menschheitsgeschichte zählen.

Am Anfang war es die perfekte 360 Grad Windung, die vor einigen tausend Jahren vermutlich im menschlichen Geist den Kreis und in Folge, nach Auffassung der heutigen Wissenschaft, die Töpferscheibe entstehen ließ. Hieraus kann man die Entstehung eines hölzernen, vollflächigen Rades mit einen Achse im Zentrum als wesentliches Bauelement eines Wagens durchaus ableiten.

Meister am Hobel mit Benzin im Blut - Uwe Thiede bei der Arbeit (Foto: Hubert Rein) Meister am Hobel mit Benzin im Blut - Uwe Thiede bei der Arbeit (Foto: Hubert Rein)

Archäologische Funde von Radscheiben, wurden auf ein Alter von etwa 5000 Jahren datiert. Sie waren einst Bestandteile eines Handkarrens, der von einem der ersten Wagenbauer hergestellt wurde, um eventuell Lasten zu transportieren. Sie sind somit erste und wesentliche Bausteine, in der frühen technischen Kulturentwicklung der Menschheit.

Materialien zum Bau der ersten Karren waren das Hartholz und Bestandteile von Tierkörpern wie Häute und Sehnen. Diese Grundmaterialien werden aber noch bis heute in der Fahrzeugrestaurierung eingesetzt. Im Verlauf der mehrere tausendjährigen Geschichte des Wagenbaus änderten sich sehr rasch auch der Verwendungszweck und das Aussehen der ursprünglich von Muskelmasse (Menschen und Tiere) bewegten Wagen. Neben den Transportkarren entstanden bald auch Kampf- und Reisewagen. Dies bedeutete, dass weitere Handwerksberufe, wie z. B. Schmiede, Schneider, Maler und Stuckateure besonders ab dem Mittelalter, in die Herstellung von hölzernen ein- und zweiachsigen Wagen und repräsentativen Kutschen einbezogen wurden.
Erste praktische Versuche, die bis dahin über mehrere Jahrtausende übliche Antriebstechnologie durch mechanisch erzeugte Kraft zu ersetzen, sind für das 18. Jahrhundert durch den Bau eines Dampfwagens in Frankreich belegt.

Ein Fiat aus dem Jahr 1926 in der Rennwagen-Ausführung. (Foto: Hubert Rein) Ein Fiat aus dem Jahr 1926 in der Rennwagen-Ausführung. (Foto: Hubert Rein)

Mit dem Beginn des Industriezeitalters im 19. Jahrhundert änderten sich besonders durch neue Antriebstechnologien die Produktionsbedingungen im Handwerk und etwas zeitversetzt auch in der Landwirtschaft. An die Seite des Handwerksmeisters, kam mit dem entsprechend höheren Bildungsniveau, der Ingenieur. Der alte Berufszweig des Stellmachers, der überwiegend bis dahin im ländlichen Bereich arbeitete und lebte, produzierte viele wichtige Dinge die für das tägliche Leben, also von der Wiege bis zur Bahre, notwendig waren und auch eine gewisse Mobilität, Arbeitserleichterung und Effektivität ermöglichten. Dies waren überwiegend hölzerne Fuhrwerke in Gestalt von Kasten- Tafel- oder Leiterwagen, aber auch verschiedene Formen von Kutschen welche ein- und mehrspännig von Zugtieren bewegt wurden. Es waren auch Schlitten, Handwagen und Schubkarren, Zirkus- und Schaustellerwagen sowie zum Teil prunkvolle Leichenwagen und viele Gerätschaften.

Mit dem Beginn des Industriezeitaltern und dem Entstehen des Eisenbahnwesens, spaltete sich der alte Berufstand in einen neuen Zweig auf, der die Bedürfnisse der beginnenden Industrialisierung bediente.

Die Eisenbahn, welche ab 1835 in Deutschland ihren Anfang nahm, benötigte in zunehmenden Maße Stellmachern, die sich hauptsächlich dem Bau der Waggons widmeten. Ebenso wurde, allerdings etwas Zeitversetz, der gleiche Handwerksstand für die einsetzende Automobileproduktion im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert benötigt, um die Holzkarosserien der ersten Automobile, die ihren Ursprung in der Konstruktion von Kutschen hatten, herstellen zu können.

Wieder gut in Schuss - BMW 326 aus der Produktion in Eisenach. Die Holzrestaurierung wurde im Heckbereich und am Stoffverdeck durchgeführt (Foto: Hubert Rein) Wieder gut in Schuss - BMW 326 aus der Produktion in Eisenach. Die Holzrestaurierung wurde im Heckbereich und am Stoffverdeck durchgeführt (Foto: Hubert Rein)

Die 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts war geprägt durch die Ereignisse der beiden Weltkriege. Kriege brachten der Menschheit stets viel Leid und Zerstörung aber sie beförderten auch die technische Kulturentwicklung auf dieser Erde so z. B. bezogen auf Materialforschungen und die Entwicklung neuer Technologien.
In diesen Krisenzeiten wurden besonders Fahrzeuge in zunehmend großen Stückzahlen benötigt und die technischen Qualitätskriterien, die u.a. von den Führungsständen des Militärs vorgegeben wurden, mussten durch die Industrie sehr rasch umgesetzt werden. So entstanden Fahrzeuge in einer Mischbauweise bezogen auf den Materialeinsatz. Holz, Metall und Leinenstoffe waren über Jahrzehnte bis etwa Ende der 1950 ziger Jahre die wichtigsten Materialien im Fahrzeugbau. Aber die Entwicklung von Kunststoffen war bereits im 2. Weltkrieg weit vorangeschritten und so wurde das Holz im Fahrzeugbau auch in der damaligen DDR durch diese modernen Materialien rasch ersetzt. Neue Berufsbilder entstanden, der traditionelle Handwerksberuf des Stellmachers oder Wagner verlor an Bedeutung in seiner traditionellen Ausrichtung.

Diesen Niedergang eines Handwerkes erlebte auch Uwe Tiede in der von seinem Vater betriebenen Stellmacherei in Burgtonna in verschiedener Hinsicht. Da aber Holz in der Familien Tiede über mehrere Generationen eine wichtige Rolle spielte, wählte Uwe Thiede den Beruf des Zimmermanns. Die anschließende Meisterausbildung wurde ebenfalls mit Erfolg beendet und mit der Herstellung von Bauelementen verdiente er für sich und seine Familie über mehrere Jahre den Lebensunterhalt.
Bereits in den 1980- ziger Jahren, hatte Uwe Tiede erste Berührungen mit historischen Fahrzeugen aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Er selbst spricht von einer ersten größeren Welle der Leidenschaft der damaligen DDR-Bürger für Oldtimer. Obwohl es bereits in den frühen Jahren der DDR, im Rahmen des ADMV eine Sektion gab, die sich für den Erhalt historischer Fahrzeuge aller Kategorien, für deren Präsentation und für entsprechende öffentliche Wettbewerbe und Fahrten einsetzte.

Die 2. große Welle, der nun ehemaligen DDR- Bürger oder neu Bundesrepublikaner baute sich in den 1990 ziger Jahren auf und hält, erstaunlicher Weise, auf hohem Niveau bis zur gegenwärtigen Zeitraum unvermindert an.

Uwe Thiede, der diese Entwicklungen damals aufmerksam verfolgte, sah 2005 für sich den Zeitpunkt gekommen, die bereits verstaubte Stellmacherei seiner Vorfahren zu aktivieren und den wachsenden Markt nach fachgerechten Fahrzeugrestaurierungen zu bedienen.

Er kannte sich in der damaligen Szene gut aus und ist heute weit, auch über die Nationalen Grenzen, mit anderen Fachleuten und Besitzern historischer Fahrzeuge vernetzt. Sein Können, sein über Jahrzehnte gewachsenes technisches Wissen, bezogen auf die Geschichte und technischen Daten vieler Fahrzeugmarken, ist mehr als erstaunlich und der Garant für seine meisterhaften Arbeiten.
Der Meister mit dem Hobel und dem „Schuß“ Sprit im Blut hat für sich und für den altehrwürdigen Berufsstand des Stellmachers eine doch lohnende Marktnische gefunden.
Hubert Rein
Vorsitzender des Ost Klassiker Klub
Wolkramshausen
Hubert Rein zu Gast bei Uwe Thiede (Foto: Hubert Rein)
Hubert Rein zu Gast bei Uwe Thiede (Foto: Hubert Rein)
Hubert Rein zu Gast bei Uwe Thiede (Foto: Hubert Rein)
Hubert Rein zu Gast bei Uwe Thiede (Foto: Hubert Rein)
Autor: red

Kommentare
Peterchen1983
02.08.2020, 16.18 Uhr
Schön
Das es noch Leute gibt die diese alten Berufe noch ausüben!!
Lasst die alten Handwerksberufe nicht aussterben!
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