Fr, 09:48 Uhr
27.11.2015
Reden wir über Zahlen!
Alternativen zum Gipsabbau (6)
Die Gipsindustrie forciert politisch, verwaltungsrechtlich und über die Medien ihre Bemühungen zur Erschließung neuer Gipsabbaugebiete. Die von Dr. Christian Marx recherchierte Serie setzt sich detailliert mit den verwendeten Argumenten auseinander und stellt diesen umfangreich recherchiertes Zahlenmaterial gegenüber, welche dem Leser einen kritischen Blick auf die Argumente der Industrie ermöglichen. In diesem Teil wird nach dem zukünftigen Bedarf an REA-Gips, Recyclinggips und Naturgips gefragt...
In Teil 4 und 5 haben wir festgestellt, welche unterschiedlichen Prognosen zu REA- und Recyclinggips bestehen, d.h., die REA-Gipsproduktion liegt derzeit noch über den Prognosen der Gipsindustrie, steht dieser aber womöglich trotzdem nicht ausreichend zur Verfügung. Die Prognose der Bauhaus-Universität zum recyclingfähigen Gips liegt erheblich über den durch die Gipsindustrie veröffentlichten Prognosen.
Die Datenanalyse der Gipsbranche (Demmich und Ortleb auf dem Gipsrecyclingtag am 07.10.2014) bleibt in den entscheidenden Grafiken die Frage nach den zugrunde gelegten Bedarfsmengen an Gips schuldig, da die Grafiken nur prozentuale Anteile von Naturgips, Recycling- und REA-Gips enthalten (11). Auch die für die Öffentlichkeit bestimmte Prognose der Baustoffindustrie bleibt hinsichtlich ihrer Zahlengrundlagen und Berechnungen genaue Quellen schuldig (12).
Wen wundert es daher, dass die von der Gipsindustrie gezogenen Schlüsse ganz anders sind: Während es bis 2016 zu einem leichten Rückgang der Naturgipsgewinnung käme, würde der Bedarf an Naturgips 2030 bis 2050 um 30% ansteigen! Und zwar weil die Menge an Recyclinggips sich lediglich verdoppeln würde und der REA-Gips-Anteil sich wegen der Energiewende von ca. 50% auf ca. 10% reduzieren würde.
Man beachte: Die Prognose der Bauhaus-Universität geht von der ERRECHNETEN (nicht der statistisch erfassten!) bis zu 10fachen Menge (6 Mio t) Recyclinggips aus, die sogar noch weiter steigen könnte (auf bis zu 11 Mio t). Diese Zahl läge dann deutlich über dem jährlichen Bedarf an Gips von ca. 9 Mio. t, wenn konsequent recycelt würde.
Das würde bedeuten:
Bereits 2001 wurde eine fast 300-seitige Studie "Kreislaufwirtschaft im Baubereich: Steuerung zukünftiger Stoffströme am Beispiel von Gips" vom Forschungszentrum Karlsruhe publiziert (13).
In dem Modell wurde ein Anteil für Steinkohle und Braunkohle an der Energieproduktion prognostiziert, der ungefähr der tatsächlichen Menge entspricht (je 23%). Die prognostizierte REA-Gips-Menge aus Steinkohle lag bei 1,5 Mio t, aus Braunkohle 3,6 Mio t. Sie lag also in dieser Studie unterhalb der tatsächlichen Menge von 2010 (6,3 Mio t), d.h., die REA-Gipsmenge ist derzeit sogar HÖHER als in der Studie prognostiziert.
Die Studie kommt dennoch zu folgenden Schlüssen: Da Gips ein nicht erneuerbares Naturgut ist und die Ressourcen endlich, sollte folgendes erfolgen:
Eine weitere Publikation aus Österreich kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der großen Anzahl an natürlichen Ressourcen und dem sich daraus ergebenden günstigen Preis für den Abbau von Rohgips, der Anreiz zu Recycling für die Hersteller derzeit zu gering ist (14).
Die Lobbyverbände der Gipsindustrie haben somit seit Jahren die Werbearbeit zur Förderung des Gipsrecyclings vernachlässigt, zu günstig und lukrativ war und ist der Abbau der natürlichen Ressourcen. So lässt sich die Firma Knauf in der nnz-Publikation vom 14.08.2015 dafür feiern, dass Produktionsabfälle… direkt dem eigentlichen Produktionsprozess wieder zugeführt werden können. Unerwähnt natürlich, dass dieses closed loop recycling bereits beim Recycling von Abfällen aus der Bauindustrie beginnen müsste (wie es in anderen europäischen Ländern bereits praktiziert wird) anstelle hochwertigen Naturgips in die Kartonplatten zu pressen.
Jetzt wieder neue Abbaugebiete für einen Horizont von 10 bis 15 Jahren zu erschließen, hieße einer weiteren Verzögerung auf dem Gebiet des Recyclings zuzustimmen, da erneut der Druck von den Firmen genommen wird.Fortsetzung folgt
Autor: redIn Teil 4 und 5 haben wir festgestellt, welche unterschiedlichen Prognosen zu REA- und Recyclinggips bestehen, d.h., die REA-Gipsproduktion liegt derzeit noch über den Prognosen der Gipsindustrie, steht dieser aber womöglich trotzdem nicht ausreichend zur Verfügung. Die Prognose der Bauhaus-Universität zum recyclingfähigen Gips liegt erheblich über den durch die Gipsindustrie veröffentlichten Prognosen.
Die Datenanalyse der Gipsbranche (Demmich und Ortleb auf dem Gipsrecyclingtag am 07.10.2014) bleibt in den entscheidenden Grafiken die Frage nach den zugrunde gelegten Bedarfsmengen an Gips schuldig, da die Grafiken nur prozentuale Anteile von Naturgips, Recycling- und REA-Gips enthalten (11). Auch die für die Öffentlichkeit bestimmte Prognose der Baustoffindustrie bleibt hinsichtlich ihrer Zahlengrundlagen und Berechnungen genaue Quellen schuldig (12).
Wen wundert es daher, dass die von der Gipsindustrie gezogenen Schlüsse ganz anders sind: Während es bis 2016 zu einem leichten Rückgang der Naturgipsgewinnung käme, würde der Bedarf an Naturgips 2030 bis 2050 um 30% ansteigen! Und zwar weil die Menge an Recyclinggips sich lediglich verdoppeln würde und der REA-Gips-Anteil sich wegen der Energiewende von ca. 50% auf ca. 10% reduzieren würde.
Man beachte: Die Prognose der Bauhaus-Universität geht von der ERRECHNETEN (nicht der statistisch erfassten!) bis zu 10fachen Menge (6 Mio t) Recyclinggips aus, die sogar noch weiter steigen könnte (auf bis zu 11 Mio t). Diese Zahl läge dann deutlich über dem jährlichen Bedarf an Gips von ca. 9 Mio. t, wenn konsequent recycelt würde.
Das würde bedeuten:
- 1. Der Bundesverband der Gipsindustrie scheint mit anderen Zahlen zu arbeiten um die weitere Ausdehnung des Naturgipsabbaus zu rechtfertigen und demzufolge von der Politik einzufordern! Mit dieser Strategie wird das Gipsrecycling quasi verschleppt.
- 2. Naturgips wäre bei Annahme der Korrektheit der mathematischen Modelle durch REA-Gips (selbst bei einem Rückgang) und maximalem Gipsrecycling zumindest im Baubereich vollständig ersetzbar!
- Vielleicht habe ich mich ja mit dieser Interpretation geirrt.
Bereits 2001 wurde eine fast 300-seitige Studie "Kreislaufwirtschaft im Baubereich: Steuerung zukünftiger Stoffströme am Beispiel von Gips" vom Forschungszentrum Karlsruhe publiziert (13).
In dem Modell wurde ein Anteil für Steinkohle und Braunkohle an der Energieproduktion prognostiziert, der ungefähr der tatsächlichen Menge entspricht (je 23%). Die prognostizierte REA-Gips-Menge aus Steinkohle lag bei 1,5 Mio t, aus Braunkohle 3,6 Mio t. Sie lag also in dieser Studie unterhalb der tatsächlichen Menge von 2010 (6,3 Mio t), d.h., die REA-Gipsmenge ist derzeit sogar HÖHER als in der Studie prognostiziert.
Die Studie kommt dennoch zu folgenden Schlüssen: Da Gips ein nicht erneuerbares Naturgut ist und die Ressourcen endlich, sollte folgendes erfolgen:
- Verknappung des Flächenangebots für den Gipsabbau durch frühzeitige Ausarbeitung eines mittel- bis langfristigen regionalen Gesamtkonzepts, insbesondere keine Ausweisung weiterer Abbaurechte mehr (ordnungspolitische Maßnahme).
- Begrenzung des Naturgipsabbaus auf eine Menge, die erforderlich ist, um qualitativ hochwertige Verwendungen im Modellformen- und Dentalbereich abzudecken. Dieser Abbau kann an einigen wenigen ausgewählten Standorten erfolgen, an denen jetzt schon Abbau betrieben wird.
- Beschleunigte Entwicklung von technisch-logistischen Verfahren zur Gewinnung von Gips aus Abfällen. Abfallströme in günstigen Dispersionsgraden, die eine leichte Kreislaufführung ermöglichen, sind in hinreichendem Maße verfügbar.
Eine weitere Publikation aus Österreich kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der großen Anzahl an natürlichen Ressourcen und dem sich daraus ergebenden günstigen Preis für den Abbau von Rohgips, der Anreiz zu Recycling für die Hersteller derzeit zu gering ist (14).
Die Lobbyverbände der Gipsindustrie haben somit seit Jahren die Werbearbeit zur Förderung des Gipsrecyclings vernachlässigt, zu günstig und lukrativ war und ist der Abbau der natürlichen Ressourcen. So lässt sich die Firma Knauf in der nnz-Publikation vom 14.08.2015 dafür feiern, dass Produktionsabfälle… direkt dem eigentlichen Produktionsprozess wieder zugeführt werden können. Unerwähnt natürlich, dass dieses closed loop recycling bereits beim Recycling von Abfällen aus der Bauindustrie beginnen müsste (wie es in anderen europäischen Ländern bereits praktiziert wird) anstelle hochwertigen Naturgips in die Kartonplatten zu pressen.
Jetzt wieder neue Abbaugebiete für einen Horizont von 10 bis 15 Jahren zu erschließen, hieße einer weiteren Verzögerung auf dem Gebiet des Recyclings zuzustimmen, da erneut der Druck von den Firmen genommen wird.Fortsetzung folgt
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