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Do, 18:27 Uhr
25.06.2020
NUV-Chef im Wirtschaftsausschuss des Kreistages

„Wir sind in einer Krise“

Es ist selten, dass Ausschüsse des Nordhäuser Kreistages öffentlich tagen. Heute wurde eine Ausnahme gemacht. Das hatte seinen Grund in einem Gast, der wenig Erfreuliches zu berichten wusste…

Der Wirtschaftsausschuss des Kreistages tagte heute Abend im BIC Nordthüringen (Foto: nnz) Der Wirtschaftsausschuss des Kreistages tagte heute Abend im BIC Nordthüringen (Foto: nnz)
Niels Neu ist der Vorstandsvorsitzende des Nordthüringer Unternehmerverbandes (NUV) und sollte den kommunalpolitisch Aktiven die Situation der lokalen Wirtschaft unter immer noch aktuellen Corona-Bedingungen erläutern.

„Wir sind in einer Krise. Und leider besteht immer noch eine Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung derer in der Öffentlichkeit und den Tatsachen, die als Folgen vor allem auf der Wirtschaft lasten“, leitete Neu seinen Beitrag ein. Er verwies allein auf die Tatsache, dass 1,2 Billionen Euro seitens der Bundesregierung in die Hand genommen wurden. Und das nicht ohne Grund und nur ein einziges Mal. Das nur zur Einstimmung.

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Laut einer Umfrage der Erfurter Industrie- und Handelskammer bestätigt die Hälfte der Nordthüringer Unternehmen eine wesentlich geringere Nachfrage ihrer Produkte und Dienstleistungen als in der Vor-Corona-Zeit. Es sei die schlimmste Wirtschaftskrise in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg. „Auch Sie als kommunale Politiker müssen alles dafür tun, um der Wirtschaft Wachstumsimpulse zu geben, denn Corona gibt es nicht nur im Internet oder im TV, sondern zum Beispiel bei Thimm, Feuer Powertrain und weiteren Unternehmen – alle haben noch Kurzarbeit. Die Hälfte der hiesigen Unternehmen haben Existenzängste. Das gehe natürlich bis in die Gastronomie hinein.

Eine solche Krise fördere aber auch Defizite zutage, die sich sonst eher in Sprechblasen und Parolen verstecken. So sei beim Thema Digitalisierung (Schwierigkeiten bei Videokonferenzen) aufgezeigt worden, an welche Grenzen man gestoßen sei, hier gebe es noch enormen Nachholebedarf. Und zwar nicht in 20 Jahren, sondern kurzfristig. Und die Krise habe das Bewusstsein dafür geschärft, dass der Grund für jegliches Wachstum, für jeglichen Wohlstand zuerst in einer funktionierenden Wirtschaft zu finden sei.

Niels Neu zeigte darüber hinaus auf, dass nach der temporären Erhöhung der Mehrwertsteuer, das Pendel umschlagen könne. Neben einer dann eventuell höheren Mehrwertsteuer würden vermutlich die Sozialbeiträge angehoben werden. Erste Signale gibt es seit heute aus der Chefetage der Deutschen Rentenversicherung.

Allerdings habe die Krise, die noch nicht vorbei sei, einige wenige „positive Aspekte“ mit sich gebracht. Videokonferenzen statt Dienstreisen, mehr persönliche Kontakte und das zunehmende solidarische Miteinander in der Wirtschaft. Und: „wir müssen weg von der Just-In-Time-Mentalität und weg von dem Mantra der Globalisierung. Wir müssen uns auf das Lokale und Regionale besinnen.“ Auch beim Gips sei das so. Wenn in Deutschland kein Gips mehr abgebaut würde, dann wäre der Import zusammengebrochen. Die Lieferketten wären nicht mehr vorhanden. Was hätten die Baubetriebe gemacht?“ Seine Bitte an die lokale Politik: „Unterstützen Sie unsere Wirtschaft, selbst ein Überdenken bei Gebühren, das Nachdenken über kommunale Steuersenkungen sei mehr als der Tropfen auf den heißen Stein. Letztlich gehe es bei vielen Unternehmen um das nackte Überleben.“

Zum Abschluss hatte Niels Neu eine Bitte: „Stadt und Landkreis, vertragt Euch!“ Bei einem Blick auf die Tagesordnung für den nächsten Stadtrat, wachsen bei dem Unternehmer Unverständnis und Unmut. Da gehe die Stadt mal wieder in Widerspruch gegen die Baugenehmigung zur Erweiterung des Herkules-Marktes in Niedersachswerfen. „Wer das jetzt tut, der hat so manches nicht verstanden.“

Landrat Matthias Jendricke führte in der weiteren Diskussion aus, dass die Kommunen alle Möglichkeiten ausschöpfen sollten, um auch weiterhin zu investieren, statt Gelder in die Rücklage zu buchen. Seitens des Landes sei beabsichtigt, die Förderquoten wieder anzuheben und das müsse man nutzen. Als Beispiel führte Jendricke an, dass sich der Landkreis um Fördermittel für die Erstellung einer Wasserstoff-Studie beworben habe.
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

Kommentare
Leser X
25.06.2020, 18.58 Uhr
Wo sind all die Profite hin...
... die in den vielen Billiglohnjahren eingeheimst wurden? Wir ahnen es. Man hat auf Unternehmensseite fürstlich gelebt und entsprechend die Moneten verjubelt, anstatt die Chance zu nutzen, Reserven anzulegen. Ich persönlich kann auch nicht mein Gehalt immer verballern, weil eben auch mal ungeplante Ausgaben kommen können.

Nun wird plötzlich wieder nach dem Staat gerufen. Und das heißt: die Allgemeinheit soll wieder blechen.

In der Politischen Ökonomie nennt man das noch immer treffend: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Risiken und Verluste.
ceasa2018
25.06.2020, 20.04 Uhr
Wasserstoff-und E-Autos
ich kann den Mist nicht mehr Lesen,investiert erst einmal in die Nordhäuser Straßen,damit auch die Wasserstoff und Electroautos darauf fahren können und nicht nur flicken wie heute wieder in Nordhausen Salza.
In 5 Jahren wird wohl hier kein Auto mehr fahren können.
Nicht nur die Denkmäler und den ganzen Kulturkram immer modernisieren,auch mal die Straßen die dort hin führen.
geloescht.20240214
25.06.2020, 23.46 Uhr
Der Beitrag wurde deaktiviert – Gehört nicht zum Thema des Beitrags
Bodo Schwarzberg
26.06.2020, 00.33 Uhr
Warum müssen die Firmen immer nur jammern?
Seit dem Zweiten Weltkrieg stand der Staat zumindest im Westen Deutchlands immer vor allem an der Seite der Unternehmer.

Lobbyisten haben bis heute vollkommen unproblematisch Zugang zu den Büros der Abgeordneten im Reichstag. Es gab stets erfolgreich abgewehrte Reichen- und Vermögenssteuern und es gab Abwrackprämien nach Finanz- und Wirtschaftskrisen.

Ich kann diese Jammerei der Unternehmer nicht mehr hören. Und nicht mehr die Blauäugigkeit mancher Investoren, wie die von Carlo Knauf bezüglich Wacker Nordhausen.

In einem Punkt gebe ich Nils Neu aber zunächst recht: Corona lehrt uns den Vorteil regionaler, vom globalen Markt unabhängiger Wirtschaftsstrukturen. Hier fehlen dann, Niels Neu erwähnt sie natürlich nicht, nur noch die regionalen Wirtschaftskreisläufe. Denn echte Regionalität bedeutet auch den bevorzugt regionalen Absatz der regional erzeugten Produkte.

Die Firmen Knauf und Casea, die unsere Landschaft nur für regionale Verbraucher zerstören, das würde für ein positives Geschäftsergebnis gewiss nicht reichen.

Nicht zuletzt muss die Formulierung
"Und die Krise habe das Bewusstsein dafür geschärft, dass der Grund für jegliches Wachstum, für jeglichen Wohlstand zuerst in einer funktionierenden Wirtschaft zu finden sei", hinterfragt werden.

Der Grund für jeglichen Wohlstand und jegliches Wachstum ist nicht die Wirtschaft, lieber Herr Neu, sondern es sind die natürlichen Ressourcen, die unserer Planet mit seiner Bios- und Geosphäre uns allen kostenlos zur Verfügung stellt, und die nur noch verwertet werden müssen. Fast kostenlos, damit Ihre Profite auch Profite sind. Denn die, ökononisch formuliert, so genannten "externen Kosten", also die Umwelt-, Klima- und Biodiversitätsschäden, und damit die Schäden am Menschen durch wirtschaftliche Aktivitäten, sie gehen weltweit in die Billionen, spielen nach wie vor eine untergeordnete bis keine Rolle in den Unternehmensbilanzen und in der Wirtschaftspolitik.

Wohin das führt sehen wir an den ringsum sterbenden Wäldern, an den dramatischen Rückgängen der Vogel- und Insektenfauna und an den sich stetig ausweitenden Todeszonen im Meer, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
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