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So, 22:01 Uhr
24.12.2017
Weihnachten 2017

Predigt von Bischof Ulrich Neymeyr in der Christmette

Die Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums hat die Kunst auf vielfältige Weise inspiriert: In der Musik, in der Malerei und vor allem in der Schnitzkunst. Im Sommerurlaub im Grödnertal in Südtirol habe ich viele wunderschöne holzgeschnitzte Weihnachtskrippen bestaunt und unsere Weihnachtskrippe zuhause um einige Figuren ergänzt...


Auch hier in der Severikirche ist eine schöne Krippe aufgebaut. Die liebevolle Kultur um die Gestaltung von Weihnachtskrippen könnte vergessen lassen, dass die eigentliche Weihnachtskrippe, in der Jesus lag, kein Idyll war. Sie war allerdings auch keine Katastrophe. Maria und Josef waren nur vorrübergehend obdachlos. Sie hätten sich eine Herberge leisten können, aber es war kein Platz.

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Hoffen wir, dass sie wenigstens in einem Stall Unterschlupf fanden, denn ein Stall ist trocken und durch das Vieh, das darin ist, auch warm. Allerdings steht im Lukasevangelium nicht, dass die Krippe in einem Stall war. Die vielen künstlerischen Darstellungen machen den Stall für uns zur Selbstverständlichkeit, aber im Lukasevangelium steht nichts davon. Vielleicht ist das auch Absicht. Jesus ist nicht in der Abgeschlossenheit eines Stalles, eines Hauses oder gar eines Kreißsaals zur Welt gekommen, sondern wenn man so will, in aller Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit war vertreten durch die Hirten, die neugierig gekommen sind, um zu schauen, was da geschehen ist.

Wenn man dies beim Anblick der Weihnachtskrippe betrachtet, fällt der Blick fast von alleine auf das Lebensende Jesu: Er ist auch in aller Öffentlichkeit gestorben. Die Hinrichtungsstätte war zwar vor den Toren der Stadt, aber doch so, dass die Menschen vorbeikamen, ihre Sensationslust befriedigten und die Delinquenten verspotteten und beschimpften. Anfang und Ende des Lebens Jesu ereigneten sich in aller Öffentlichkeit. Aus der Sicht des Glaubens gesehen, kann es auch heißen: Der Anfang des Erlösungswerks und sein Höhepunkt war allen Menschen zugänglich, weil das Erlösungswerk Christi allen zugänglich ist. Dies hat Jesus selbst so gedeutet: Beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern sagte er in den Kelchworten: Das ist mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird, zur Vergebung der Sünden. Keiner ist ausgeschlossen. Jedem steht es frei, das Erlösungswerk Christi durch Umkehr und Glaube anzunehmen.

Dies ist gerade für uns von großer Bedeutung, die wir als Christen die Minderheit der Erfurter und der thüringischen Gesellschaft bilden. Für die Mehrheit unserer Mitmenschen ist Religion eher unbekannt oder als Folge der SED-Indoktrination suspekt. Darüber hinaus wächst überall in Deutschland und in den westeuropäischen Ländern die Zahl derer, die sich nicht fragen, ob etwas hinter den Dingen ist, sondern die sich zufrieden geben mit dem, was die durch Sinne wahrnehmbare Realität ihnen zeigt. Ist es ärgerlich, dass sie auch Weihnachten feiern? Das wurde ich kürzlich beim „Talk am Anger“ gefragt.

Ich habe gesagt, ich finde es schön, dass andere auch Weihnachten feiern, dass sie sich Zeit füreinander nehmen, ein Fest feiern und sich gegenseitig beschenken. Für mich und für die meisten hier in der Kirche ist Weihnachten selbstverständlich mehr. Wir feiern das Geburtsfest unseres Erlösers, von dem wir ein heiles Leben erhoffen - vor dem Tod und nach dem Tod. Es ist doch schön, dass alle heute ein Fest feiern, auch wenn sie unseren christlichen Festgehalt nicht mitvollziehen. Weihnachten war ohnehin ursprünglich ein heidnisches Fest, das Fest des unbesiegten Sonnengottes, das im Römischen Reich zur Wintersonnenwende begangen wurde und auf das die Christen offensichtlich nicht verzichten wollten. So kam es dazu, dass dieses heidnische Fest gewissermaßen getauft wurde, in dem der Geburtstag Jesu, der nicht bekannt war, auf dieses festgelegt wurde. Jetzt haben sich die Heiden dieses Fest zum Teil wieder zurückgeholt und so ist Weihnachten für alle da. Viele kümmern sich nicht um den christlichen Gehalt des Weihnachtsfestes, sie sind wie die Menschen, die im nahe gelegenen Bethlehem ganz und gar damit beschäftigt waren, ihre Verwandten aufzunehmen und zu bewirten, die wegen der Volkszählung nach Hause gekommen waren. Manche schauen neugierig, was es mit der Religion und mit Jesus auf sich hat, so wie die Hirten, die geschaut haben, was da los ist.

Und wir? Wir stehen in der Krippe, neben Maria und Josef. Als Christen lassen wir Jesus in unser Leben hinein und wir treten ein in das Leben Jesu. Der Apostel Paulus spricht wechselweise davon, dass wir als Christen in Christus leben und dass Christus in uns lebt. Das können Eltern am besten nachvollziehen. Wenn sie ein Kind bekommen, wird ihnen bewusst, dass damit ein Mensch in ihr Leben eintritt und Teil ihres Lebens wird. Spätestens wenn das Kind älter wird, erleben sie, dass sie auch in das Leben des Kindes eintreten, es begleiten und prägen. Eltern zu werden und zu sein, ist eine weihnachtliche Erfahrung. Diejenigen, die keine Eltern sind, teilen ihr Leben ja auch häufig mit anderen Menschen, mit denen sie zusammenleben oder eng verbunden sind und können auch so erfahren, was es heißt, das Leben mit Jesus zu teilen. Für Eltern ist dies aber eine wirklich existenzielle, lebenslange Erfahrung.

Deswegen ist für uns Weihnachten das Fest des Kindes. Dieses Fest hat für uns eine Vorgeschichte, wir haben schon vor neun Monaten, am 25. März, das Fest der Verkündigung des Herrn gefeiert. Das Kind tritt mit dem Augenblick der Zeugung ins Leben der Eltern ein. Sie spüren: Ich beneide alle, die Weihnachten als Eltern mit ihren Kindern feiern können. Genießen Sie es!
Autor: red

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