So, 13:28 Uhr
22.11.2015
"Zarewitsch"-Premiere in Nordhausen
Theaterfolklore im Operettenhimmel
Im Theater Nordhausen hatte am Freitag vor ausverkauftem Haus Franz Lehárs Operette Der Zarewitsch Premiere...
Obwohl die Uraufführung dieses Spätwerks der silbernen Operettenära noch keine neunzig Jahre zurückliegt, erscheint dieses Werk seltsam aus der Zeit gefallen. Die große Zeit der Operette war 1927 schon längst vorbei und musikalische Revuen oder Varieté-Theater beherrschten die bürgerlichen Unterhaltungsgelüste.
Prunk und Glanz vergangener Tage und verblasster europäischer Weltreiche abzubilden, war nicht mehr wirklich modern. Vielleicht trauerte der österreichisch-ungarisch geprägte Theatermann Lehár dieser Zeit nach oder er wollte mit dem Zarewitsch aufzeigen, dass es in Herrscherkreisen kein happy end in der Liebe gibt. Beides hätte aber wohl eines substanzielleren Librettos bedurft.
Imposantes Bühnenbild und schöne Kostüme: "Der Zarewitsch" im Theater Nordhausen
In Nordhausen näherte sich das Regieteam der Vorlage äußerst traditionell, schon fast ehrfürchtig nostalgisch an. Das funktioniert mit dem verspielten Bühnenbild von Lena Brenxendorf und den fantastischen Kostümen von Elisabeth Stolze-Bley ganz gut, allein die schöne Optik und die ansprechende musikalische Umsetzung des Loh-Orchesters unter Michael Ellis Ingram sowie die eindrucksvollen Gesangspartien der Solisten bescheren noch keinen gelungenen Theaterabend.
Haben sich gefunden: Der Zarewitsch (Jan Novotny) und seine Geliebte Sonja (Desirée Brodka)
Für eine so einfach gestrickte Geschichte wie diese, ohne jegliche Überraschungen bis zum vorhersehbaren Finale, hätte es einer Regiekonzeption bedurft, die sich mit dem Stoff auseinandersetzt und uns verdeutlicht, warum im Jahre 2015 diese Operette auf dem Nordhäuser Spielplan steht. Davon war in der Inszenierung von Holger Potocki leider nichts zu entdecken. Das Ensemble wirkt im Spiel merkwürdig gebremst, ganz selten nur blitzt einmal die Lust am Spiel auf.
Großer Lichtblick auf der imposant ausgestatteten und beleuchten Bühne ist Desiré Brodka, die als Geliebte des Zarensohnes immer besser in ihre Rolle findet und überzeugen kann. Marian Kalus als Leibdiener Iwan versucht punktuell das Geschehen aufzuheitern, bleibt aber auch in Ansätzen stecken.
Zarewitsch-Diener Iwan (Marian Kalus) und seine Frau Mascha (Katharina Boschmann) besuchen das nächtliche Neapel
Was uns hier gezeigt wird ist ein diffuses Märchen-Russland mit biederen Folklore-Tänzchen. Feuer, Temperament und ansteckende Leidenschaft des ganzen Ensembles, wie wir sie in den letzten Jahren so oft im Nordhäuser Theater bewundern durften, blieben leider aus. So applaudierte ein erfreutes Premierenpublikum am Ende wohl weniger der gelungenen Inszenierung als viel mehr guten Sängern, einer opulenten Ausstattung und einem hervorragenden Orchester. Das aber durchaus zu Recht.
Olaf Schulze
Autor: nnzObwohl die Uraufführung dieses Spätwerks der silbernen Operettenära noch keine neunzig Jahre zurückliegt, erscheint dieses Werk seltsam aus der Zeit gefallen. Die große Zeit der Operette war 1927 schon längst vorbei und musikalische Revuen oder Varieté-Theater beherrschten die bürgerlichen Unterhaltungsgelüste.
Prunk und Glanz vergangener Tage und verblasster europäischer Weltreiche abzubilden, war nicht mehr wirklich modern. Vielleicht trauerte der österreichisch-ungarisch geprägte Theatermann Lehár dieser Zeit nach oder er wollte mit dem Zarewitsch aufzeigen, dass es in Herrscherkreisen kein happy end in der Liebe gibt. Beides hätte aber wohl eines substanzielleren Librettos bedurft.
Imposantes Bühnenbild und schöne Kostüme: "Der Zarewitsch" im Theater Nordhausen
In Nordhausen näherte sich das Regieteam der Vorlage äußerst traditionell, schon fast ehrfürchtig nostalgisch an. Das funktioniert mit dem verspielten Bühnenbild von Lena Brenxendorf und den fantastischen Kostümen von Elisabeth Stolze-Bley ganz gut, allein die schöne Optik und die ansprechende musikalische Umsetzung des Loh-Orchesters unter Michael Ellis Ingram sowie die eindrucksvollen Gesangspartien der Solisten bescheren noch keinen gelungenen Theaterabend.
Haben sich gefunden: Der Zarewitsch (Jan Novotny) und seine Geliebte Sonja (Desirée Brodka)
Für eine so einfach gestrickte Geschichte wie diese, ohne jegliche Überraschungen bis zum vorhersehbaren Finale, hätte es einer Regiekonzeption bedurft, die sich mit dem Stoff auseinandersetzt und uns verdeutlicht, warum im Jahre 2015 diese Operette auf dem Nordhäuser Spielplan steht. Davon war in der Inszenierung von Holger Potocki leider nichts zu entdecken. Das Ensemble wirkt im Spiel merkwürdig gebremst, ganz selten nur blitzt einmal die Lust am Spiel auf.
Großer Lichtblick auf der imposant ausgestatteten und beleuchten Bühne ist Desiré Brodka, die als Geliebte des Zarensohnes immer besser in ihre Rolle findet und überzeugen kann. Marian Kalus als Leibdiener Iwan versucht punktuell das Geschehen aufzuheitern, bleibt aber auch in Ansätzen stecken.
Zarewitsch-Diener Iwan (Marian Kalus) und seine Frau Mascha (Katharina Boschmann) besuchen das nächtliche Neapel
Was uns hier gezeigt wird ist ein diffuses Märchen-Russland mit biederen Folklore-Tänzchen. Feuer, Temperament und ansteckende Leidenschaft des ganzen Ensembles, wie wir sie in den letzten Jahren so oft im Nordhäuser Theater bewundern durften, blieben leider aus. So applaudierte ein erfreutes Premierenpublikum am Ende wohl weniger der gelungenen Inszenierung als viel mehr guten Sängern, einer opulenten Ausstattung und einem hervorragenden Orchester. Das aber durchaus zu Recht.
Olaf Schulze
Kommentare
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23.11.2015, 20.21 Uhr
Titelpartie vergessen
Sehr geehrter Herr Schulze,
ich war selbst Premierenbesucher und bin nun auf Ihre Kritik gestoßen. Was mich dabei doch sehr verwundert ist zum Einen,dass die Operette oftmals nicht ganz nachvollziehbar kritisiert wird (sei es drum: ein Hoch auf die Meinungsfreiheit, nicht wahr?!) und zum Anderen, dass der eigentliche "Zarewitsch" als Sänger von Ihnen überhaupt nicht beleuchtet wird. Ich denke, eine Erwähnung der Titelpartie ist doch wohl mehr als selbstverständlich, oder irre ich mich da?
ich war selbst Premierenbesucher und bin nun auf Ihre Kritik gestoßen. Was mich dabei doch sehr verwundert ist zum Einen,dass die Operette oftmals nicht ganz nachvollziehbar kritisiert wird (sei es drum: ein Hoch auf die Meinungsfreiheit, nicht wahr?!) und zum Anderen, dass der eigentliche "Zarewitsch" als Sänger von Ihnen überhaupt nicht beleuchtet wird. Ich denke, eine Erwähnung der Titelpartie ist doch wohl mehr als selbstverständlich, oder irre ich mich da?
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