Do, 15:07 Uhr
14.11.2019
nnz-historisch:
Als das Turnen in Nordhausen verboten wurde
Vor 200 Jahren wurde mit der Turnsperre die körperliche Ertüchtigung in der Öffentlichkeit als staatsfeindlich untersagt. Das Turnen kam 1817 durch Johann Carl Friedrich Salomon, einen Schüler Friedrich Ludwig Jahns, nach Nordhausen und das Gehegeplateau diente als erster Turnplatz...
Bild: Turnen im Gehege (1817), Zeichnung von Fritz Teichmüller
Der aus Schlesien stammende Salomon ging im Sommer 1817, auf dem Höhepunkt der Turnbewegung, nach Nordhausen und richtete im Gehege einen Turnplatz mit verschiedenen Geräten ein. Das Turnen erstreckte sich dabei zunächst nur auf die Schüler des Gymnasiums.
Als im Herbst 1819 mit der Turnsperre die Verfolgung der Turnbewegung begann, wurde die Schließung des Platzes und der Abbruch der Turngerätschaften im Gehege angeordnet. Die Turner strebten neben dem Sport auch einen deutschen Nationalstaat an und galten den Fürsten als militante Staatsfeinde. I m ganzen Deutschen Bund wurde nun im Rahmen der Demagogenverfolgung das Turnen verboten. Die Demagogenverfolgung war der Vollzug der in den Karlsbader Beschlüssen festgelegten Restriktionsmaßnahmen gegen alle liberalen und nationalen Bestrebungen; die politischen Machthaber leiteten Repressalien wie Zwangsverwaltung der Universitäten, scharfe Presse-Zensur, Lehrverbote und die Zerschlagung der Burschenschaften ein. In jüngerer Forschung gilt Jahn zuweilen wegen seiner nationalistischen Einstellung als umstritten.
Der öffentliche Turnunterricht in Nordhausen ruhte damit über 20 Jahre. In dieser Zeit gab es jedoch Privatunterricht, der seit 1831 in der Erziehungsanstalt des Dr. John und seit 1834 durch Dr. Rothmaler einzelnen Schülern des Gymnasiums erteilt wurde.
Ab 1842, nachdem auf Befehl des Königs Friedrich Wilhelm IV. das Turnen bei allen höheren Anstalten wieder eingeführt und obligatorisch gemacht worden war, nahm am Gymnasium und der Realschule der regelmäßige öffentliche Turnunterricht wieder seinen Anfang. Bei dieser Gelegenheit schenkte Jahn ein Exemplar seines Turnbuchs der Bücherei des hiesigen Gymnasiums mit dem Wunsche, daß nie wieder eine Turnsperre eintrete.
Als Turnplätze in Nordhausen dienten nacheinander:
eine Wiese am Roßmannsbach neben der Halle'schen Chaussee, ab 1833 der Hammerrasen, ein Teil des Stadtgrabens bei der Realschule, der Rasen jenseits der Zorge zwischen dem Sundhäuser- und Siechen-Tor (Saugrube genannt), der Stadtgraben gegenüber dem Gerichtsgebäude.
Später turnten auch die Zöglinge der Knaben-Bürgerschule und der höheren Töchterschule, und seit den 1860/70er Jahren die ganze männliche und weibliche Jugend der Stadt.
Der 1952 aufgestellte Gedenkstein im Gehege erinnert an den ersten Turnplatz in Nordhausen (Foto: Jwaller, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)
Einen ähnlichen Aufschwung hatte ab 1848 auch das Turnen der Erwachsenen mit der Gründung Vereins Vater Jahn genommen. Das Nordhäuser Turnwesen wurde besonders dadurch gefördert, dass der 1860 von Dr. Christian Krenzlin (1826-1919), Buchdrucker Theodor Müller (1832-1889) und Dr. Triebel gegründete Männerturnverein den Bau einer Turnhalle vorantrieb, deren Gebrauch beiden Turnvereinen zustand. Auch die Schüler hatten diese mehrmals erweiterte und verbesserte Turnhalle (neben dem alten Schützenhaus) regelmäßig benutzt, und so reichte die Größe durch die wachsende Schülerzahl bald nicht mehr aus.
Vincent Eisfeld
Autor: redBild: Turnen im Gehege (1817), Zeichnung von Fritz Teichmüller
Der aus Schlesien stammende Salomon ging im Sommer 1817, auf dem Höhepunkt der Turnbewegung, nach Nordhausen und richtete im Gehege einen Turnplatz mit verschiedenen Geräten ein. Das Turnen erstreckte sich dabei zunächst nur auf die Schüler des Gymnasiums.
Als im Herbst 1819 mit der Turnsperre die Verfolgung der Turnbewegung begann, wurde die Schließung des Platzes und der Abbruch der Turngerätschaften im Gehege angeordnet. Die Turner strebten neben dem Sport auch einen deutschen Nationalstaat an und galten den Fürsten als militante Staatsfeinde. I m ganzen Deutschen Bund wurde nun im Rahmen der Demagogenverfolgung das Turnen verboten. Die Demagogenverfolgung war der Vollzug der in den Karlsbader Beschlüssen festgelegten Restriktionsmaßnahmen gegen alle liberalen und nationalen Bestrebungen; die politischen Machthaber leiteten Repressalien wie Zwangsverwaltung der Universitäten, scharfe Presse-Zensur, Lehrverbote und die Zerschlagung der Burschenschaften ein. In jüngerer Forschung gilt Jahn zuweilen wegen seiner nationalistischen Einstellung als umstritten.
Der öffentliche Turnunterricht in Nordhausen ruhte damit über 20 Jahre. In dieser Zeit gab es jedoch Privatunterricht, der seit 1831 in der Erziehungsanstalt des Dr. John und seit 1834 durch Dr. Rothmaler einzelnen Schülern des Gymnasiums erteilt wurde.
Ab 1842, nachdem auf Befehl des Königs Friedrich Wilhelm IV. das Turnen bei allen höheren Anstalten wieder eingeführt und obligatorisch gemacht worden war, nahm am Gymnasium und der Realschule der regelmäßige öffentliche Turnunterricht wieder seinen Anfang. Bei dieser Gelegenheit schenkte Jahn ein Exemplar seines Turnbuchs der Bücherei des hiesigen Gymnasiums mit dem Wunsche, daß nie wieder eine Turnsperre eintrete.
Als Turnplätze in Nordhausen dienten nacheinander:
eine Wiese am Roßmannsbach neben der Halle'schen Chaussee, ab 1833 der Hammerrasen, ein Teil des Stadtgrabens bei der Realschule, der Rasen jenseits der Zorge zwischen dem Sundhäuser- und Siechen-Tor (Saugrube genannt), der Stadtgraben gegenüber dem Gerichtsgebäude.
Später turnten auch die Zöglinge der Knaben-Bürgerschule und der höheren Töchterschule, und seit den 1860/70er Jahren die ganze männliche und weibliche Jugend der Stadt.
Jahndenkmal (Foto: Jwaller (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:NDH-Jahndenkmal.JPG), CC BY-SA 3.0)
Der 1952 aufgestellte Gedenkstein im Gehege erinnert an den ersten Turnplatz in Nordhausen (Foto: Jwaller, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)
Einen ähnlichen Aufschwung hatte ab 1848 auch das Turnen der Erwachsenen mit der Gründung Vereins Vater Jahn genommen. Das Nordhäuser Turnwesen wurde besonders dadurch gefördert, dass der 1860 von Dr. Christian Krenzlin (1826-1919), Buchdrucker Theodor Müller (1832-1889) und Dr. Triebel gegründete Männerturnverein den Bau einer Turnhalle vorantrieb, deren Gebrauch beiden Turnvereinen zustand. Auch die Schüler hatten diese mehrmals erweiterte und verbesserte Turnhalle (neben dem alten Schützenhaus) regelmäßig benutzt, und so reichte die Größe durch die wachsende Schülerzahl bald nicht mehr aus.
Vincent Eisfeld
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