Vor fünf Jahren feierte der "Poetry Slam", ein verbaler Wettstreit junger Dichter, Premiere in der Altendorfer Kirche. Gestern kehrte man zum ersten mal seit langem zurück in und nutzte die frisch sanierte Gotteshaus als neue Bühne für junge Kunst...


Da steht eine junge Dame im Altarraum, berichtet von den Abgründen ihres Menstruationszyklus. Ein junger Mann malt bunte Bilder von der Flucht in Sex und Drogen, man sinniert über das Leben als Kind, über Heimat in der Fremde oder tragische Liebschaften. Und sie alle bekommen Applaus für ihre Texte, laut, lang anhaltend, begeistert. Dazu ein bisschen Musik, Liedermacher und deutscher Rap aus Nordhausen. Das drückende Decorum eines sakralen Hauses scheint vergessen, und eine Kirche bleibt es doch. Auch wenn junge Leute ein wenig Spaß haben. Wo gibt es das? In Nordhausen, genauer in der "jungen" Altendorfer Kirche.

Zwei Freunde, zwei Wege, ein Ort: vor fünf Jahren gründete Andreas "Aida" in der Au den Verein der "Thüringer Highslammer" und organisiert seitdem im ganzen Freistaat die poetische Wettkämpfe. Simon Ropp ging mit der "jungen Kirche Herzschlag" einen anderen Weg, in der sanierten Altendorfer Kirche hat man heute eine schicke neue Heimstatt gefunden.

Einer der ersten Slams in Thüringen fand hier statt. Da war die Kirche noch baufällig, man habe mit Decken dagesessen wegen der Kälte, erinnerte sich Aida gestern Abend. Die Kirche war marode, die Vereine klein.


Doch das war einmal. Die "Highslammer" haben sich in der Szene einen Namen gemacht, Geschichtenerzähler und Gedichteschreiber aus dem ganzen deutschsprachigen Raum in den Freistaat zu locken ist kein Problem mehr. Und auch Simon Ropps junge Kirche macht von sich reden. Letztlich seien sich beide Ideen in ihrem Kern recht ähnlich, erklärte Ropp gestern Abend, es gehe darum jungen Menschen eine Bühne zu bieten auf der sie sich ausprobieren können. Natürlich sei man immer noch Kirche, feiere Gottesdienste und bete, aber eben auch eine Bühne.

Und die war gestern ausverkauft.
Angelo Glashagel