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Do, 11:27 Uhr
22.10.2015
Gebäudereiniger machen Druck

440 leiden im Kampf "Mensch gegen Minute"

Wenn beim Putzen immer die Stoppuhr mitläuft: Reinigungskräfte im Landkreis Nordhausen kämpfen nicht nur gegen Staub, Dreck und volle Papierkörbe. Sie kämpfen immer häufiger vor allem gegen die Uhr. Das hat die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU Nordthüringen kritisiert. Von den Reinigungskräften werde verlangt, immer mehr Fläche zu machen – ohne dafür allerdings mehr Zeit zu bekommen...

Putzen nach Zeit (Foto: privat) Putzen nach Zeit (Foto: privat) Der Kampf gegen die Uhr: Exakt 8,4 Sekunden für das Abstauben der Schreibtischlampe. Für das Komplett-Putzen eines 18-Quadratmeter-Büros hat eine Gebäudereinigerin gerade einmal 2 Minuten und 19 Sekunden Zeit.

Eine aktuelle Herbst-Umfrage der IG BAU unter Beschäftigten der Branche, an der auch Gebäudereinigerinnen und Fensterputzer aus dem Kreis Nordhausen beteiligt waren, habe gezeigt: 57 Prozent der Reinigungskräfte haben in den letzten zwei Jahren ein größeres Reinigungsrevier zugewiesen bekommen – und das bei gleichbleibender Stundenzahl. Neun von zehn der Befragten hätten angegeben, bei der Arbeit unter großem Zeitdruck zu stehen.

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„Das Putz-Tempo nimmt zu. Der Druck auf die Reinigungskräfte ist dabei enorm. Es ist der Kampf ‚Mensch gegen Minute‘. Im Flur vom Altenheim, im Klassenzimmer, im Büro – das, Turbo-Putzen‘ ist überall dort, wo gewischt und gesaugt wird. Wenn eine Gebäudereinigerin exakt 2 Minuten und 19 Sekunden Zeit hat, um ein 18-Quadratmeter-Büro sauber zu machen, dann ist das eine Unverschämtheit und Putz-Stress pur“, sagt IG BAU-Bezirkschef Harry Winge. Ein Großteil schaffe es gar nicht mehr, die zugeteilten Reinigungsflächen in der vorgegebenen Zeit zu erledigen.

Im Landkreis Nordhausen arbeiten nach Angaben der Gewerkschaft derzeit rund 440 Beschäftigte in der Gebäudereinigung. Davon seien jedoch 38 Prozent lediglich Mini-Jobber. Die IG BAU Nordthüringen schätzt, dass nur jeder dritte Arbeitsplatz in der heimischen Gebäudereinigung ein Vollzeit-Job ist. „Die Branche hat ein Vollzeit-Job-Problem: Immer häufiger werden reguläre Arbeitsplätze abgeschafft und durch Teilzeitkräfte oder Mini-Jobber ersetzt. Das Prinzip, das dahinter steckt, ist klar: Je mehr Menschen man beschäftigt, desto mehr Überstunden kann man denen auch aufbrummen“, so Harry Winge.

Die Branchen-Umfrage habe ergeben, dass 28 Prozent der Beschäftigten täglich Überstunden machen müssten. Darüber hinaus rechne gut die Hälfte der befragten Reinigungskräfte damit, immer wieder Mehrarbeit vom Arbeitgeber angewiesen zu bekommen. Als „besonders dreist“ wertet der Vorsitzende der Gebäudereiniger-Gewerkschaft im Kreis Nordhausen, dass Überstunden in rund 30 Prozent der Fälle nicht einmal bezahlt würden. Das habe die Umfrage klar gezeigt.

Die IG BAU will die Arbeitgeber bei der nächsten Runde der Tarifverhandlungen am kommenden Donnerstag mit den Missständen im Gebäudereiniger-Handwerk konfrontieren. Darüber hinaus fordert sie ein Lohn-Plus. So soll etwa die niedrigste Lohngruppe für die Reinigungsbranche um 80 Cent auf dann 9,30 Euro pro Stunde angehoben werden.

„Bislang schalten die Arbeitgeber immer noch auf stur. Sie tun so, als würde in der Reinigungsbranche alles picobello laufen und ein sauberer Lohn bezahlt. Das ist aber bei weitem nicht der Fall. Die letzte Chance, einzulenken und einen ‚Tarifvertrag der fairen Arbeit‘ abzuschließen, kommt beim nächsten Treffen. Danach ist Schicht im Schacht“, macht Winge deutlich.

Die IG BAU hat eine klare Erwartung an die Arbeitgeber: „Sie müssen bei der nächsten Tarifverhandlung ein Angebot vorlegen, das der Arbeit der Gebäudereiniger gerecht wird. Sollten die Bosse der Reinigungsfirmen bei ihrer bislang demonstrierten ‚Geiz-ist-geil-Mentalität‘ bleiben, stehen die Zeichen auf Sturm. Der Frustfaktor unter den Beschäftigten ist jedenfalls hoch“, so Winge.
Autor: red

Kommentare
darkmoon
22.10.2015, 12.42 Uhr
Mir geht es genauso
Ich habe einen Vollzeitjob und gehe noch 3x die Woche zusätzlich putzen. Leider muss man das tun in unserem ach so reichen Lande.
Der Artikel spricht mir aus dem Herz, ich mache aber nur meine angegebenen Stunden, mehr nicht. Sehe ich gar nicht ein, für lau zu arbeiten.
Da wo ich putze die wissen das und schütteln auch nur mit dem Kopf, was das für eine Ausbeutung ist.
Eckenblitz
22.10.2015, 17.45 Uhr
Zustimmung
Es gibt allgemeine Zustimmung für den Artikel, aber dabei bleibt es auch. Wer von den Betroffenen unternimmt etwas gegen diese schon unverschämte Ausbeutung? Ich behaupte das sind die wenigsten, wer von Gebäudereinigern ist überhaupt in der Gewerkschaft? Die Masse verlangt von der Gewerkschaft, dass sie etwas gegen diese Ausbeutung unternimmt und selber versteckt man sich hinter der Masse.
Es geschieht euch eigentlich recht, denn wer sich nicht wehrt, der soll zusehen wo er bleibt? Geht auf die Straße und demonstriert EURE Macht, dann kriechen die Ausbeuter in Ihre Löcher, denn sie sind es die Angst haben, vor einer geballten Macht, die ihr sein könntet. Natürlich gehört ein wenig ziviler Ungehorsamkeit dazu, also auf geht’s.
Anna Lüst
23.10.2015, 06.36 Uhr
Richtig, Overhead!!!
Die Hausmeister der Service Gesellschaft haben es auch getan. Einfach vors Landratsamt gezogen und die Forderungen klar gemacht. Übrigens waren auch damals einige Reinigungsmitarbeiter dabei. Aber ALLE waren in der Gewerkschaft!
Wenn 400 Leute vom Rathaus zum Bahnhofsvorplatz ziehen, das wird bei den Sklaventreibern Wirkung erzielen.
Jetzt krempelt mal die Ärmel hoch!!!
Die paar Euro für die Gewerkschaft habt ihr doch über!
Ich bin auf jeden Fall dabei!!!
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